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AXTON AX 80
#1
Ende der 80er und Anfang der 90er war ich bereits seit vielen Jahren hochgradig vom HiFi Virus befallen. Allein, es fehlte das nötige Kleingeld. Lehrjahre sind nun mal keine Herrenjahre...

So kam es, dass ich nach günstigen und guten Komponenten suchte. Zuerst wurde ich bei der Firma MIVOC fündig, die damals noch eine Repräsentanz in Solingen hatte. Dort wurde vergleichsweise sehr günstige Selbstbau-Boxen angeboten. Später tauchte die Marke bei Conrad & Co. auf und heute kennt man sie vor allem für preiswerte Subwoofer. 

Damals war das noch eine kleine Firma mit Eigenvertieb. Die Boxen (kleine 2-Wege-Standboxen) waren zwar "lustig", aber da war noch Luft nach oben...

In Düsseldorf auf der Steinstraße gab es die Firma ACR. Dort wurden vornehmlich Systeme fürs Auto verkauft. AXTON war eine Tochterfirma von ACR und ich kannte die eigentlich von Chasis fürs Auto. In meinem Opel Vectra hatte ich in der Hutablage ein fettes System von Axton. Zum Glück hatte ich damit nie einen Unfall. Die Hutablage wäre sonst wild im Fahrzeug umher geflogen. Das hätte böse enden können...

Völlig unvermittelt bot Axton/ACR auch Lautsprecherboxen an, bei denen das Gehäuse dabei war und man das nur selbst zusammen bauen musste. Der Preis lag bei 1.000 DM und das versprach über dieser Preisklasse hinaus Qualität. 


[Bild: Foto-17-08-21-14-31-32.jpg]

AXTON AX 80

Also habe ich mir diese Teile zugelegt und an einem Vormittag zusammen gebaut. Vom Klang war ich damals sehr begeistert und so blieben die Lautsprecher einige Jahre in meinem / später unserem Wohnzimmer. Was mich an den Boxen von Anfang gestört hat: Die Qualität war zwar insgesamt ok, aber das Furnier des Gehäuses war schon recht billig. So ein schwarzes Plastikfurnier in Holzoptik war schon in den 90s und in jungen Jahren schwer zu ertragen. Also habe ich damals überlegt, wie man das verschönern konnte. Meine Wahl fiel dabei auf einen Sprühlack in Steinoptik. Hört sich schlimm an, aber das funktionierte überraschend gut und sah um Klassen besser aus.

Erst als ich unbedingt Infinty Kappa 8.2 Serie II haben musste sind die AXTON in der Verwandschaft weiter gewandert und die Spur verlor sich irgendwann. 

Irgendwie habe ich denen immer nachgetrauert. Vielleicht, weil es die ersten "guten" Boxen waren, vielleicht aber auch, weil die Infinity nicht wirklich besser waren (zumindest nicht im normalen Umfeld).

Neulich las ich einen Artikel, wo jemand seine Boxen auf ähnliche Weise selbst gebaut hat und diese nach vielen Jahren nachgekauft hat. Dabei fielen mir natürlich die AXTON wieder ein und so habe ich in der kleinen Bucht mal geschaut.... Natürlich gab es ein Paar in erreichbarer Nähe zu einem akzeptablen Preis. Ich dachte, für 100 Euro kann man ja nichts falsch machen und mal sehen, wo mich das hinführt...

Da ich die Boxen mit einem Smart transportieren wollte, ging es erst Mal ans ausmessen. Mit umgeklappten Beifahrersitz sollte das eigentlich gehen...

Also habe ich mich mit dem Verkäufer geeinigt und habe die Boxen bei ihm aus dem Keller gezogen. Sein Vater hatte die wohl in den 90s gekauft und zusammen gebaut. Sie waren noch im Original-Zustand (siehe Bild oben). Abdeckungen gab es keine mehr, was mich aber auch nicht stört.

