16.01.2011, 10:08
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.01.2011, 10:09 von spocintosh.)
Ja, wie woanders schon angedeutet, gibt's hier ein etwas größeres Projekt zu vermelden, das ich nun vor ein paar Tagen endlich beendet habe.
Vorgeschichte:
Von dem Vater einer Freundin habe ich 1985 eine GAS Thalia/Grandson Kombi bekommen, die bei ihm in der Ecke verschimmelte, nachdem er (was ich damals schon nicht verstanden habe und heute erst recht nicht) der Ansicht war, eine Quad 34/405-II Kombi wär doch besser...
Die Kisten haben sofort meinen HITACHI SR-903 in Rente geschickt, obwohl ich aus heutiger Sicht damals quasi nicht mal Lautsprecher hatte, die die Bezeichnung auch nur ansatzweise verdient hatten.
Seitdem kam und ging so einiges, die GAS blieben jedoch. Selbst die Harman Kardon Citation 16 konnte dem Grandson nicht das Wasser reichen. Die diversen Studioendstufen (Brysto, Yamaha, Glockenklang Bugatti, Quested, ATC etc.), mit denen ich zu tun hatte, waren zwar auch allesamt deutlich kräftiger, aber in puncto Musikalität war da im Vergleich völlige Fehlanzeige. Die GAS tut etwas, was ich bis vor einem Dreivierteljahr niemals woanders gehört habe: Sie benimmt sich nicht wie ein Verstärker, sondern eher wie ein Musiker einer eingespielten Band, die sich blind versteht. Sie groovt und gibt dem Ganzen irgendwie noch was mit, was sonst fehlt.
Ich bin inzwischen allerdings der Überzeugung, daß James Bongiorno, Firmeninhaber und Designerlegende allererster Güte (Dynaco, Marantz, SAE) das nicht zufällig hinbekommen hat, denn alle seine Designs zeichnen sich genau dadurch aus.
Ich nehme an, daß der Mann, der übrigens ebenfalls ein begnadeter Musiker ist, ohne diese Sorte Musikalität genau wie ich Musikreproduktion nur schwer ertragen kann.
Nun ist das Ding aber Baujahr 1979 und somit 30 Jahre alt, was leider bedeutet, daß die Kiste mal ein paar Neuteile spendiert bekommen sollte. Da ich andererseits aber nicht gerade Spezialist für Verstärker-Interna bin, sondern mich eher mit Kabeln und Lautsprechern auskenne, war klar, daß das eine Weile dauern würde.
Problem ist, daß ich wenn ich nicht hören kann, ich auch nicht arbeiten kann. Und ich kann nunmal nur damit hören. Von vielen meiner Geräte habe ich deshalb ein zweites Exemplar - die GAS sind aber erstens derart selten, daß sie eh keine Sau kennt und wenn sie jemand kennt, ist er ziemlich selten so blöde, sie herzugeben.
Hab ich mich also auf die Suche gemacht. Viel probegehört, ne Pass Forté 1a gekauft - war alles nix. Gut, die Forté war immerhin gut genug, um damit zur Not mal über die Runden zu kommen und durfte erstmal beliben. Auch ein Vincent SV 234 hätte übergangsweise bleiben können, war mir dafür aber echt zu kostspielig.
Dann fiel mir irgendwann wieder ein, daß Bongiorno nach 20jähriger krankheitsbedingter Auszeit wieder dem Wahnsinn anheim gefallen ist und es nochmal wissen wollte. Langer Odyssee kurzer Sinn:
Die Son of Ampzilla 2000 steht ja jetzt hier und macht alles, was ich mir nie vorstellen konnte, daß es gehen könnte.
Und Grandson konnte in die Reha.
Nun ist das Ganze nicht sooo einfach, denn außer dem immer gleichen Schaltplan, dessen Bezeichnungen nicht mit dem gebauten Gerät übereinstimmen, gibt es selbst im weltweiten Netz nichts.
Durch den Kauf der SoA mit James ja eh inzwischen in direktem Kontakt zu stehen, würde mir weiterhelfen, dachte ich mir. War dann auch so. Zwar hatte er absolut keine Lust, seinen Keller nach 30 Jahre alten Serviceunterlagen zu durchwühlen, aber er hatte ein paar Tips, die mich immerhin auf die richtige Fährte wiesen.
Das Design des Grandson ist gottlob derart einfach, daß selbst ich nach einem Internetrecherche-Crashkurs die Grundzüge seiner Topologie verstehen konnte.
Hier ist, was ich getan habe:
-Alle Lötstellen mit für mich spezialgefertigtem Silberlot erneuert
-Alle Elektrolytkondensatoren durch neue Nichicons ersetzt
-Alle Keramikkondensatoren von 10, 100 und 220 pF durch 1% Cornell-Dubilier Silber-Glimmer-Typen ersetzt, die ganz großen 50000pf hätten allerdings zwischen $60 und $160 pro Stück gekostet, weswegen ich mich dabei dann auf russische MIL-Grade 0.5%-Typen besonnen hab - ich brauchte nämlich 4 davon. Und die Dinger sind ganz bestimmt nicht schlechter als CDEs aus Malaysia...
