Old Fidelity - HiFi Klassiker Forum

Hallo alle,

immer wieder gibt es Diskussionen und Spekulationen über die erste Receiver-Baureihe von Marantz, die in Europa in großem Stil verkauft wurde. Ich meine die Modellreihe, die mit den Typen 2215, 2230, 2245 und 2270 im September 1971 im Vertrieb der Fa. Bolex in München in Deutschland auf den Markt kam und die seit 1964 von der japanischen Firma Superscope hergestellt wurden, die die Markenrechte an Marantz erworben hatten. Dank eines Tests bei der Hifi-Stereophonie im Jahr darauf (1972) wurde diesen Geräte hervorragende Qualität und vor allem Spitzenklang bescheinigt. Da kann man sich darüber streiten, ob das gerechtfertigt war, aber dem Absatz der Geräte gab es einen unglaublichen Aufschwung. Die Modelle wurden derart gut verkauft, dass sich die Japan Standard Inc., die seit 1971 das Sagen bei Superscope hatten, Ende 1973 zu einer zweiten Auflage der Geräte entschloss. Gleichzeitig wurde der Fa. Bolex gekündigt und man eröffnete im Rhein-Main-Gebiet einen eigenen Vertrieb der zunächst Superscope Deutschland GmbH, kurze Zeit später dann Marantz Deutschland GmbH hieß.

Irgendwann viel später, als die Hifi-Sammler begannen zu bemerken, dass es zwei Serien gab, wurden immer mehr Unterschiede "bekannt", die die erste von der zweiten Serie unterscheiden sollte. Sprüche von Sparmaßnahmen und billigerer Fertigung bei der zweten Serie kursierten und es gab immer mehr Details, die angebliche beide Serien unterscheiden sollten. Erst kürzlich gab es hier im Forum wieder eine Diskussion darum, wobei ich selbst - einige dieser übernommenen Gerüchte - zum Besten gegeben habe, im absoluten Glauben, alle diese Gerüchte seien wahr. Allem voran das, welches besagt, dass die erste Serie gravierte, dicke Fronten hätte, die nachfolgenden Serien dünnere und bedruckte Fronten. Nachdem in der vergangenen Woche ein bewanderter Sammler bei mir war und um die Restaurierung eines 2270, aus der ersten Serie, wie er betonte, bat, stutzte ich, weil er eben eine dünne, bedruckte Frontplatte hatte. Wir begannen eine Diskussion, woran man denn nun tatsächlich erste und zweite Auflage erkennen könne. Er wusste von Lautsprecherklemmen zu berichten, die unterschiedlich sein sollten und konnte mir dies im Vergleich zu einem anderen Receiver auch sofort belegen konnte.

Heute war es dann soweit, ich habe zwei Marantz 2245 direkt nebeneinander gestellt und verglichen:



Der linke ist eindeutig aus der ersten Serie, Baujahr 1971, der rechte wurde 1973 produziert. Ich habe nun alle Unterschiede zusammen getragen, die ich fand. Um es vorweg zu nehmen, dicke gravierte Frontplatten gabe es bei der 22XX-Baureihe nicht (ich habe jedenfalls noch nie einen gesehen!), wohl aber die Vorgängerbaureihe mit den zweiziffrigen Gerätebezeichnungen, die hatten dickere und gravierte Frontplatten - der bekannteste dürfte der 19 aus dieser Reihe sein.

Hier mal der Frontplattenstärkevergleich:



Und auch die Befestigungsschrauben für die Frontplatten sind identisch, die Sechskantschrauben kamen erst viel später!



Kommen wir nun zu den tatsächlichen Unterschieden:




Oben die erste Serie mit vier schwarzen Klemmen, unten die zweite mit rot/schwarzen Klemmen.




Oben die erste Serie mit der runden, geriffelten Masseklemmen, unten die zweite mit der Sechskant-Masseklemme.

Den Rest der Geräte habe ich minutiös untersucht und konnte keinerlei Unterschiede heraus finden, weder in der Beleuchtung, der Bauteilbestückung oder sonstwo. Einfach nichts - alles identisch!

