13.11.2020, 21:41
Eigentlich wollte ich eine Schallplattensammlung kaufen, habe dann aber unerwartet diesen Verstärker als Beifang günstig eingekauft. Der Verkäufer hatte ihn zusammen mit den Schallplatten schon eine Weile nicht mehr verwendet, da man ihn in einer Werkstatt nicht reparieren konnte (oder wollte). Da einer meiner Bekannten noch einen Verstärker sucht, hat das gut gepasst, da ich dafür keine Verwendung habe.
Das Gerät befindet sich optisch in gutem Zustand. Auch die Pseudo-Holzseiten sind OK. Da sich das Gerät laut Vorbesitzer immer wieder abschaltete (Protect), und die Werkstatt nicht helfen konnte, wurde es ausgemustert.
Die Verarbeitung und die verwendeten Materialien des Gerätes sind nach meinem Dafürhalten "OK", aber ein Überflieger ist das Gerät in Sachen Verarbeitungsqualität eigentlich nicht.
Er reiht sich irgendwo in die Mittelklasse ein. Das Platinenmaterial ist sehr spröde und bricht schnell. Schalter und Verdrahtung sind auf Standardniveau. Ein dickes Minus gibt es für die Lautsprecherklemmen, die man eher in der damaligen 500 DM Klasse erwartet.
Alles in allem aber "noch OK"
Positiv werte ich den hübsch gekapselten Ringkerntrafo und den soliden Kühlkörper.
Der sog. "X-balanced" Verstärker ist ein weitgehend symmetrisch aus zwei relativ kleinen Endverstärkern aufgebauter Brückenverstärker. Da seine Stromlieferfähigkeit begrenzt ist, die Ausgangsamplitude aufgrund der Brückenschaltung aber ziemlich hoch werden kann, muss man dem Gerät vorher "sagen" , welche Impedanzen man damit betreiben möchte.
Anders als auf dem Foto dargestellt, wurden alle Messungen mit der höheren Betriebsspannung durchgeführt.
Während der ersten Messungen (Hochpegel AUX), wurden weitere, ziemlich schwere Probleme deutlich, die man nicht unbedingt sofort hören, oder auf einem Oszilloskop erkennen kann.
Beide Kanäle verzerrten das Signal mit etwa 0,2% , was natürlich völlig indiskutabel ist.
ausserdem war nach einiger Zeit ein stärker werdendes prasseln im Monitorlautsprecher des Analyzers zu hören.
Damit man überhaupt etwas messen kann, mussten also zuerst die Relais gereinigt, oder ausgetauscht werden. Um bei diesem Modell an die Relais zu gelangen, muss man
einiges zerlegen.
Ausserdem muss man den Block mit den Lautsprecherklemmen ablöten, da die Relais teilweise darunter liegen.....Das dritte Relais gehört zur Einschaltstrombegrenzung.
Viel Aufwand für zwei Relais
Ein Kanal spielte danach störungsfrei, der andere aber nicht. Es waren immer noch erhebliche Oberwellen vorhanden, die von lauter werdendem Prasseln begleitet wurden.
Ein Blick auf das Wesentliche. Im Hintergrund die Phonosektion mit Platine für die Quellenschalter. Davor befinden sich vier eingesetzte Karten, von denen die beiden hinteren das Frontend für jeweils zwei der insges. vier Endverstärker enthalten. Auf den beiden kleineren Platinen davor befindet sich ein Teil der Schutzschaltung gegen Überstrom und Kurzschluss.
Die Platinen sind nicht etwa gesteckt, sondern leider fest eingelötet. Mehrmaliges aus- und wieder einlöten sollte man m.E vermeiden, da das Platinenmaterial das nicht gut verträgt.
Durch Verwendung von Kältespray und Heissluftdüse wurde schnell klar, dass der Fehler auf einer der Frontendplatinen zu finden ist. Da bis auf den dual FET alles mehr oder weniger stark reagierte, und man Bauteile nur im ausgebauten Zustand tauschen kann, habe ich dort alle Halbleiter (ausser dem FET) ausgetauscht.
