Hallo, ich bin neu und brauche fünf Beiträge, wie Ihr alle wisst. Ich will aber keinen Blödsinn schreiben. Statt dessen ein Beitrag, der mich wirklich interessiert und ich hoffe, auch einige andere. Ab welchen Grenzwerten gegenüber den ursprünglichen Ausgangswerten sollte man Kondensatoren tauschen? Wurde sicher schon zigmal diskutiert, ist aber immer wieder interessant, finde ich.
Zitat:Wann Kondensatoren tauschen?
Mittwochs
Spass beiseite, kommt IMHO ganz drauf an wo sie eingesetzt werden (Netzteil, Verstärker, Phonopre, Frequenzweiche ...) ob die vorgesehenen Messwerte/Toleranzen an Meßpunkten erreicht werden, ob dies ggfs zB. auch zu Kanalungleichheiten (die man möglicherweise auch hört) führt etc.
Pauschal kannn man das mE. nicht beantworten ...
... und wenn sie sich aufbähen/auslaufen/platzen ...
Das kommt immer auf den indivduellen Fall an.
Kondensatoren, die keiner Wärme ausgesetzt sind, haben oft auch nach 35 Jahren noch ihre Nennkapazität.
Wenn sie aber auf "heißen" Platinen oder sehr nahe ihrer Spannungsfestigkeit betrieben werden (ist bei 220V Geräten oft der Fall), dann sollte man sie gegen neue, spannungsfestere 105°C Typen ersetzen.
Ich mache es so (weil Zeit keine Rolle spielt und Elkos fast nichts kosten), dass ich bei Geräten, die älter als 30 Jahre sind, einfach alle Elkos erneuere. Damit ist man garantiert auf der sicheren Seite. Nur kann man das von keinem gewerblichen Reparaturbetrieb machen lassen, weil das viel Zeit in Anspruch nimmt und entsprechend kostet. Da wird dann nur das nötigste getauscht.
Zum Beispiel:
Diese Elkos (die großen) sind 40 Jahre alt. Ich habe sie mit dem Kapazitätmessgerät alle kurz nachgemessen. Danach scheinen sie noch OK zu sein. Sie wurden aber natürlich trotzdem aus den genannten Gründen getauscht:
Ja klar, nehmen wir doch konkrete Beispiele. Der Siebelko eines Röhrenradios hat noch 40+90µ anstatt 50+100µ - verdächtig oder noch gut?
Bei Röhrenradios sind diese doppel-Elkos ja nicht selten geschraubt. Da kommt dann das Problem der Bauform noch dazu. Zudem braucht es da Spannungsfestigkeiten von mehreren hundert Volt.
Bei deinem Beispiel würde ich ihn drin lassen, wenn äußerlich nichts verdächtig aussieht. Das liegt noch innerhalb der Toleranzen.
Nur nebenbei: ich habe mal spaßeshalber bei einem Sammler nachgefragt, der das Telefunken Opus 2550 verkaufen wollte, ob das Gerät überholt worden sei. Antwort: nee, original ist besser. Das ist auch eine Auffassung. Ich für meinen Teil würde allerdings nicht als Brathähnchen enden wollen, nur weil ich mal spätabends bei sanfter Musik aus dem Radio eingeschlafen bin...
(23.03.2014, 09:55)JackRyan schrieb: [ -> ]Bei deinem Beispiel würde ich ihn drin lassen, wenn äußerlich nichts verdächtig aussieht. Das liegt noch innerhalb der Toleranzen.
Ja, den lasse ich auch drin. Will keine Werbung machen, aber es gibt einen Händler, der für die meisten Becherelkos eine Lösung hat.
Franky,
persönlich halte ich es so: Was nicht defekt ist, wird nicht getauscht. Warum auch? Präventiv? - Da könnte man ja auch nach fünf Jahren bei der Waschmaschine Schläuche tauschen, weil man Angst vorm Wasserschaden hat. Das macht auch niemand.
Wenn man feststellt, daß eine Funktion nicht mehr gegeben ist, tauscht man das Bauteil. Oder wenn der Elko schon feucht wird.
Bei Röhrenradios liegen höhere Spannungen an, deshalb nimmt man 630 oder 1000 Volt Kondensatoren, in den Klangregelnetzwerken langen auch teilweise 125 Volt. Becherelkos lassen sich, wenn ausgebaut, mit einiger Mühe aushöhlen, dann beispielsweise den / die neuen Elkos darin verstecken (den Zwischenraum habe ich mit Glaswolle gefüllt) und wieder stilgerecht einbauen. Einmal ist mir ein Elko "hochgegangen", dafür ist die Überdruckbohrung oben zuständig. Dort bläst er das Elektrolyt halt ab. Dann brennt die Netzsicherung durch und Ruhe ist. Also keine Panik. Im übrigen steht im Keller noch ein 1938er Saba, da wurde noch nie etwas getauscht und es empfängt und spielt immer noch.
