Vor zwei Tagen habe ich mir eines der musikalischen Highlights gegönnt, um das ich seit Jahren herumgeschlichen bin. Eigentlich schloch ich nicht, ich war vielmehr vollkommen passiv und habe darauf gewartet, dass mir das Album einmal zufliegt. Hat’s dann auch getan – kam kürzlich von Peter (space daze)…
Ich musste erst so alt werden, wie ich bin, um das erste Mal - zumindest bewusst - Keith Jarretts "The Köln Concert" zu hören.
Das also ist das Köln Concert. Kommt die Sprache darauf, verstummen die Gespräche für kurze Zeit, um dem Meister durch Kontemplation zu huldigen. Devotes, wissendes Kopfnicken, schluckendes Gurgeln/gurgelndes Schlucken - und feuchtglänzende Augen. Allerhöchste Zeit, um herauszufinden, was unsere abendländische Kultur so unendlich bereichert haben mag.
Und? Ein merkwürdiges Selbsthypnose-Tralala ist das. Ich finde darin nur wenige Perlen, jeweils ein paar Takte lang.
Meiner Meinung nach imitiert er sich fast unablässig, sein Dauer-Pedal macht alles zu einer Klangemulsion, die ich nach 20 Minuten so nicht mehr hören kann. Viel Leerlauf; mir kommt's so vor, als müsse er sich an verschiedenen Stellen erst mal sammeln, um zu überlegen, wie's weitergeht.
Seine Glissandi mögen zeigen: Schaut her, ich kanns.
Zeitgeist lass ich als Entschuldigung nicht gelten, falsche Erwartung schon eher. Millionen Fliegen können also irren, denke ich mir nun.
Das Bild auf dem Cover hat für mich nach dem ersten Hören Bände gesprochen. Wer es nicht kennen sollte (also niemand):
Da leistet er als Teamplayer deutlich Besseres, wie ich finde.
Zusammen mit Jan Garbarek, Palle Danielsson und Jon Christensen auf der ECM-Aufnahme „My Song“.
Hier spielt er nicht immer die Hauptrolle, mischt sich mal ein, ergänzt, pointiert – und macht alles das, was nützlich ist und Spass macht: Hier im Bild – und auch von Peter…:
So, wer ist nun gänzlich anderer Meinung und/oder mag sonst etwas zu Keith Jarrett sagen?
Bertram
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• Tom
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27.02.2013, 09:54
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27.02.2013, 09:54 von contenance.)
Über die erste Scheibe bzw. diese im Zusammenhang mit seiner Jugend in der westfälischen Provinz hat Wiglaf Droste mal einen schönen Text geschrieben, in dem eigentlich alles gesagt wurde.
Wiglaf Droste - Späte Rache oder The Köln Concert (1996)
Das abschließende Gedicht daraus als Auszug:
Schwarze Tasten, weisse Tasten
Töne, die das Herz belasten,
Hände, die nicht ruhn noch rasten
hasten über Tasten, tasten.
Junge Menschen wurden greise
wenn Keith Jarrett klimperte
auf dem Flokati litt ganz leise
wer vorher fröhlich pimperte.
(Die zweite finde ich prima!)
>> Für energetische Reinigungsarbeit ist persönliche Anwesenheit nicht erforderlich <<
山水!
Gruß
Niels
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, Brownie. Ich war nach meinem ersten Hören auch erstmal geschockt
Wichtig zu wissen, dass er es für seine Frau geschrieben hatte! Und nachdem ich schon gedacht hatte, die LP wäre noch nicht richtig sauber, habe ich mal die Anlage etwas lauter gestellt und dann sein wohl typisches Mit(s)tö(h)nen erstmals gehört.
Ich meine, dass Köln Concert muss man mögen, sonst hört man es nie wieder an.
Gruß
karsten
It's a long road between "wollen" and "können"
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• Tom
Niels und Wiglaf zu Droste-Hülshoff - die perfekte Kurzfassung meines Gelabers...!
Bertram
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• contenance
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Bertram:
Ist auf "Wieso heißen plötzlich alle Oliver?" sehr lohnenswertes Buch bzw. Lesung ...oder auch hier:
(für den, der das benutzt)
>> Für energetische Reinigungsarbeit ist persönliche Anwesenheit nicht erforderlich <<
山水!
Gruß
Niels
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Moin Brownie,
es war Zappa, der mal genüsslich anmerkte "Jazz ist nicht tot; er riecht nur komisch"....
Das Köln Konzert ist schon "zeitgeistig" zu sehen, lies mal den Wiki Eintrag dazu durch. Es ist eigentlich ein Unding gewesen, dass das Ding überhaupt veröffentlicht wurde. Mal davon abgesehen: Wer Anfang der Siebziger im Kreischen des Freejazz aufwuchs, der empfand die Köln Concerts tatsächlich als eine Art Gral.
