Es gibt inzwischen etliche Youtube-Kommentare zu dem Thema. Es ermüdet inzwischen etwas...
Was mir bei allen Kommentaren fehlt, ist die Hinterfragung von neuen Schallplatten und des aktuellen Schallplatten-Booms allgemein.
Warum das fehlt, ist mir auch klar: es handelt sich in der Regel um Sammler, die das kommentieren und warum sollen die Ihr eigenes Hobby schlecht reden? Natürlich versuchen sie auch argumentativ zu retten was wahrscheinlich nicht mehr zu retten ist.
Ich sehe das alles etwas kritischer:
Am aktuellen Schallplatten-Boom stört mich schon länger, dass 95 % der Neu-Erscheinungen digitalen Ursprungs sind. Für mich heißt das: das "Original", dem aktuelle Schallplatten zugrunde liegen, ist digital. Diese digitale Ursprungsdatei halte ich für erstrebenswerter als jede Schallplatte, die daraus geschnitten wird. Genau das ist jetzt im hochpreisigen High-End-Bereich angekommen.
Für mich stellt das jede Schallplatten-Liebhaberei, die auf aktuellen Schallplatten basiert, in Frage. Je hochpreisiger und intensiver das betrieben wird, desto unsinniger wird es.
Ich verstehe ja, dass die Janis Joplin Platte (siehe oben; als Beispiel) trotz allem super klingt. Die stand neulich bei "meinem Plattenladen" für schlappe 185 Euro (A&O in Düsseldorf, falls jemand Interesse hat
). Die Frage, die ich mir stelle: wie gut muss erst die digitale Datei klingen, aus der diese Platte (wahrscheinlich) geschnitten wurde?
Und: ist es nicht wesentlich einfacher aus einer solchen Datei das Beste an Klang herauszuholen als das über eine Schallplatte je möglich ist? Ist es nicht sogar ein unnötiger Umweg, das über Schallplatte zu machen? Diese Fragen würde ich mir in dieser Diskussion stellen....
Was wir hier zum großen Teil machen, ist ja etwas völlig anderes: wir sammeln oder haben aus der Vergangenheit Schallplatten, die vor der Digitalisierung rein analog entstanden sind und spielen das auf zeitgenössischem Equipment ab. Das ist ein ganz anderes Hobby...
Wenn ich mir eine neue Schallplatte wirklich mal kaufe, dann nur, weil ich ich es halt nett finde. Ich mag die großen Plattencover, ich hantiere gerne mit Schallplatten und habe dafür alles im Haus. Ich mache das aber nie, weil das angeblich so überragend klingt oder die Beste aller Möglichkeiten ist. Es klingt möglichst nett. Aber mehr interpretiere ich da für mich nie hinein. Wenn ich es wirklich "überragend" haben will greife ich zu HiRes oder SA-CD oder BluRay-Audio. Ich fühle mich aufgrund der aktuellen Diskussion bestätigt...
Für diejenigen, die sich haben blenden lassen und ja nicht nur in die Platten investiert haben, sondern auch in extrem aufwendiges Equipment, tut es mir ehrlich leid. Habt Ihr mal die Anlagen gesehen, auf der solche Sammler diese Editionen abspielen?
Wie gesagt: ich finde das ja auch faszinierend, welcher Aufwand dort getrieben wird und es hört sich bestimmt alles toll an.
Wenn sich aber als Resultat aus diesem Vorfall ergibt, dass es ehrlicher und besser gewesen wäre, wenn man statt einer Schallplatte einen Datenstick verkauft hätte (von mir aus mit "4 x DSD", was nichts anderes ist, wie ein sehr hochauflösendes DSD-File) und diesen mit einem handelsüblichen DAC abspielt (neue DAC's können das und ich habe mich schon gefragt, wer solche Daten liefern kann. Jetzt weiß ich es...). Das Ergebnis ist immer näher dran an der Technik, die dort verwendet wurde, als es jede Schallplatte es je sein kann.
Das muss für einen Sammler eine bittere Erkenntnis sein, die man nicht leicht zugeben kann und die bestimmt Zeit braucht. Aber alles andere ist (leider) nur noch schönreden...
Es ist ja nicht so, dass ich an anderer Stelle nicht auch einen Nagel im Kopf habe: ich habe mir gerade in Japan eine nur dort erscheinende SA-CD gekauft. TOTO IV ist gestern dort erschienen und ich habe sie bereits heute aus Japan hier vor mir liegen. Der "Spass" hat natürlich gekostet (Mit Zoll und Versand). Das besondere an dieser SA-CD: es ist eine Neuauflage einer längst vergriffenen Auflage, die die Original-Mehrkanal-Version enthält. Ähnlich wie die Japan-Version von Santana-Abraxas ist das in einer 7-inch-Verpackung liebevoll gestaltet.
Für 95 % der HiFi-Hobbyisten ist das wahrscheinlich entbehrlich und überteuert (ähnlich wie MoFi-Schallplatten). Für mich ist es das ehrlichere Produkt. Es versucht gar nicht erst etwas zu sein, was es nicht ist. Es ist 100 % digital. Es ist hochauflösend und für meine kleine Nische in diesem Hobby das Alleinstellungsmerkmal (bei aktuell kaufbaren Editionen), dass es Mehrkanal hat. Es war jetzt erst mal teuer: Richtig. Es kann auch sein, dass es als Import ähnlich wie die Santana in Deutschland landet (JPC o.ä.). Aber die werden das auch nicht verschenken können und es wird bei Sammlern einen gewissen Wert behalten. Auf Gewinn hoffen wäre Spekulation. Das ist wieder ein anderes Hobby...
Im Falle MoFi sind das auch die, die am lautesten schreien. In Amerika wird angeblich gerade eine Sammelklage gegen MoFi vorbereitet....