Wer also nun feststellen will ob er ein Gerät der ersten (1971) oder der zweiten (1973) Baureihe besitzt, schaut einfach auf die Lautsprecherklemmen, mit rot zweit, ohne rot erste Baureihe - das Leben kann manchmal ganz einfach sein.

Die Legende um diese Geräte ist aber auch exorbitant groß!

Interessanter Versuch mal Licht ins Marantzdunkel zu bringen.

Ich bin zwar kein Marantzologe aber ich koennte schwoeren, schon diverse
Fotos von 22xx-Kisten mit gravierter Front gesehen zu haben.

Tauchen in der Bucht ja auch regelmaessig auf, z.B.
http://cgi.ebay.de/MARANTZ-2230-Receiver...0734356104

Wurde bei der Kiste oben evtl. mal die Frontplatte getauscht?

Gravierte 22xx Frontplatten und sogar champagnerfarbene Fronten gab es und glücklicherweise gibt es sie heute noch, wenn auch sehr selten.
Der Grund wird nicht in der Chronologie der Produktion zu fiinden sein, zumindest nicht für den EU-Markt.
Vielmehr sind Sonderauflagen und/oder Produkte für bestimmte Regionen der Grund für die speziellen Frontplates.
Die berüchtigten 4 markanten Alu-Sechkantsschrauben kamen ab der nächsten Serie für eine lange Zeit.

sehr schön für die studie, herr doktor

Der hier hat auch eine champagnerfarbene Front und ist graviert.

Oh die Legende im HOM Case ist aber gut in Form
By the way, hat jemand nen Tipp, wie ich die 4 Kreuzschlitze leicht anpolieren kann ?

(01.12.2010, 18:20)oldsansui schrieb: [ -> ]hat jemand nen Tipp, wie ich die 4 Kreuzschlitze leicht anpolieren kann ?

Was verstehst Du unter "leicht" anpolieren?

Naja, die haben etwas Korrosion angesetzt, angelaufen oder so. Im Gesamtbild Vergleich zu einem geputzten Frontplate haben sie ein Looser-Image.

Geheimtipp: NevrDull!!

(01.12.2010, 18:32)armin777 schrieb: [ -> ]Geheimtipp: NevrDull!

Wollte ich dir auch gerade empfehlen. Gibts in jedem Mopped-Shop, wie Polo oder so. Natürlich auch in der Bucht.

Danke Freunde
habe ich am Lager, hätte ich draufkommen müssen

Rainer, habe ich eben mit NevrDull bearbeitet an einem 2245:



kein Looser-Image, oder?

(01.12.2010, 20:05)armin777 schrieb: [ -> ]kein Looser-Image, oder?

[Oberlehrer]
Loser schreibt man mit nur einem o
[/Oberlehrer]

Ja, ja, equal goes it loose.

Armin, da hast du aber nicht genau geschaut oder nicht alles gelesen. Das ist aber kein Vorwurf, denn Marantz hat das im Grunde kaum durchschaubar oder gar mit nachvollziehbaren System gemacht.

Um nur mal bei der ersten Serie 22XX-Serie zu bleiben. Es gab darin viele Varianten, die sich in der Hauptsache durch verschiedene sichtbare Bauteile unterschieden:
- verschiedene Lautsprecheranschlüsse (schwarz mit Drücker von vorn und deine beiden vorgestellten)
- verschiedene Antenneanschlüsse (schwarz mit Drücker von oben oder von unten)
- unterschiedliche Drehknöpfe (minimal in Größe, deutlicher bei welchen mit Teilstrich auf der planen Front zu sehen)
- Beschriftung der Gyro-Rades (Tuning oder Gyro-Touch Tuning) ---> wie bei deinen beiden
- im Design leicht und mit unterschiedlicher Beschriftung versehene Tuning und Signal Meter
- Positionierung der Stereo-Leuchte
- Alufront silber mit Siebdruck, Alufront "champagner" mit Siebdruck und (ja wirklich) auch ohne
- Multi-Voltage und nur 120 Volt Versionen
- unterschiedliche Chassis Ground Schrauben
- verschiedene Prüflogos (je nachdem, wo sie gefertigt oder die Qualitätskontrolle stattgefunden hat) und somit auch
- unterschiedlichen Produktionsstätten, die man am hinten angebrachten Label erkennt (die dann ebenfalls unterschiedlich aussehen)
- 2 unterschiedliche Schriftbilder bei der gesamten blauen Scale (eins ist feiner und das ist auch gut erkennbar)
- silberne und (ich nenn sie mal) güldene Chassis (wohl unterschiedliche Arten der Vesiegelung)

