Kürzlich hatte ich bei einer Endstufe den Ruhestrom einzustellen. Glücklicherweise hatte ich einen "gesunden" Kanal für Vergleichsmessungen.
Jetzt die Frage an die Hifibastler /-reparierer /-restauratoren /-überholer, die mehr Erfahrung als ich haben:
Angenommen, ich habe eine Endstufe bei der ich den Bias einstellen muss und es gibt keine Serviceinfos und keine Vergleichsexemplare.
Was wäre
a) die "wissenschaftlich fundierte" Methode
b) die praxisorientierte Methode (falls a) zu aufwendig)
um den korrekten Ruhestrom, bzw. den Spannungsabfall über die Emitterwiderstände zu ermitteln?
Grundsätzliche technische Daten, wie Nennleistung und Klirrfaktor aus dem Verkaufsprospekt seien bekannt.
Ich danke euch schon mal!
Kühlkörpertemperatur messen, VORHER grob abschätzen, was thermisch möglich ist.
Unterschied A/B, A Verstärker...
Man könnte auch den Klirr messen, und dann im Rahmen der thermischen Möglichkeiten den Ruhestrom einstellen.
Die wissenschaftliche ist mehr oder weniger auch die praxisorientierte Methode. Zumindest bei einem ganz normalen AB Verstärker, wie es wohl zu 90% der Geräte Fall ist.
Wenn man ausser einem Multimeter nichts zur Verfügung hat, stellt man den Strom auf 50 mA ein. Damit ist der Sache bereits genüge getan. Weniger ist unüblich, mehr ist in den meisten Fällen unnötig. Sieht man sich nicht dazu in der Lage, die entsprechende Spannung am Widerstand zu berechnen, schraubt man den Deckel wieder zu, und gibt das Gerät irgendeinem, der das berechnen kann.
Bei einem Großteil der normalen AB Verstärker ist es weitgehend egal, ob überhaupt ein Ruhestrom fliesst, oder ob man ihn (im Rahmen des Einstellbereiches) einfach minimiert, da der daraus entstehende "Fehler" NUR virtuell über die Tastatur, bzw. in einem Forum gehört werden kann, nicht aber "live" vor Ort.
Nicht dass ich so eine Vorgehensweise empfehle oder gut heiße, aber so sieht es nun mal in der "Hörpraxis" aus.
Über 50 mA bringen nur in seltenen Fällen eine meßtechnisch nachweisbare Verbesserung, was dann auch in den Unterlagen vermerkt sein dürfte. Über 100 mA sind bereits ziemlich unüblich.
Die Hitachis 2sJ50/2SK135 in der Linx Vega laufen mit etwa 100mA... Das heizt ein bisserl.
Die Ruhestrom-Einstellung dient ja eigentlich dazu, die Übernahmeverzerrungen zwischen positiver und negativer Halbwelle beim Verstärken so gering wie möglich zu halten. scope schrieb schon, dass es beim Großteil der meisten Verstärker keine bedeutende Rolle spielt, wie der Ruhestrom eingestellt ist (jedenfalls fürs Hören). Ich habe, wegen Deiner Frage, mal bei dem Gerät, welches ich momentan gerade auf dem Tisch habe, mal einen Sinus eingespeist und dann auf dem Oszilloskop dargestellt und dafür den Ruhestrom absichtlich völlig verstellt. Nun kann man sehen, was ein falsch eingestellter Ruhestrom bewirken kann, die Übernahmeverzerrung ist in der Bildmitte deutlich zu sehen.
Beste Grüße
Armin
Das sind aus dem Bauch heraus ca. 0,6 bis 1% THD. Dass es so deamatisch ausfällt, ist übrigens nicht die Regel, da die GK normalerweise mehr glattbügelt. Wie
klingt es denn so?
Das ist so gut wie nicht zu hören, es hört sich ein wenig gepresst an, sonst aber...
Beste Grüße
Armin
Mit Kopfhörer....ganz leise hören....dann vielleicht
Bei meinem alten Technics SU-7700, einem der gewöhnlichsten class AB-Verstärker überhaupt, wird der Ruhestrom gemäss Servicehandbuch auf 25mA eingestellt. Das ist zwar nur die Hälfte des empfohlenen Wertes, aber der Verstärker schafft gem. Datenblatt (bei frischem Relais, versteht sich) eine THD von 0.06%. Das ist eindeutig nicht hörbar.
Danke erst mal an alle!
Cpt. Mac, irrst du dich da nicht? Im Servicehandbuch steht doch 25
mV entsprechend 75
mA.
Das kommt bei einem Emitterwiderstand von 0,33 Ohm ja auch hin.
Nix für ungut!
(06.08.2018, 15:24)Cpt. Mac schrieb: [ -> ]Bei meinem alten Technics SU-7700, einem der gewöhnlichsten class AB-Verstärker überhaupt, wird der Ruhestrom gemäss Servicehandbuch auf 25mA eingestellt. Das ist zwar nur die Hälfte des empfohlenen Wertes, aber der Verstärker schafft gem. Datenblatt (bei frischem Relais, versteht sich) eine THD von 0.06%. Das ist eindeutig nicht hörbar.
Na, ja wenn ich die von scope geschätzten 0,6 bis 1,0% schon nicht höre... Bei Musikwiedergabe ist das ganz schwierig.
Beste Grüße
Armin
Und dieses % ist zudem noch "bösartiger" Klirr.
(06.08.2018, 15:44)Wetterkundler schrieb: [ -> ]Cpt. Mac, irrst du dich da nicht? Im Servicehandbuch steht doch 25mV entsprechend 75mA.
Das kommt bei einem Emitterwiderstand von 0,33 Ohm ja auch hin.
Danke! In der Tat, du hast völlig Recht. Mea culpa.
Douglas Self hat das untersucht und die Ergebnisse in seinem Buch "audio power amplifier design" veröffentlicht. Es geht letztendlich um eine gleichmäßige Verstärkung der Ausgangsstufe über den gesamten Bereich. Für die komplementären Emitterfolger gibt es einen guten Kompromiß bei dem die Verstärkung recht gleichmäßig über die Eingangsspannung ist.
Es schwirrt eine ältere Ausgabe im Netz als pdf herum die sehr Lesenswert ist.