Motto: "Nichts kaputtreparieren"
(23.03.2014, 10:20)Mechaniker schrieb: [ -> ]Motto: "Nichts kaputtreparieren"
Das ist eine gesunde Auffassung, der ich mich anschließe. Zumal man sich bei den alten Folienkondensatoren richtige Probleme schaffen kann, wo vorher keine waren. Denn, die alten Entwickler waren oft ziemlich "clever" und haben die Sekundäreigenschaften, beispielweise den Widerstand von Dingern wie Papierwickelkondensatoren, in ihre Schaltungen integriert. Diese Oldies, auch Durolit, Eroid, Styroflex und dergleichen, neigen übrigens auch dazu, höhere Kapazitäten (durch Schrumpfung) zu entwickeln.
(23.03.2014, 09:41)Franky schrieb: [ -> ]Ja klar, nehmen wir doch konkrete Beispiele. Der Siebelko eines Röhrenradios hat noch 40+90µ anstatt 50+100µ - verdächtig oder noch gut?
Moin,
vom Kapazitaetswert waere er noch gut, denn die Dinger haben Toleranzen. Typischerweise wurde ihnen -20+50% zugestanden, ohne defekt zu sein. Heutige "engtolerierte Elkos" haben immer noch +-20%. Zusaetzlich sollte noch der ESR gemessen und mit aehnlichen Kapazitaeten der gleichen Spannungsklasse verglichen werden. Der ESR ist bei diesem Anwendungsfall aber auch eher unkritisch, so dass man hier Werte tolerieren kann, die z.B. in Schaltnetzteilen untragbar waeren.
73
Peter
Wichtig bei Kondensatoren ist noch zu erwähnen, dass es neben der Kapazität auch um den Innenwiderstand geht. Ein Elko kann z.B. noch volle 100% seiner Originalkapazität aufweisen, aber durch ausgetrocknetes Elektrolyt einen hohen ESR bekommen haben. Dann dauert es einfach viel länger, bis der Elko geladen ist. Auch dann kommt man zwangsläufig nicht an einem Elkotausch vorbei.
(24.03.2014, 09:14)Cpt. Mac schrieb: [ -> ]Ein Elko kann z.B. noch volle 100% seiner Originalkapazität aufweisen, aber durch ausgetrocknetes Elektrolyt einen hohen ESR bekommen haben.
Und da hätte ich natürlich die Frage, woher weiß ich, welchen Nennwert von Widerstand beispielsweise ein 30 Jahre alter Becherelko mal hatte. Der war bestimmt höher als bei modernen Elkos in Schaltnetzteilen. Man kann einen vergleichbaren NOS-Elko nehmen, dort den Widerstand messen und hätte einen Anhaltspunkt.
Muss man gar nicht so genau wissen. Zum Test einfach den Elko aufladen und gleichzeitig die anliegende Spannung messen. Wenn es lange geht, bis die runter ist, ist der ESR zu hoch. Da Elkos Centware sind, reicht m.M.n. eine subjektive Einschätzung.
(24.03.2014, 08:12)Der Karsten schrieb: [ -> ]Moin,
Kondensatoren Tauschen macht sinn, wenn sie definitiv defekt sind alles andere is mMn Zeit und Geld verbrennen.
Zum Thema Alterung von Bauteilen ist hier eine richtig gute Abhandlung
http://www.amplifier.cd/Fragen/Alterung_...aerker.htm
Hey Karsten!
Da halte ich dagegen.
Die Sache ist einfach: Wenn Zeit erstmal keine Rolle spielt, weil man es zB. hobbymässig betreibt, sollte man tauschen, wenn alt. (bezogen auf Elko/Tantal)
Ganz einfach: Klar haben etliche Kondensatoren auch nach >40 Jahren noch ihre Werte, ABER: wenn in diesem Gerät einer hochgeht, und man nur diesen Einen wechselt, kann man sicher sein, dass andere bald folgen werden...
An den Revox A77 hatte ich schon an diversen Stellen defekte Kondis- da bringt es wirklich rein garnix, nur diese zu wechseln.