Also ab damit nach Hause und erst mal Bestandsaufnahme gemacht. Den Klang fand ich auch nach so vielen Jahren (und vielen anderen Erfahrungen) richtig gut. Für den Preis bekommt man richtig was geboten. Ob es wirklich "ein Lichtblick der 90er" im Bereich Lautsprecher ist, wie HiFi-Wiki das beschreibt, überlasse ich Euch, aber mich überzeugt das sofort. Saubere Höhen und Mitten und ein erstaunliches Fundament im Bass. So hatte ich das auch in Erinnerung. Echte Spaß-Lautsprecher... 

Aber dieses Gehäuse...und diese Lautsprecheranschlüsse.... Das entspricht nicht mehr meinem heutigen Verständnis. Das Gehäuse fand ich ja damals schon schwierig. 

Es wurde also der Plan entwickelt, was jetzt zu tun sei: Technisch schien ja so weit alles in Ordnung und beim Gehäuse musste ein "kreativer" Plan her. Sprühfarbe in Stein-Optik erschien mir zu simpel und das hatten wir ja schon mal. Ich dachte zunächst an Metall-Optik. Zufällig hatte ich in der Firma einen Prospekt bekommen, wo man Oberflächen in Betonoptik machen konnte. Das wäre es doch!

Nach ein wenig Recherche bin ich in einer Bastelecke des Internets auf ein Material gestoßen, mit dem man einen Betonstruktur selbst machen kann. Gedacht war das eigentlich für kleinere Flächen, aber es hörte sich ganz interessant an.

Dafür mussten folgende Arbeitsschritte ausgeführt werden:

- Ausbau der Chassis

Bei der Gelegenheit habe ich festgestellt, dass eine Sicke sich gelöst hatte. mit ein bisschen Kleber war das aber schnell behoben.

- Schleifen des Gehäuses

Erst 120er, dann 240er Schleifpapier

- Erstes aufbringen der "Betonmasse" mit einem Pinsel als "Voranstrich"

- Als nächstes wird die "Betonmasse" mit einem Spachtel flächendeckend aufgetragen. Dabei darf soll ruhig eine unregelmäßige Fläche entstehen. 

Dabei stellte ich fest, dass ich 6 Pakete (statt 2) von dem Material brauchte. War aber innerhalb eines Tages nachgeliefert.

- Die aufgetragene Fläche wird mit einem nassen Schwamm abgetupft. Dabei verflacht das Unregelmäßige etwas, Löcher werden geschlossen und es entsteht eine schöne Oberfläche

Das Ganze lässt man dann einen Tag trocknen. Die Masse wird steinhart und hat eine feste Verbindung zum Gehäuse. Die Farbe ist allerdings eher hellblau als grau. An der Stelle habe habe ich gedacht: das wird nichts! Aber es fehlten ja noch 2 Schritte:

- Wiederum mit einem Schwamm (der dabei war) verreibt man vollflächig erst eine dunkelgraue Acrylfarbe. Diese setzt sich dunkel in die Vertiefungen und bleibt hell an der Oberfläche. 

Dabei verfärbt sich das Material tatsächlich in einen authentischen Betonfarbton.

- Wenn das getrocknet ist geht man mit einem weißen/transparenten Acryl wieder mit einem Schwamm vollflächig darüber. 

Das weicht den Kontrast etwas auf und bringt eine zusätzliche Farbe auf die Fläche.

Als letztes habe ich alles zusammen gebaut und ein neues Lautsprecher-Terminal angelötet (von den simplen Klemm- auf Schraub- und Banana-Anschlüsse)

Ganz am Ende sieht dann so aus:


[Bild: Foto-25-08-21-13-28-35.jpg]

[Bild: Foto-25-08-21-13-28-47.jpg]

[Bild: Foto-25-08-21-13-29-01.jpg]

Ach ja, die Füße: aus irgendeinem Grund waren unter den Boxen M6 Gewinde angebracht. Dafür habe ich simple Schraubfüsse besorgt.


Ich weiß, man kann mich jetzt durchaus fragen, warum ich so viel Aufwand da hinein stecke. Zunächst einmal war der Weg das Ziel. Ich beschäftige mich halt gerne mit Oberflächen (ist wohl eine Berufskrankheit als Tapetenhersteller).

