Old Fidelity - HiFi Klassiker Forum

Vorhin habe ich mir knapp zwei Stunden genommen, um eine SAE TWO P10 zu aktivieren und ein paar Messungen daran durchzuführen.



Das Gerät hat zwar schon ein paar Blessuren, ist zum Zerlegen aber zu schade. Ausserdem ist da nichts drin, was besonders wertvoll wäre.
Diese SAE ist zweifellos nicht in den USA gebaut worden. Das Gerät erscheint durchweg japanisch, und die von Technics bekannten Lautsprecherklemmen
gehören auch nicht unbedingt zu meinen Lieblingen.




In dem Gerät fielen mir zuerst die defekten Schmelzeinsätze auf. Ein Blick auf die Unterseite verrät einerseits, dass das Gerät bereits vor vermutlich längerer Zeit schon einmal repariert wurde.
Es wurde m.E. ordentlich gearbeitet.



Die Toshibas sind noch "original", aber leider sind jetzt zwei defekt. Die Sankens stammen aus einer früheren Reparatur, bei der auch der Hybrid gewechselt wurde.
Er ist als "Frontend" eingesetzt und übernimmt einen Großteil der Spannungsverstärkung. Die Offsettrimmer führen ebenfalls direkt zu ihm. Glücklicherweise hat er diesmal überlebt.



Dem Reparierer ist aber trotzdem ein fataler Fehler unterlaufen. Einer der 0R47 Emitterwiderstände auf der reparierten Seite ist immer noch hochohmig. Das bedeutet, dass das Gerät über Jahre (?) auf einer Seite nur mit einem komplementärpaar unterwegs war....Hat keiner bemerkt....Hätte ich auch nicht gehört....wie auch? Aber ich hätte es ganz sicher an den Messwerten gesehen.

Da ich gerade diese Bauform nicht da habe, wurde etwas improvisiert.


Positiv fallen die kräftigen Relais auf....Bei so einer Budgetendstufe ist das nicht üblich, und gespart wurde bei der SAE sonst an ziemlich an allen Ecken.
Der Gleichrichter sitzt wie der TRafo hinter der Front. Er wird sogar gekühlt.


Die Toshibas habe ich durch Leistungstransistoren des Chinesischen Herstellers PMC , ebenfalls im MT200 Gehäuse ersetzt. Es gibt Leute, die sowas als "Counterfeit oder fake bezeichnen, was aber völliger Unsinn ist. Ein Fake wird es erst, wenn "Sanken" aufgedruckt wurde. 
Ich habe mit diversen PMC Halbleitern umfangreiche Tests durchgeführt und bin -weitgehend- zu dem Entschluss gekommen, dass man einen 200W PMC Transistor  eher als 150 W Typ betrachten sollte. Zumindest war das vor 2 Jahren noch so. Inchange (also ISC) schneidet durchgehend etwas besser ab und ist mittlerweile dem Original ziemlich nahe.

Aber wie man es auch dreht und wendet....Wenn die Endstufe wieder kaputt geht, dann sicher nicht -WEGEN- der Nachbauten. Die sind hier immer noch gut dimensioniert und funktionieren ganz hervorragend, wenn man in etwa weiss, was man gerade macht....Das ist ja bekanntlich nicht immer der Fall.

Ich habe mir sogar die Mühe gemacht, die beiden N und die beiden P Tyben zu paaren. Das wird im Original "ab Werk" nicht gemacht, und ...ganz ehrlich.....Es ist bei diesen Geräten (normaler gegengekoppelter AB Verstärker )  auch nicht nötig. Eine Paarung der N zu den P Typen ist sowieso nicht drin, da die Werte in der Regel zu weit auseinanderliegen.
Laistungshalbleiter selektiert man mit einem gewissen "Mindestkollektorstrom" . Das ist auch der Grund dafür, dass man das mit den kleinen batteriebetriebenen Testern nicht erfolgreich machen kann.
Im Bild wird ein 200W PMC NPN Transistor ausgemessen. Bei etwa 1A Kollektorstrrom kann man Beta 120 x ablesen. Bei 2 A nur noch ca. 110..Dann werden die Abstände immer geringer. Man nennt das auch "Beta drop".  In diesem Fall wird der Transistor mit  etwa maximal 50W berlastet. Da sich die Eigenschaften durch Erwärmung innerhalb von Sekunden stark verändern, muss man die Messzeit auf eitwa eine Sekunde reduzieren. Ansonsten gibt es sehr schnell Verfälschungen von 30% und mehr.