Die Dinger sind alt und unterliegen einem Alterungsprozess. Wenn es sie noch gibt (idealerweise als 105°C-Typen), warum nicht wechseln?
Dann hat man definitiv erstmal Ruhe, selbst wenn die Teile wohl heutzutage nimmer so lange halten, als in der "guten alten Zeit".
Just my 2 cents.
Viele Grüsse,
Matthias
Regenbogengans - Ja klar, ein bisschen Wissen kann nie schaden, darum geht's doch. Ich bekomme beispielsweise in dieser Woche einen schönen Philips "Tonmeister" (11 Röhren), der die letzten 30 Jahre irgendwo abgestellt war. Da will ich dann doch an ein paar Stellen nachmessen, bevor ich das Teil einschalte. Wenn die Maschine aber erst mal sauber spielt, dann halten gerade diese Oldies einiges aus, da sie für weit instabilere Bauteile als die heutigen konstruiert werden mussten. Dann kann man sich auch an Dein Motto, bzw. das von Karsten, halten und erst wieder was tun, wenn es wirklich brummt.
Man kann auch mal eine Regel aufstellen, die ich in den letzten 36 Berufs-Jahren gelernt habe: Elkos sind umso häufiger defekt, umso niedriger ihre Nennspannung liegt! Faustregel: 16V und weniger sind immer gefährdet.
Das liegt an der viel dünneren Schicht des Dielektrikums (die Isolationsschicht zwischen den Folien), die gibt dann schon mal írgendwo auf.
(24.03.2014, 14:52)Armin777 schrieb: [ -> ]Elkos sind umso häufiger defekt, umso niedriger ihre Nennspannung liegt!
Danke. Das war jetzt für mich was Neues, war mir so nicht klar.
Deshalb nehme ich auch immer direkt welche mit höherer Spannungsfestigkeit.
(24.03.2014, 15:52)Kimi schrieb: [ -> ]Deshalb nehme ich auch immer direkt welche mit höherer Spannungsfestigkeit.
Ich glaube, die Sache bezieht sich auf die größeren Unterschiede, also 16V, 125V, 350V, 1000V und mehr. Du wirst statt 16V vielleicht 20V einbauen, aber keine 125V. Wenn Du 1000V statt 350V einbauen willst, wird der 1000er wohl zu groß sein. Oder?
Nein, das ist kein Problem.
Ein Problem ist es erst, wenn er von der Bauform nicht mehr hineinpasst
Kimi
Du liegst in dem Sinne natürlich völlig richtig, dass Du heute von der Bauform her einen Elko oder auch WIMA in viel kleinerem Umfang bekommst, als 1975 - daran hatte ich nicht gedacht.
Da kommt auch noch ein anderer erfreulicher Nebeneffekt des Fortschritts ins Spiel: Folienkondensatoren bekommt man mittlerweile auch in grösseren Kapazitäten als früher (anstelle weniger nF nun auch in bis zu ca. 3.3µF). In Verstärkern liegt oftmals ein unipolarer Elko mitten im Signalweg vor der Vorstufe zur DC-Blockierung (i.d.R. 1 µF). Kann nicht schaden, den Elko durch einen Wima-Folienkondensator zu ersetzen. Macht klanglich nicht die Welt aus, schadet aber wie gesagt auch nicht.
(25.03.2014, 15:11)Cpt. Mac schrieb: [ -> ]Kann nicht schaden, den Elko durch einen Wima-Folienkondensator zu ersetzen.
Aber wenn die Bauform nicht stimmt, der Elko eventuell sogar axial ist, dann muss man ganz schön tricksen, was auch nicht so toll ist. Was anderes ist noch interessant, und zwar vor allem bei Phonovorstufen: im pf-Bereich Glimmerkondensatoren verwenden, sind in manchen Geräten als teurer "Silver mica capacitor" verbaut.
Wenn man die nur für Niedrigvolt bis 100V benötigt, kann man auch die preisgünstigen von Reichelt & Co nehmen. Ich habe mal ein paar verlötet, direkt im MM-Eingang, weil es ohnehin nötig war, und natürlich keinen Unterschied bemerkt. Allerdings sind die hervorragenden Eigenschaften von Glimmer unbestritten.
Nur noch als kurze Anmerkung.
Entstörkondensatoren von Rifa sollte man am besten auch pro forma ersetzen.
Hab da grad vorhin wieder einen netten Bericht über einen brennenden in ein A 77 gelesen..
Wer den Gestank mal erlebt hat, braucht ihn nie wieder!
Sonst Danke für die Anregungen!