-Eingangs-IC (bipolar) durch modernen AD 249 ersetzt (hab alternativ noch einen BurrBrown OP2604, den ich auf jeden Fall auch noch probieren werde).
-Eingangsbuchsen (waren schon lange nicht mehr die ganz billigen originalen aus Blech) nochmals ausgetauscht gegen Neutrik-Klinkenbuchsen
-Endstufentransistoren von Toshiba gegen modernere ON Semis getauscht
-Eine "unsachgemäße" Reparatur des rechten Kanals mit Transistor-Vergleichstyp in Ordnung gebracht, indem wieder der reingekommen ist, der da auch reingehört. Den hab ich dann der Symmetrie halber auch im linken Kanal gegen einen neuen getauscht
-Vergammeltes Ruhestrompoti gegen neues gekapseltes mit Schneckentrieb getauscht
-Keramik-Emitterwiderstände durch Caddock MP930 ersetzt, paarweise thermisch auf einem Kühlkörper gekoppelt
-Masse optimiert
-Verbindungen entsifft
James war dann leider zu beschäftigt, mir noch mit dem Ruhestrom behilflich zu sein und so hab ich mich dann an den Guru, der nach ihm kommt, gewandt:
Mike Bettinger, den Betreiber von gasaudio.net, dessen Name mir auch schon seit Urzeiten in den Ohren klingelt, wenn's um GAS geht. James haßt ihn zwar, aber gott nu. Der Mann hat einen Ruf, der einmal um die Welt geschallt ist und irgendwie hat man, außer von Bongiorno himself, noch nie was Schlechtes über ihn und seine Arbeit gehört.
Der hat sich 'n Ast gefreut, daß es noch mehr Verrückte gibt, mir dann schön die Werte durchgegeben und... - holla die Waldfee !
Die Kiste ist jetzt vier Tage gelaufen und damit noch weit davon entfernt, auch nur ansatzweise eingespielt zu sein, aber das Ausmaß, was ich da jetzt schon höre, hatte ich nicht erwartet.
War ne ganz gute Entscheidung, ma sagen.
Bin beeindruckt und erleichtert, daß alles gut gegangen ist.
Und im nächsten Beitrag gibt's Fotos.
Vorgeschichte:
Von dem Vater einer Freundin habe ich 1985 eine GAS Thalia/Grandson Kombi bekommen, die bei ihm in der Ecke verschimmelte, nachdem er (was ich damals schon nicht verstanden habe und heute erst recht nicht) der Ansicht war, eine Quad 34/405-II Kombi wär doch besser...
Die Kisten haben sofort meinen HITACHI SR-903 in Rente geschickt, obwohl ich aus heutiger Sicht damals quasi nicht mal Lautsprecher hatte, die die Bezeichnung auch nur ansatzweise verdient hatten.
Seitdem kam und ging so einiges, die GAS blieben jedoch. Selbst die Harman Kardon Citation 16 konnte dem Grandson nicht das Wasser reichen. Die diversen Studioendstufen (Brysto, Yamaha, Glockenklang Bugatti, Quested, ATC etc.), mit denen ich zu tun hatte, waren zwar auch allesamt deutlich kräftiger, aber in puncto Musikalität war da im Vergleich völlige Fehlanzeige. Die GAS tut etwas, was ich bis vor einem Dreivierteljahr niemals woanders gehört habe: Sie benimmt sich nicht wie ein Verstärker, sondern eher wie ein Musiker einer eingespielten Band, die sich blind versteht. Sie groovt und gibt dem Ganzen irgendwie noch was mit, was sonst fehlt.
Ich bin inzwischen allerdings der Überzeugung, daß James Bongiorno, Firmeninhaber und Designerlegende allererster Güte (Dynaco, Marantz, SAE) das nicht zufällig hinbekommen hat, denn alle seine Designs zeichnen sich genau dadurch aus.
Ich nehme an, daß der Mann, der übrigens ebenfalls ein begnadeter Musiker ist, ohne diese Sorte Musikalität genau wie ich Musikreproduktion nur schwer ertragen kann.
Nun ist das Ding aber Baujahr 1979 und somit 30 Jahre alt, was leider bedeutet, daß die Kiste mal ein paar Neuteile spendiert bekommen sollte. Da ich andererseits aber nicht gerade Spezialist für Verstärker-Interna bin, sondern mich eher mit Kabeln und Lautsprechern auskenne, war klar, daß das eine Weile dauern würde.