Ich stimme dir zu, dass nur manche Momente des Albums wirklich zu überzeugen wissen. Höre dir mal zum Vergleich die Bremen/Lausanne Konzerte an. Die sind zwei Jahre früher entstanden und in sich geschlossener/überzeugender.
Dennoch "muss" man Köln Concerts mal gehört haben... aber grundsätzlich ist es so, dass gerade die "My Song" das Werk ist, in dem Jarrett (IMHO) am besten rüberkommt. Das Zusammenspiel ist perfekt, die Melodien magisch... Für mich das einzige Album, das man wirklich von Jarrett haben muss.... (auf Vinyl natürlich)
Peter
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• Tom
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Ich habe Ausschnitte vom Köln Konzert vor vielen Jahren zum ersten Mal gehört, irgendeine Radiosendung, mitten in der Nacht.
Es hat mich fasziniert, absolute Ruhe im Raum, nur das Klavierspiel und die Hintergrundgeräusche der Aufnahme. Vermutlich war ich auch in einer passenden Stimmung. Es hat mich ganz einfach fasziniert. Vor 3 oder 4 Jahren habe ich dann das Vinylalbum auf einem Flohmarkt gefunden. Zustand, als ob es nie oder ganz selten mal abgespielt wurde. Nicht die geringsten Kratzer oder andere Gebrauchsspuren. Seitdem habe ich die Platte höchstens 3 mal auf dem Dreher gehabt, durchgehört bis zum Ende? Ich kann mich nicht dran erinnern. Trotzdem wird das Album immer hier bleiben, zusammen mit den anderen von diesem genialen Pianisten.
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• Tom
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Habe auch die vinylversion.
Aber bestimmt schon 100 x gehört.
Sorry ich finde sie genial.
Gerade der unterschied von scheinbar orientierungslosem zwischenspiel zum nächsten unerwarteten harmonischen "Höhepunkt"
begeistert mich immer wieder.
Gehört für mich unverzichtbar in eine gute sammlung.
Aber wie sagt der kölner nicht umsonst: Jeder jeck is anders.
Gruß Helge
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• Tom
Ausgezeichnet. Unterschiedliche Meinungen beleben das Geschäft ungemein!
So muss das sein - und daraus gibt's viel zu lernen.
Bertram
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27.02.2013, 19:41
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27.02.2013, 19:50 von eric stanton.)
also ich habe die köln aufnahme auch vor jahren von einem freund geschenkt bekommen der seine vinylsammlung damals aufgelöst hat.
ich habe mich richtig gefreut war dann aber nach dem anhören eigentlich enttäuscht,habe mir eigentlich mehr erwartet.
seitdem habe ich vielleicht auch nur 2 oder 3 mal noch reingehört aber dann doch nie ganz durch.das wird nichts mehr mit mir und der aufnahme glaube ich.
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• Tom
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Gerade läuft:
bye, bye, blackbird
Das "mitswingen" vom Keith ist schon gewöhnungsbedürftig
Gruß
karsten
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• Tom
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Ich glaube ganz fest, er möchte noch ein weiteres Instrument sein
It's a long road between "wollen" and "können"
Ich oute mich mal als absoluten Liebhaber des "Köln Concerts".
Eine Rezension dieses Klassikers habe ich bislang noch nie gelesen - vielleicht zerstören Worte diese Klänge.
Ich liebe diese Musik jedenfalls sehr - sie trifft mich jedesmal auf´s neue mitten ins Herz - und hat mir schon manches mal geholfen, angestauten Frust zu überwinden.
Über eine hochauflösende Anlage abgehört, im abgedunkelten Raum, zur ruhigen Nachtzeit vielleicht, hört man nicht nur ´Keith´Genöle,
sondern auch seine Bewegungen, das leichte Rascheln der Armfalten seines Hemdes sowie viele andere Nebengeräusche, Stühleknarzen, Türschlagen usw.
Btw - oben las ich gerade "Jan Garbarek" - ebenso wunderbar, zeitlos schön, finde ich Garbareks Improvisationen zu den hochmittelalterlichen Chorälen des Spaniers
Christobal Morales - "Officium" - meine bevorzugte "Nachtmusik".
Man muß/darf Musik nicht erklären - sie spricht für sich selbst. Wenn sie Gefühle auslöst - kann es Schöneres geben ?
_____________________________________
Frank
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• Tom, Campa, putzteufelms
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Zitat:Man muß/darf Musik nicht erklären - sie spricht für sich selbst. Wenn sie Gefühle auslöst - kann es Schöneres geben ?
So gehe ich grundsätzlich an musik heran. Was tut das mit mir und meinen gefühlen.
Und da ich ungerne agressiv oder traurig bin, meide ich musik die das in mir auslöst.
Das Köln Concert baut mich zb. jedes mal auf und danach bin ich mit mir und der schöpfung wieder im reinen.
stanton : mein tip : Gib dem werk eine chance, wenn du mal zeit hast, laß dich daraus ein und höre sie mit muße durch, wer weiß...