Sieht wieder "gut" aus, misst sich (relativ) gut....klingt auch gut.



Das "relativ" verwende ich nicht ohne Grund, denn es gibt auch eine unschöne Eigenschaft, die ich nicht beheben konnte, und es auch -wegen dem Aufwand- nicht möchte.
Die PSRR Der Endstufe ist allenfalls  als "ausreichend" zu bezeichnen. Die Ursache ist im Hybrid bzw. seiner Beschaltung zu suchen. Ein Servicemanual konnte ich im Netz nicht finden. Zumindest nicht kostenlos.

Obwohl die verbauten 8,2 mF Elkos noch einwandfrei waren, habe ich sie gegen "noch einwandfreiere" 10 mF Typen ausgetauscht.....Und zwar mit dem Erfolg, dass sich kein Erfolg einstellte.  Im gesamten Gerät gibt es nicht einen einzigen schlappen Elko. Nichtmal ein kleiner schlapper Elko wollte sich zeigen.

Ich vermute eine "schlechte" Implementierung des Hybriden mit einer eher schlechten Entkopplung zur Stromverstärkungsstufe....Aber das sind alles Vermutungen.
Der negative Effekt äussert sich darin, dass  THD&N bei 2,83V /8R bei gerade mal 0,016% liegt, wobei einzig und alleine die Netzoberwellen ein besseres Ergebnis verhindern.

Das sieht schlimm aus, macht sich aber noch lange, lange nicht als Brummen bemerkbar. Davon ist man weit entfernt.  Technisch betrachtet ist es aber nicht gerade schön.



Frequenzgang , 2,83V , 8R (also 1W) reicht bis fast 200 KHz -3dB






Und was kommt da so raus?

Beide Kanäle zeitgleich ausgesteuert , 1KHz, 8R

Der PMC-Kanal ist blau....Er lässt sich sogar geringfügig höher aussteuern. Es ist aber auch nicht auszuschliessen, dass es eine Toleranz im Hybrid ist. Das wäre evtl. auch möglich.

Beide Messungen wurden über einen 400Hz Hochpass ausgeführt. Das ist unüblich. Ich habe also die Netzstörungen herausgefiltert. Der Graph zeigt also mehr THD als THD&N

Ca. 2x 148W 1% THD


Und nochmal an 4R...Leistungsaufnahme im Maximum 840 Watt.

Ca. 2 x 180W 1% THD

(29.09.2016, 19:19)scope schrieb: [ -> ]Diese SAE ist zweifellos nicht in den USA gebaut worden. Das Gerät erscheint durchweg japanisch,

Hallo Scope, deine Schlussfolgerung ist absolut richtig. Das Thema hatten wir auch schon ein paarmal "vor deiner Zeit" hier.
Die gesamte SAE Two Serie kommt von dem OEM-Hersteller Marubeni, einem skandalgeschüttelten und immer noch existierenden Mischkonzern, der dieselben Geräte damals auch unter dem eigenen Markennamen Benytone verkaufte.
SAE hat sie nur eingekauft, da ist nichts SAE-eigenes drin oder dran, auch nicht, wie die Aufschrift hinten suggeriert, irgendwelches "engineering".

Carver hat übrigens auch bei Marubeni entwickeln und bauen lassen und die von Benytone unter dem Namen X-Calibre weiterentwickelte Class-G-Schaltung in der M-400 großartig als eigene Erfindung angepriesen. Schau auch mal die Carver-Tuner und den Benytone X-Calibre Tuner nebeneinander an...