Eine der umfangreichsten Arbeiten, die ich jemals an einer Anlage durchgeführt habe, ist heute fertig geworden. Es hat mich rund eine Woche Arbeitszeit gekostet, die beiden Supergeräte der Marke Kenwood so hinzubekommen, wie jetzt da stehen. Es hat viel Freude gemacht, war aber auch von einigen nervigen Problemen begleitet. Eine unglaubliche Menge von Bauteilen, exakt waren es 90 Stück (!), wurde ausgewechselt - so etws geht nicht mal eben in 2-3 Stunden, zumal die speziellen Lampen dieser Geräte, zunächst aus ihrer Bajonettfassung heraus gepult werden müssen und dann eine neue, passende Lampe dort heingefieselt werden muss. Das dauert allein schon 3-4 Minuten - es sind aber 40 Lampen insgesamt!
Zunächst stelle ich Euch die Geräte vor: es handelt sich um die berühmte erste non-magnetic-Baureihe aus der extra-dry-Serie (gehobene Preisklasse, Typenbezeichnung beginnend mit einem L-) L-01A und L-01T, wobei A und T auf Amplifier und Tuner hinweisen. Zusätzlich hat der Verstärker noch ein Netzteil in einem Extragehäuse, welches sich L-01A-PS nennt und insgesamt vier Netztrafos enthält, jeweils einen für die Endstufen in Doppelmono, einen für den Vorverstärker und noch einen extra für den Phonovorverstärker.
Die Geräte sind seit Jahrzehnten, sie erschienen Ende 1979, dafür bekannt, dass sie zu den besten gehören, die jemals aus dem Hause Kenwood kamen (so wie eigentlich alle, die L-... hießen, mit Ausnahme der 08er, die nicht so gut waren). Mittlerweile werden Liebhaberpreise von rund 2.500 Euro für ein funktionierendes Set bezahlt! Der Verstärker leistet 2 mal 170 Watt sinus an 4 Ohm und das bei einem Dämpfungsfaktor von 1000 (allerdings bei 8 Ohm und 1kHz), zusammen mit dem Netzteil wiegt er 27 kg - der Tuner wird auf dem gleichen Level wie der KT-917 aus dem gleichen Hause bewertet. Insgesamt also ein Anlage, bei der man nicht mehr überlegt, was man sich als nächstes anschafft. Mit diesen Geräten ist man angekommen und kümmert sich nur noch um Software...
An dem Verstärker war viel, viel mehr zu machen, als das, was durch die Angaben des Besitzers zu vermuten war. Zunächst sind da mal 12 Relais zu erneuern, denn die gammeln alle ohnehin. Dann wie bereits erwähnt insgesamt 31 Lampen (zusammen mit dem Tuner) und, weil es leider eine unsachgemäße Vorreparatur gegeben hatte, mussten einige Transistoren (China-Fakes!) und falsche Emitterwiderstände (falscher Wert und keine Metallbandwiderstände, sondern solche mit Induktivitäten) augetauscht werden. Dann mussten noch vier Schalter erneuert werden, die teilweise nicht mehr einrasteten oder deren vorderes Kunststoffteil abgebrochen war. Zudem werfen wir bei allen Geräten aller Marken diese viereckigen Keramikkondensatoren heraus, weil die zumeist für richtigen Ärger (Schwingen) sorgen - das waren auch noch ma 16 Stück - und schließlich gab es auch noch ein paar Elkos, die es nicht mehr recht taten. Am umfangreichsten war jedoch die Arbeit des Nachlötens diese Platine aus dem Hause ELNA. Normalerweise liefern die eine gediegene Qualität, hier handelt es sich um doppelt durchkaschierte Platinen, mit Leiterbahnen auf beiden Seiten - deren Kupferbahnen bereist samt und sonders begonnen hatten, zu korrodieren und zwar unter dem Lötzinn! Es halt also nichts anderes als nahezu jede Lötstelle abzulöten, mit dem Glasfaserpinsel blank zu scheuern und dann neu zu verlöten. Und das mehrere hundert Mal... Das Ergebnis am Ende entschädigt aber für all die Mühen - die Geräte haben schon etwas Einmaliges an sich.
Ein Blick auf die Endstufen, die beide auf Steckkarten ausgeführt sind. Die Endtransistoren von Toshiba (2SA1095 und 2SC2565) sind unten an so genannten heat-pipes angebracht. In den Röhren befindet sich eine spezielle Flüssigkeit, die die Abwärme rasch an das andere Ende der Röhre befördert und an den Blechen dann abkühlt. man spart dadurch einen Ventilator. Unten (in blau) sind die neuen Relais zu sehen.
Diese kleinen blauen Takamisawa-Relais (vollgekapselt) in 9 V importieren wir extra aus den USA, weil es die hierzulande leider nicht gibt. Alle diese Relais ergeben den Eingangswahlschalter.
Die weissen runden Scheiben sind die Lampen in der Front, insgesamt 19 Stück - alle neu.
Da unten sieht man drei der insgesamt vier erneuerten Schalter.
Hier habe ich mal alle erneuerten Teile (nur des Verstärkers!) auf den Tisch gelegt.
Der Tuner L-01T ist ähnlich aufwändig gebaut und passt optisch perfekt zum L-01A. Hier ist sein 7fach-Drehko zu sehen, ein AM-Teil fehlt gänzlich.
Blick von oben in den offenen Tuner, jetzt hat der Drehko wieder seinen Abschirmdeckel drauf.
Blick von unten - mit großer Kupferabschirmung unter dem Drehko.
Auch hier wurden alle Lampen erneuert, der Tuner hat deren sogar 21 Stück!
So, nun aber genug Technik geschaut - jetzt kommen die Geräte von aussen an die Reihe:
Weil die mattscharz lackierten Holzgehäuse nicht mehr schön waren, hat unser Lackierer ihnen eine Spachtelkur und anschließend eine 80 Grad-Einbrennlackierung verpasst - das sieht nun wieder aus wie neu.
Der Verstärker von vorne, beleuchtet:
dito der Tuner:
Beide Geräte haben Besonderheiten bei der Beleuchtung: der Verstärker zeigt in rot an, ob die Lautsprecher eingeschaltet sind, in weiss ob das Subsonic-Filter ausgewählt ist oder ob man gerade Phono MM oder MC hört (können beide gleichzeitig angeschlossen werden!). Darüber hinaus werden die Hochpegelquellen mit kleinen roten Pfeilen, der Record-Out-Selector hingegen mit kleinen blauen Pfeilen angezeigt. Hier im Bild:
Seltener benötigte Bedienelemente werden unter einer schwarz lackierten Alu-Abdeckung unten am Gerät verborgen:
Beim Tuner wird im Normalfall nur wenig beleuchtet, nämlich der Bereich um die gewählte Frequenz herum:
Berührt man den Tuningknopf "erwacht" die gesamte Beleuchtung zum Leben...
...um sich nach einigen Sekunden dann wieder selbsttätig abzuschalten. Das wirkt wirklich extrem vornehm.
Da dieser Tuner ein Exportmodell ist, wurde die vorhandene, aber bereits deutlich ausgeleierte F-Buchse (das sind die, die wir alle von Satellitenempfängern kennen) gegen eine vorschriftsmäßige und nagelneue 75-Ohm-Koax-Buchse ausgetauscht. Alles klar für besten Empfang.
Und hier noch die obligatorischen Bilder der Rückseiten. Auch dort wurde klar Schiff gemacht.
Die beiden Geräte sind wirklich ein Sammlerrarität und werden im Laufe der Zeit immer wertvoller! Sie werden aber auch so gut wie nie angeboten.