Die beiden Trimmer dienen zur Einstellung der Balance. Mit einem stellt man Hot - Cold auf möglichst kleine Werte, mit dem anderen Hot- Gnd. Das funktioniert hier nicht gerade besonders "feinfühlig". Da wären Spindeltrimmer angemessen.
Nachdem ich das Gerät dann auf den Messplatz geschleppt hatte, schaltete sich nach wenigen Minuten die Schutzschaltung ein, obwohl keine bedrohliche Gleichspannung an einem der vier Verstärker zu messen war. Nach einigen Sekunden schaltete das Gerät aber wieder frei, um kurz danach wieder in Protect zu gehen.
Das liess sich danach auch nicht mehr ändern. Mehrmaliges Einschalten brachte keinen Erfolg. Das war das ursprüngliche Fehlverhalten, das der Verkäufer beschrieben hatte.
Nach einer Kaffeepause ging es dann plötzlich wieder, aber das war natürlich kein Zustand.
Also alles wieder abgebaut und zurück auf die Arbeitsplatte.
Für mich stand fest, dass der Fehler entweder in der Schutzschaltung rund um den TA7317, oder aber im Bereich der Überstromauswertung zu suchen war. Wäre der TA7317 oder etwas in seinem Umfeld defekt gewesen, hätte ich das Teil gegen die Wand geworfen, denn dieses IC sitzt zwischen den Relais , unter der Buchsenplatte, die ich vorher ausgebaut hatte.
Wie kann man das IC da so unpraktisch hinsetzen?
Glücklicherweise musste ich da aber nicht nochmal ran. Der Fehler lag an einem oder zwei Transistoren, über die der TA7317 im Fehlerfall angesteuert wird. An pin 11 der beiden kleinen Steckplatinen sollen im Betriebszustand etwa 0,7 V anstehen. Im Fehlerwall waren es ca 35V. Das war weder mit Kältespray, noch mit Klopferei zu ändern. Es kam und ging völlig sporadisch nach einiger Zeit. Die beiden Elkos habe ich sicherheitshalber gleich mitgetauscht, da man die Platine besser nur ein mal auslötet. Die hält nicht viel aus.
Die Schutzschaltung selbst war zum Glück fehlerfrei. Die ist völlig verbaut. Platinenanschluss 11 (zusammengeführt) für Überstrom, 28 29 31 32 für die DC Überwachung.
Damit waren erst mal alle Fehler beseitigt
....Ein paar Messungen:
Da man in diesem Fall den negativen LS-Anschluss nicht über das Meßgerät erden darf, muss man den symmetrischen Eingang des Analyzers vderwenden.
Klirrspektrum 1W in 8ohm Links und rechts. Nur ein wenig K2 sichtbar, aber auffällig hoher Rauschflur. THD & N (22KHz BW) um 0,018% (Rauschen)
Die deutliche 50Hz Störung geht u.A. auf das Konto der in diesem Fall verwendeten (ungeschirmten, nur leicht verdrillten) Leitungen zum Meßgerät. Sie wurden bei der Bewertung von THD&N über ein Filter nicht mitgemessen.
Eine entsprechende Meßleitung habe ich gestern noch angefertigt. Eventuell stelle ich nochmal eine neue Messung ein, falls sich dadurch eine deutliche Verbesserung ergeben sollte.
Frequenzgang (tone defeat) , 1W in 8R. Über 300 KHz -3dB mit leichtem (uninteressantem) 2 dB Buckel
THD&N vs. Power (hohe Trafospannung) >150W x 2. Bei kleiner Trafospannung noch 90W x2 . Messungen mit hoher Spannung in 4 ohm sollte man bleiben lassen.
Das Gerät hat auch einen MC Übertrager oder MC direkt über erhöhte Verstärkung . Hier geht es jedoch erst mal nur um MM.
Entzerrung links und rechts: Ein mal perfekt, ein mal mit kleineren , uninteressanten Toleranzen , gemessen über Tape out.
Der Eingangswiderstand beträgt gemessene 90 Kohm (untypisch). Herstellerangabe im SM 100K , während in den Specs von 47 K die Rede ist.