Gruß Helge
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Zitat:stanton : mein tip : Gib dem werk eine chance, wenn du mal zeit hast, laß dich daraus ein und höre sie mit muße durch, wer weiß...
danke aber ich habe es ja schon 3 mal probiert.
die aufnahme berührt mich emotional einfach nicht das habe ich nach den 3 versuchen für mich rausgefunden und da lagen ja jahre dazwischen wo sich meine hörgewohnheiten auch teilweise verändert haben.
.
aber ich mag seine sachen die er mit dem garbarek aufgenommen hat gerne und gerade die hier schon vorgestellte my song höre ich gerne.
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Moin Rasselbande,
um das Thema zu beleben und um beim Klavier zu bleiben:
Wem die Köln Concerts noch zu "langweilig" sind, der höre mal bei Terry Riley in sein Lisabon Konzert... Habe das als DoLP... Gekauft, weil ich "In C" mag und dann gedacht, ist günstig für 12,99... Und um ehrlich zu sein: Ich gab dem Werk exact 20 Sekunden pro Seite!
Aber es mag an meinen falsch verdrahteten Synapsen liegen... (Die LP verkaufe ich dennoch demnächst hier im Forum)
Wer hingegen den Keith als etwas zu frei und unruhig empfindet... Und vor allem das "Gegrunze" nicht mag, der sollte sich mal "George Winston" antun.... Ja ja, dieser böse New Age Star aus den 80ern.... Aber "Autumn" und "December" sind wirklich sehr sehr entspannend und harmonisch und nicht zu Unrecht in hohen Stückzahlen verkauft worden! Der Jazzer und das Klavier sind eben nicht jedermanns Sache, genausowenig wie Chopin und etliche andere extrem hektische klassische Superkomponisten...
Peter
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Vor einigen Jahren ergab es sich, dass die erste Nacht in meiner neuen Wohnung die Silvesternacht war - ohne Möbel, nur eine Matratze und die Musikanlage nebst ein paar CDs waren da, die Katze auch. Ich war unglücklich (Gründe sind jetzt egal) und fühlte mich einsam, und als die Ballerei draußen losging (es war in Neukölln) kam ich mir vor wie ein vergessener Fisch in einem Aquarium, an dem lauter riesige Augen vorbeirauschen. Aus dem CD-Haufen habe ich dann ausgerechnet eine rausgesucht, die ich schon 10 Jahre oder länger nicht mehr gehört hatte, das war "The Köln Concert". Warum? Keine Ahnung, mir war plötzlich danach. Mittlerweile habe ich sie wieder auf LP und höre sie auch nicht (Wilfried, gimme five), aber sie gehört definitiv zu den Platten die nicht aussortiert werden, komme was wolle. Ich muss sie weder wöchentlich hören um sie in Reichweite wissen zu müssen, noch in Krisenzeiten, sie ist für mich auch mitnichten so etwas wie ein universelles Seelenpflaster.
Und auch dass manche Leute entweder mit seinem Gesumme oder mit seinem Klavierspiel (oder mit beidem) nicht klarkommen kann ich verstehen - mich selbst stört's aber nicht im Geringsten.
Sonst habe ich von ihm nur die "Still Live" (auf CD - da ist "Billie's Bounce" drauf, das auf der LP fehlt) und mag sie sehr, außerdem auf LP "Bremen/Lausanne" (maximale Punktzahl) "Personal Mountains" (Platz 2, trotz Garbarek* nur ein Stern weniger als "B./L.", und "Standards Live", die mir nicht so gut gefällt (die habe ich aber seltener gehört als die anderen). Auf "My Song" habt Ihr mich jetzt neugierig gemacht, die wird irgendwann auch hier sein...
(* zu Jan Garbarek... ich mag ihn nicht. Live durfte ich ihn auch schon erleben, auch da hat er mich nicht überzeugt - im Gegensatz zu Peter Erskine, der phantastisch war. Welche von seinen vielen Alben ich schon weiterverschenkt habe kann ich mich nicht mal mehr erinnern, geblieben sind nur zwei: "It's OK To Listen To The Gray Voice" und "For All Those Born With Wings" - wahrscheinlich zufällig, keine Ahnung)
Habt einen schönen Abend...
"He may look like an idiot and talk like an idiot but don't let that fool you. He really is an idiot." (Groucho Marx zugeschrieben)
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• bathtub4ever
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Ich sag mal : Wech kommt sie nicht.
Oft habe ich die beiden Platten nicht Gehört.
Nur man sollte sich darauf einlassen.
Man muss Kopfmässig dabei sein, sonst wird das nichts.
Irgendwie hat das doppel Album was.
Was .... weis ich nicht .
Aber nix zum trotz, da gibt es viele Alben, entweder man liebt sie oder ...
lg
Benno
Vinyl....the best
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