Und auch technisch gibt es Unterschiede:
- Vor und Endstufe intern/extern gebrückt
- andere Scalenführung
- Änderungen in der Tuning-Sektion
- ein paar technische Änderungen, die ich aber nur anhand der unterschiedlichen Bauteile oder eines geänderten Aufbaus im Innern erkennen konnte.
Ich denke, Helmut ist derjenige, der die inneren Werte am besten kennt ...

Tja, und woran kann man nun die allererste Variante erkennen?
Man muss sie nur mit den frühesten Katalogbildern vergleichen, die im Umlauf sind ...


Ok, wenn ihr wollt, schreib ich morgen noch mehr dazu.
Dat Weibchen ruft ...

Hau rein, Andi!

Dank Armin wird jetzt JEDER auf die LS-Terminals und die Groundschraube schielen Man(n) darf gespannt sein. Mein 2245 ist ist ziemlich vergraben und mal sehen wann ich ihn mal sichten kann .

wieder einer aufgetaucht ,


sogar zu einem moderaten preis heutzutage

https://www.ebay-kleinanzeigen.de/s-anze...7-172-6825



1972-Unter dem steigenden Kostendruck wurden z. B. die aufwändig gravierten Beschriftungen der Frontplatten durch einen nicht sehr haltbaren Siebdruck ersetzt.

quelle wikipedia

Fair bepreist, zumal mit Woodcase. Wer sowas sucht, zuschlagen!

Wobei der annoncierte Receiver die gravierte Front erst nachträglich verpasst bekommen hat. Das Gerät an sich ist keines der ersten Serie und hatte original eine bedruckte Frontplatte dran.
Der Preis ist trotzdem ok.

Fair bepreist ist relativ. Ein qualitativ vergleichbarer Kenwood KR-6200 ist für nicht mal die Hälfte zu bekommen.

(02.11.2022, 03:03)sankenpi schrieb: [ -> ]Fair bepreist ist relativ. Ein qualitativ vergleichbarer Kenwood KR-6200 ist für nicht mal die Hälfte zu bekommen.

Wohl war. Ich hatte mal einen KR7400, feines Teil, top verarbeitet und mit gravierter Front
Bekommt man mit etwas Glück für 300€
Läuft schon seit Jahren ohne Probleme bei einem guten Kumpel.

Die Kenwood Receiver werden allgemein recht moderat gehandelt.

Wieso nachträglich verpasst, das steht da nirgends.Woher stammt die Info?
Wenn man das Woodcase mit 250 Euro abzieht, bleiben 300 für den 2245, das ist ein Preis den man vor 6 Jahren bezahlt hat, mittlerweile werden schon die häufiger vorkommenden 2230 viel höher gehandelt, die selteneren 2245 kaum noch unter 500 nackig, hier ist sogar die Beleuchtung intakt.
Die Kenwoods waren  immer billiger zu haben, obwohl natürlich auch gut.

(02.11.2022, 07:31)Markus B schrieb: [ -> ]

(02.11.2022, 03:03)sankenpi schrieb: [ -> ]Fair bepreist ist relativ. Ein qualitativ vergleichbarer Kenwood KR-6200 ist für nicht mal die Hälfte zu bekommen.

Wohl war. Ich hatte mal einen KR7400, feines Teil, top verarbeitet und mit gravierter Front
Bekommt man mit etwas Glück für 300€
Läuft schon seit Jahren ohne Probleme bei einem guten Kumpel.

Die Kenwood Receiver werden allgemein recht moderat gehandelt.

Schönes Bild. Die blaue Wand kommt mir so bekannt vor...