Die Eingangskapazität beträgt leider satte 700 pF, was den Betrieb mit MM Systemen ohne Umbau unmöglich macht.
Rot: Mit System , 450mH +20pF , Grün, mit weiteren 200 pF.
Die Übersteuerungsreserven sind extrem hoch.
Das Gerät befindet sich optisch in gutem Zustand. Auch die Pseudo-Holzseiten sind OK. Da sich das Gerät laut Vorbesitzer immer wieder abschaltete (Protect), und die Werkstatt nicht helfen konnte, wurde es ausgemustert.
Die Verarbeitung und die verwendeten Materialien des Gerätes sind nach meinem Dafürhalten "OK", aber ein Überflieger ist das Gerät in Sachen Verarbeitungsqualität eigentlich nicht.
Er reiht sich irgendwo in die Mittelklasse ein. Das Platinenmaterial ist sehr spröde und bricht schnell. Schalter und Verdrahtung sind auf Standardniveau. Ein dickes Minus gibt es für die Lautsprecherklemmen, die man eher in der damaligen 500 DM Klasse erwartet.
Alles in allem aber "noch OK"
Positiv werte ich den hübsch gekapselten Ringkerntrafo und den soliden Kühlkörper.
Der sog. "X-balanced" Verstärker ist ein weitgehend symmetrisch aus zwei relativ kleinen Endverstärkern aufgebauter Brückenverstärker. Da seine Stromlieferfähigkeit begrenzt ist, die Ausgangsamplitude aufgrund der Brückenschaltung aber ziemlich hoch werden kann, muss man dem Gerät vorher "sagen" , welche Impedanzen man damit betreiben möchte.
Anders als auf dem Foto dargestellt, wurden alle Messungen mit der höheren Betriebsspannung durchgeführt.
Während der ersten Messungen (Hochpegel AUX), wurden weitere, ziemlich schwere Probleme deutlich, die man nicht unbedingt sofort hören, oder auf einem Oszilloskop erkennen kann.
Beide Kanäle verzerrten das Signal mit etwa 0,2% , was natürlich völlig indiskutabel ist.
ausserdem war nach einiger Zeit ein stärker werdendes prasseln im Monitorlautsprecher des Analyzers zu hören.
Damit man überhaupt etwas messen kann, mussten also zuerst die Relais gereinigt, oder ausgetauscht werden. Um bei diesem Modell an die Relais zu gelangen, muss man
einiges zerlegen.
Ausserdem muss man den Block mit den Lautsprecherklemmen ablöten, da die Relais teilweise darunter liegen.....Das dritte Relais gehört zur Einschaltstrombegrenzung.
Viel Aufwand für zwei Relais
Ein Kanal spielte danach störungsfrei, der andere aber nicht. Es waren immer noch erhebliche Oberwellen vorhanden, die von lauter werdendem Prasseln begleitet wurden.
Ein Blick auf das Wesentliche. Im Hintergrund die Phonosektion mit Platine für die Quellenschalter. Davor befinden sich vier eingesetzte Karten, von denen die beiden hinteren das Frontend für jeweils zwei der insges. vier Endverstärker enthalten. Auf den beiden kleineren Platinen davor befindet sich ein Teil der Schutzschaltung gegen Überstrom und Kurzschluss.
Die Platinen sind nicht etwa gesteckt, sondern leider fest eingelötet. Mehrmaliges aus- und wieder einlöten sollte man m.E vermeiden, da das Platinenmaterial das nicht gut verträgt.
Durch Verwendung von Kältespray und Heissluftdüse wurde schnell klar, dass der Fehler auf einer der Frontendplatinen zu finden ist. Da bis auf den dual FET alles mehr oder weniger stark reagierte, und man Bauteile nur im ausgebauten Zustand tauschen kann, habe ich dort alle Halbleiter (ausser dem FET) ausgetauscht.
Die beiden Trimmer dienen zur Einstellung der Balance. Mit einem stellt man Hot - Cold auf möglichst kleine Werte, mit dem anderen Hot- Gnd. Das funktioniert hier nicht gerade besonders "feinfühlig". Da wären Spindeltrimmer angemessen.
