08.06.2017, 00:26
Mosbach: Da muß ich Dir leider recht geben - wahrscheinlich hatte ich bei den Kinks einfach eine falsche Erwartungshaltung. Das ist schon sehr exzellente Popmusik.
Was jetzt folgt ist aber sehr weit weg vom Pop, und irgendwie glaube ich doch sehr essentiell, auch wenn das für mich völliges Neuland und ein ziemlicher Brocken war...
[Gerade kommt mir die Idee, es ist vielleicht gar nicht so unpraktisch, die Platten durchzunummerieren, um das subjektive Gefühl von Fortschritt zu erzeugen und evtl. schnell auf andere platten verweisen zu können.]
Nummer 9 also hat mich wirklich geschafft, und ich hab auch nicht so richtig Ahnung, wie man das sinnvoll schreibt, viel zu viel Info... Es geht um einen Sampler namens Les Flemmes d'Enfer / Flames of Hell - eine Zusammenstellung von Cajun und Zydeco.
Die Platte ist 1989 auf dem feinen Münchner Label (jaa, sowas gibt's) Trikont erschienen, die Aufnahmen sind aber alle sehr viel älter, von wann genau, ist für mich nicht nachzuvollziehen, wohl aber aus der Zeit zwischen 1945 und 1970 (kann aber gut sein, daß ich falsch liege).
Bei Cajun handelt es sich um die traditionelle Musik einer Bevölkerungsgruppe von Frankoamerikanern, die sich selbst ebenfalls Cajun nennt, Menschen, deren Vorfahren nach einem britischen Sieg 1755 aus dem heutigen Kanada vertrieben wurden und sich in Louisiana niederließen, wo sie bis in die 1910er-Jahre praktisch keinen Kontakt zum Rest der USA hatten. In diesem Umfeld hat sich aus den alten Traditionen nicht nur eine eigene Sprache und Küche, sondern eben auch Musik entwickelt.
Dem Sampler nach ist Zydeco "der schwarze Bruder" dieser Musik - und da wird es interessant: Die Musik der Cajun vermischt sich mit der der schwarzen Sklaven aus Mississippi und Louisiana - und wenn man jetzt ganz, ganz grob verkürzen will, dann kommt man (ich) genao hier hin: Ohne Cajun kein Zydeko kein Delta-Blues, Jein Robert Johnson - keine Rolling Stones. Ui.
Die Musik selbst ist sehr archaisch, in Instrumentierung, Rhythmus und Darstellungsform - ich kann nicht genau abgrenzen, was Cajun ist und was Zydeco. Aber hört selbst - einige Interpreten von der Platte (allerdings nicht genau die jeweiligen Aufnahmen).
Die Aufnahme ist von den Balfa Brothers, die auch das titelgebende Stück geschrieben haben, allerdings wohl irgendwie nachträglich aufgehübscht, klingt auf Platte viel mehr lo-fi.
Diese Aufnahme von Lawrence Walker klingt schon mehr wie auf dem Sampler:
Ganz groß finde ich auch, daß eine Band namens Lawtell Playboys einen tiefreligösen Bandleader haben kann der als guter Katholik Vater von elf Kindern war - damals waren Playboys einfach Spielbuben. Schön. Das ist ziemlich sicher Zydeco:
Aber es gab auch direkte Berührpunkte, bzw. ist es wohl gar nicht immer exakt auszumachen, wohin einzelne Stücke gehören. Hier z.B. spielt Nathan Abshire (Zydeco) mit den Balfa Brothers (Cajun):
Höchstwahrscheinlich hab ich viele inhaltliche Fehler bzw. Unschärfen drin, aber voll alledem wußte ich bis gestern fast genau garnix. Daß sich das geändert hat liegt auch an der wunderbaren vierseitigen Beilage (gefühlt mit 8er-Schrift bedruckt - das Manuskript eines Radio-Feature des Südfunk von 1987, wenn ich es als Audiodatei bekomme, lade ich es hoch), die sehr beredt viel Facetten der Geschichte und Kultur dieses Landstrichs darstellt - wie sich die WASP (genau so werden sie genannt) gegen die kreolischen Katholiken stellen, wie auch reiche deutsche Protestanten dort Ländereien kaufen, (das meine ich manchmal im Akkordeonspiel zu hören...), wie dort gekocht wird - Jambalaya und und sonstige Verabrbeitungsformen von Krabben und und und. Das bekomm ich nicht lesbar hochgeladen, aber wen es interessiert, dem kann ich hochauflösende Photos zuschicken.