Problem ist, daß ich wenn ich nicht hören kann, ich auch nicht arbeiten kann. Und ich kann nunmal nur damit hören. Von vielen meiner Geräte habe ich deshalb ein zweites Exemplar - die GAS sind aber erstens derart selten, daß sie eh keine Sau kennt und wenn sie jemand kennt, ist er ziemlich selten so blöde, sie herzugeben.
Hab ich mich also auf die Suche gemacht. Viel probegehört, ne Pass Forté 1a gekauft - war alles nix. Gut, die Forté war immerhin gut genug, um damit zur Not mal über die Runden zu kommen und durfte erstmal beliben. Auch ein Vincent SV 234 hätte übergangsweise bleiben können, war mir dafür aber echt zu kostspielig.
Dann fiel mir irgendwann wieder ein, daß Bongiorno nach 20jähriger krankheitsbedingter Auszeit wieder dem Wahnsinn anheim gefallen ist und es nochmal wissen wollte. Langer Odyssee kurzer Sinn:
Die Son of Ampzilla 2000 steht ja jetzt hier und macht alles, was ich mir nie vorstellen konnte, daß es gehen könnte.
Und Grandson konnte in die Reha.
Nun ist das Ganze nicht sooo einfach, denn außer dem immer gleichen Schaltplan, dessen Bezeichnungen nicht mit dem gebauten Gerät übereinstimmen, gibt es selbst im weltweiten Netz nichts.
Durch den Kauf der SoA mit James ja eh inzwischen in direktem Kontakt zu stehen, würde mir weiterhelfen, dachte ich mir. War dann auch so. Zwar hatte er absolut keine Lust, seinen Keller nach 30 Jahre alten Serviceunterlagen zu durchwühlen, aber er hatte ein paar Tips, die mich immerhin auf die richtige Fährte wiesen.
Das Design des Grandson ist gottlob derart einfach, daß selbst ich nach einem Internetrecherche-Crashkurs die Grundzüge seiner Topologie verstehen konnte.
Hier ist, was ich getan habe:
-Alle Lötstellen mit für mich spezialgefertigtem Silberlot erneuert
-Alle Elektrolytkondensatoren durch neue Nichicons ersetzt
-Alle Keramikkondensatoren von 10, 100 und 220 pF durch 1% Cornell-Dubilier Silber-Glimmer-Typen ersetzt, die ganz großen 50000pf hätten allerdings zwischen $60 und $160 pro Stück gekostet, weswegen ich mich dabei dann auf russische MIL-Grade 0.5%-Typen besonnen hab - ich brauchte nämlich 4 davon. Und die Dinger sind ganz bestimmt nicht schlechter als CDEs aus Malaysia...
-Eingangs-IC (bipolar) durch modernen AD 249 ersetzt (hab alternativ noch einen BurrBrown OP2604, den ich auf jeden Fall auch noch probieren werde).
-Eingangsbuchsen (waren schon lange nicht mehr die ganz billigen originalen aus Blech) nochmals ausgetauscht gegen Neutrik-Klinkenbuchsen
-Endstufentransistoren von Toshiba gegen modernere ON Semis getauscht
-Eine "unsachgemäße" Reparatur des rechten Kanals mit Transistor-Vergleichstyp in Ordnung gebracht, indem wieder der reingekommen ist, der da auch reingehört. Den hab ich dann der Symmetrie halber auch im linken Kanal gegen einen neuen getauscht
-Vergammeltes Ruhestrompoti gegen neues gekapseltes mit Schneckentrieb getauscht
-Keramik-Emitterwiderstände durch Caddock MP930 ersetzt, paarweise thermisch auf einem Kühlkörper gekoppelt
-Masse optimiert
-Verbindungen entsifft
James war dann leider zu beschäftigt, mir noch mit dem Ruhestrom behilflich zu sein und so hab ich mich dann an den Guru, der nach ihm kommt, gewandt:
Mike Bettinger, den Betreiber von gasaudio.net, dessen Name mir auch schon seit Urzeiten in den Ohren klingelt, wenn's um GAS geht. James haßt ihn zwar, aber gott nu. Der Mann hat einen Ruf, der einmal um die Welt geschallt ist und irgendwie hat man, außer von Bongiorno himself, noch nie was Schlechtes über ihn und seine Arbeit gehört.
Der hat sich 'n Ast gefreut, daß es noch mehr Verrückte gibt, mir dann schön die Werte durchgegeben und... - holla die Waldfee !
Die Kiste ist jetzt vier Tage gelaufen und damit noch weit davon entfernt, auch nur ansatzweise eingespielt zu sein, aber das Ausmaß, was ich da jetzt schon höre, hatte ich nicht erwartet.
War ne ganz gute Entscheidung, ma sagen.
Bin beeindruckt und erleichtert, daß alles gut gegangen ist.
Und im nächsten Beitrag gibt's Fotos.