Nachdem ich das Gerät dann auf den Messplatz geschleppt hatte, schaltete sich nach wenigen Minuten die Schutzschaltung ein, obwohl keine bedrohliche Gleichspannung an einem der vier Verstärker zu messen war. Nach einigen Sekunden schaltete das Gerät aber wieder frei, um kurz danach wieder in Protect zu gehen.
Das liess sich danach auch nicht mehr ändern. Mehrmaliges Einschalten brachte keinen Erfolg. Das war das ursprüngliche Fehlverhalten, das der Verkäufer beschrieben hatte.
Nach einer Kaffeepause ging es dann plötzlich wieder, aber das war natürlich kein Zustand.
Also alles wieder abgebaut und zurück auf die Arbeitsplatte.
Für mich stand fest, dass der Fehler entweder in der Schutzschaltung rund um den TA7317, oder aber im Bereich der Überstromauswertung zu suchen war. Wäre der TA7317 oder etwas in seinem Umfeld defekt gewesen, hätte ich das Teil gegen die Wand geworfen, denn dieses IC sitzt zwischen den Relais , unter der Buchsenplatte, die ich vorher ausgebaut hatte.
Wie kann man das IC da so unpraktisch hinsetzen?
Glücklicherweise musste ich da aber nicht nochmal ran. Der Fehler lag an einem oder zwei Transistoren, über die der TA7317 im Fehlerfall angesteuert wird. An pin 11 der beiden kleinen Steckplatinen sollen im Betriebszustand etwa 0,7 V anstehen. Im Fehlerwall waren es ca 35V. Das war weder mit Kältespray, noch mit Klopferei zu ändern. Es kam und ging völlig sporadisch nach einiger Zeit. Die beiden Elkos habe ich sicherheitshalber gleich mitgetauscht, da man die Platine besser nur ein mal auslötet. Die hält nicht viel aus.
Die Schutzschaltung selbst war zum Glück fehlerfrei. Die ist völlig verbaut. Platinenanschluss 11 (zusammengeführt) für Überstrom, 28 29 31 32 für die DC Überwachung.
Damit waren erst mal alle Fehler beseitigt
....Ein paar Messungen:
Da man in diesem Fall den negativen LS-Anschluss nicht über das Meßgerät erden darf, muss man den symmetrischen Eingang des Analyzers vderwenden.
Klirrspektrum 1W in 8ohm Links und rechts. Nur ein wenig K2 sichtbar, aber auffällig hoher Rauschflur. THD & N (22KHz BW) um 0,018% (Rauschen)
Die deutliche 50Hz Störung geht u.A. auf das Konto der in diesem Fall verwendeten (ungeschirmten, nur leicht verdrillten) Leitungen zum Meßgerät. Sie wurden bei der Bewertung von THD&N über ein Filter nicht mitgemessen.
Eine entsprechende Meßleitung habe ich gestern noch angefertigt. Eventuell stelle ich nochmal eine neue Messung ein, falls sich dadurch eine deutliche Verbesserung ergeben sollte.
Frequenzgang (tone defeat) , 1W in 8R. Über 300 KHz -3dB mit leichtem (uninteressantem) 2 dB Buckel
THD&N vs. Power (hohe Trafospannung) >150W x 2. Bei kleiner Trafospannung noch 90W x2 . Messungen mit hoher Spannung in 4 ohm sollte man bleiben lassen.
Das Gerät hat auch einen MC Übertrager oder MC direkt über erhöhte Verstärkung . Hier geht es jedoch erst mal nur um MM.
Entzerrung links und rechts: Ein mal perfekt, ein mal mit kleineren , uninteressanten Toleranzen , gemessen über Tape out.
Der Eingangswiderstand beträgt gemessene 90 Kohm (untypisch). Herstellerangabe im SM 100K , während in den Specs von 47 K die Rede ist.
Die Eingangskapazität beträgt leider satte 700 pF, was den Betrieb mit MM Systemen ohne Umbau unmöglich macht.
Rot: Mit System , 450mH +20pF , Grün, mit weiteren 200 pF.
Die Übersteuerungsreserven sind extrem hoch.