So, ab ins Bett...
Was jetzt folgt ist aber sehr weit weg vom Pop, und irgendwie glaube ich doch sehr essentiell, auch wenn das für mich völliges Neuland und ein ziemlicher Brocken war...
[Gerade kommt mir die Idee, es ist vielleicht gar nicht so unpraktisch, die Platten durchzunummerieren, um das subjektive Gefühl von Fortschritt zu erzeugen und evtl. schnell auf andere platten verweisen zu können.]
Nummer 9 also hat mich wirklich geschafft, und ich hab auch nicht so richtig Ahnung, wie man das sinnvoll schreibt, viel zu viel Info... Es geht um einen Sampler namens Les Flemmes d'Enfer / Flames of Hell - eine Zusammenstellung von Cajun und Zydeco.
Die Platte ist 1989 auf dem feinen Münchner Label (jaa, sowas gibt's) Trikont erschienen, die Aufnahmen sind aber alle sehr viel älter, von wann genau, ist für mich nicht nachzuvollziehen, wohl aber aus der Zeit zwischen 1945 und 1970 (kann aber gut sein, daß ich falsch liege).
Bei Cajun handelt es sich um die traditionelle Musik einer Bevölkerungsgruppe von Frankoamerikanern, die sich selbst ebenfalls Cajun nennt, Menschen, deren Vorfahren nach einem britischen Sieg 1755 aus dem heutigen Kanada vertrieben wurden und sich in Louisiana niederließen, wo sie bis in die 1910er-Jahre praktisch keinen Kontakt zum Rest der USA hatten. In diesem Umfeld hat sich aus den alten Traditionen nicht nur eine eigene Sprache und Küche, sondern eben auch Musik entwickelt.
Dem Sampler nach ist Zydeco "der schwarze Bruder" dieser Musik - und da wird es interessant: Die Musik der Cajun vermischt sich mit der der schwarzen Sklaven aus Mississippi und Louisiana - und wenn man jetzt ganz, ganz grob verkürzen will, dann kommt man (ich) genao hier hin: Ohne Cajun kein Zydeko kein Delta-Blues, Jein Robert Johnson - keine Rolling Stones. Ui.
Die Musik selbst ist sehr archaisch, in Instrumentierung, Rhythmus und Darstellungsform - ich kann nicht genau abgrenzen, was Cajun ist und was Zydeco. Aber hört selbst - einige Interpreten von der Platte (allerdings nicht genau die jeweiligen Aufnahmen).
Die Aufnahme ist von den Balfa Brothers, die auch das titelgebende Stück geschrieben haben, allerdings wohl irgendwie nachträglich aufgehübscht, klingt auf Platte viel mehr lo-fi.
Diese Aufnahme von Lawrence Walker klingt schon mehr wie auf dem Sampler:
Ganz groß finde ich auch, daß eine Band namens Lawtell Playboys einen tiefreligösen Bandleader haben kann der als guter Katholik Vater von elf Kindern war - damals waren Playboys einfach Spielbuben. Schön. Das ist ziemlich sicher Zydeco:
Aber es gab auch direkte Berührpunkte, bzw. ist es wohl gar nicht immer exakt auszumachen, wohin einzelne Stücke gehören. Hier z.B. spielt Nathan Abshire (Zydeco) mit den Balfa Brothers (Cajun):
Höchstwahrscheinlich hab ich viele inhaltliche Fehler bzw. Unschärfen drin, aber voll alledem wußte ich bis gestern fast genau garnix. Daß sich das geändert hat liegt auch an der wunderbaren vierseitigen Beilage (gefühlt mit 8er-Schrift bedruckt - das Manuskript eines Radio-Feature des Südfunk von 1987, wenn ich es als Audiodatei bekomme, lade ich es hoch), die sehr beredt viel Facetten der Geschichte und Kultur dieses Landstrichs darstellt - wie sich die WASP (genau so werden sie genannt) gegen die kreolischen Katholiken stellen, wie auch reiche deutsche Protestanten dort Ländereien kaufen, (das meine ich manchmal im Akkordeonspiel zu hören...), wie dort gekocht wird - Jambalaya und und sonstige Verabrbeitungsformen von Krabben und und und. Das bekomm ich nicht lesbar hochgeladen, aber wen es interessiert, dem kann ich hochauflösende Photos zuschicken.
So, ab ins Bett...