Kabel und Stecker - irgendwie habe ich auf solch einen Thread gewartet.... und wurde nicht enttäuscht.
Na gut, die Werbefreunde haben ihren Spaß gehabt und, wie es sich für ein gutes Forum gehört, wurden auch tatsächlich fundierte Beiträge von denen gepostet, die sowohl Fachkenntnisse besitzen, als auch mit dem Lötkolben umgehen können. Der RG 58- Vorschlag ist tatsächlich messtechnisch eine der besten Lösungen für die NF-Verkabelung, aber.... und das ABER sollte man bitte immer im Auge behalten.
Wir reden hier über Niederfrequenz, also im besten Fall bei Hifi von bis zu 25 Khz. UND wir reden über 0,7 Volt Spannung der Hochpegeleingänge. Rein meßtechnisch sind die Unterschiede zwischen einem 1000€- NF-Kabel und der typischen Beipacklitze des Gerätes defenitiv in diesem Frequenzspectrum und bei dieser Spannung NICHT VORHANDEN. Auch das sogenannte Burst-Verhalten, also Lautstärke-Peaks die der Dynamik einer Aufnahme geschuldet sind, ist komplett gleich - Zerfalls- und Zeitdiagramme bestätigen das.
Der "gemeine" Elektrotechniker weiß es seit seiner Ausbildung.
Warum wird das trotz meßtechnischer Tatsachen vom Hifi-Verkäufer "meist" bestritten? Nunja, Kabel und anderes Aluhut-Gedöns sind das Einzige, woran der Händler noch etwas verdient ! Auch das ist eine Tatsache, denn bei den Geräten, soweit es überhaupt noch neue Hifi gibt, bleibt Dank der Preispolitik der großen Händler kaum noch etwas übrig. Der "Gewinn" liegt in der Menge verkaufter Geräte und der Bonuspunkte der Hersteller, die dann ausgeschüttet werden.
Zurück zum Kabel und jetzt wird es erst richtig lustig. Da werden fingerdicke NF-Kabel von chinesischen Herstellern mit Markenlogo und goldenen Steckern angeboten und innen finden sich: Aluminium! Hallo? gehts noch? Da ist jede mickrige Kupfer-Litze überlegen und dafür braucht man dann nicht mal mehr Meßgeräte, sondern man hört den Unterschied zum Schlechten sofort raus. Und das sogar bei Hochpegel-Verbindungen.
Anders sieht es bei der einzigen Verbindung aus, bei dem ein dickeres bzw. hochwertiges Kabel tatsächlich einen meßtechnischen, sowie hörbaren Unterschied mitbringt. Leider ist es bei den meisten Geräten fest angebracht und sollte nur von technisch versierten Menschen gewechselt werden - beim Plattenspieler. Natürlich gibt es auch hier wieder ein ABER, weil die Kabel aus dem Tonarm zum Terminal oder den Cinch-Buchsen sehr dünn sind. Jeder, der sich NICHT mit der Kunde der Elektonik befasst hat, wird jetzt fragen: was soll denn nun ein hochwertiges Kabel bringen, wenn die ersten ca. 40 cm vom System zum Terminal aus so spinnendünnen Leitern bestehen und damit einen "Flaschenhals" erzeugen.
Hier lautet die Antwort: Jedes bischen weniger Wiederstand, aber vor allem niedrige Kapazität und Induktivität vom Terminal zum Amp bringen bei der niedrigen Ausgangsspannung der Abtastsysteme (3,5 mV gegen 700 mV bei Line, noch extremer bei Moving-Coil) einen Gewinn. Und eine gute Schirmung schützt vor Einstreuung von Störgeräuschen. Das kann man meßtechnisch feststellen. Ob man es letztendlich sofort heraushören kann, ist eine Frage der bevorzugten Musik und dem Zustand der eigenen Ohren.
Goldene Stecker - ein echtes GO für den Hififreak, aber spielen die überragenden Übertragungseigenschaften von Gold überhaupt eine Rolle?
Klare Antwort - JEIN
Bei schon vergoldeten Cinch-Anschlüssen am Amp bringen goldene Stecker weder einen mechanischen Vorteil, noch einen meßbaren Mehrwert. Warum goldene Stecker an Kabeln überhaupt "in Mode" kamen, liegt an einem ganz anderen Fakt, der aber gar nichts mit der Leiteigenschaften des Materials zu tun hat. Dazu müssen wir kurz mal in die Ära des goldenen Zeitalters der Hifi - die 70er Jahre.
Damals waren japanische und amerikanische Geräte mit Cinchbuchsen ausgestattet, die durchgehend vernickelt waren. Das waren die Cinch-Stecker ebenfalls. Wenn nun der Stecker auf der Buschse nicht zu 100 Prozent kontaktiert, entstehen bei Nickel auf den Übergängen kleine Ionenströme, die später eine Korosion verursachen. Das passiert langsam, aber sicher. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird dadurch die Kontaktierung immer schlechter, denn die Korosion schiebt sich auch unter die Kontaktflächen, die eigentlich plan aufliegen. Dieser Vorgang kann verhindert werden, wenn zwei unterschiedliche Materialien kontaktieren, in diesem Fall Gold mit Nickel oder früher von vielen Edelherstellern benutzte Verzinnung der Cinchbuchsen am Gerät. Natürlich sieht Gold wesentlich besser aus und suggeriert hochwertige Qualität. Und schwupps, schon waren die vergoldeten Stecker DAS Optimum für den echten Hifi-Fan.
Kann man machen, muss man aber nicht.
Bevor ich jetzt noch auf diesen Unsinn mit Sauerstoff freiem Kupfer, Skin-Effekt und anderen Vorzügen von 100 und mehr Euro teuren NF-Strippen eingehe und noch mehr Forianer gegen mich aufbringe... natürlich kann jeder sein Geld für das ausgeben, was ihm lieb und teuer ist. Gerade bei High-End-Fanatikern, die einen Scheiß auf die Physik geben und deren Welt für immer eine Scheibe bleiben wird, sind diese, übrigens in JEDEM guten Fachbuch zur Signalübertragung recherchierbaren Fakten, echtes Hexenwerk, das mit dem Boten auf den Scheiterhaufen gehört.
Ein Tip meines ehemaligen Prof habe ich mir in den letzten 45 Jahren immer zu Herzen genommen: Wenn du wissen willst, was drin steckt, musst du es selbst bauen. Das gilt auch für NF-Kabel.
So und nun sage ich JEHOVA und renn schnell weg, bevor die Steine fliegen.
Gruß
Jürgen