Und zweitens hatte ich mit den AXTON wohl noch eine Rechnung aus den 90s offen. Sie stehen jetzt in meinem Büro und laufen parallel zu meinen Pioneer HPM 110 und beides hat seinen Reiz. Auf Dauer werde ich mich wahrscheinlich von einem der beiden Paare trennen. Mal sehen, welches das sein wird...

Ich finde, dass die AXTON für um die 100 Euro und ein "bisschen" Arbeit und Material, was ich hinein gesteckt habe, eine Menge bieten.
Deshalb wollte ich Euch das nicht vorenthalten. Und vielleicht ist das ja mal ein etwas anderer Ansatz... 

Die Hoch- und Mittelton-Chassis erinnern mich sehr an MB Quart. Die Sicken der Mittel-/Tieftöner sind aus Schaumstoff. Machen bei meinem Paar aber einen tadellosen Eindruck (nachdem ich die eine wieder geklebt habe). Dafür, dass die Boxen mindestens 25 Jahre auf dem Buckel haben, finde ich das ganz passabel...

Muss mal mit Bildern der Boxen nach Hilden fahren. Die ACR-Jungs von damals haben dort weiter gemacht. Und die Marke AXTON gibt es auch noch (im Car-Hifi-Bereich).
Gruss



Michael

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Hi  

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#2
Hallo Michael,

das sieht ja sehr gelungen aus.... Thumbsup 

Wo gibt es denn diese "Betonmasse" zu kaufen?

Gruß
Tom
Ein Leben ohne Raumnadelsystem ist möglich, aber sinnlos.
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#3
Schöne Arbeit, Michael!
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#4
Das gab es am großen Fluss:

VIVA Decor
Gruss



Michael

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Hi  

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#5
Ja die Steinstraße war in den 80/90 der Hifi-Olymp. 
Überlebt hat ja nur direkt neben ACR die "Hifi-Referenz" und die ist nach Inhaberwechsel nur noch ein Schatten seiner selbst.

Ich bin ein Heimkind und äußere mich wegen dieser tüpartigen Diskriminierung nicht.
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#6
Das ging ja noch weiter. Auf der Verlängerung, der Friedrich Ebbert Straße, war Schlembach und gegenüber ein Musikmarkt.

Und Hifi Referenz kam erst spät dazu. Auf der Ecke war doch so ein großer Laden. Der Name fällt mir nicht ein. Der hatte immer ein ganzes Schaufenster mit gebrauchten Geräten. Die fand ich interessanter, wie die neuen Sachen.

Auf ACR bin ich aufmerksam geworden, als ich im vorbeigehen mal eine Sirene gehört habe. Das hörte sich so an, als wenn ein Polizeiwagen im Laden stand.. Das war aber ein Eckhorn, was die laufen ließen. Das werde ich nie vergessen...

Kult war dann noch oben an der Kö Evertz und später gegenüber dieser große Markt.

Und Richtung Bahnhof war auch noch ein großer HiFi-Laden. Dort habe ich die B+W Nautilus gehört. Hat mich aber weniger beeindruckt wie das Eckhorn...

Schande, dass das alles weg ist!
Gruss



Michael

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Hi  

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#7
Cooler Beitrag, sehr schön geschrieben! Mit Liebe und Einsatz nach deinen persönlichen Vorstellungen „verrascast“
Zimmerlautstärke ist...wenn ich die Musik in allen Zimmern gut hören kann Oldie
[-] 1 Mitglied sagt Danke an jagcat für diesen Beitrag:
  • HifiChiller
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#8
Klasse Aktion! Thumbsup
Erinnert mich an mein (noch immer unvollendetes) Audioplay Charly L - Projekt Floet
Hm, Betonoptik auf der runden Pappröhre, ob das gut geht? Hab' eigentlich nix zu verlieren...
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Drinks  "Those who say, money can't buy you happiness, obviously don't know where to shop!" Drinks
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#9
Hat Spaß gemacht zu lesen  Thumbsup Danke!

...aber auch meine Erinnerung an Conrad Tröten geweckt...

Zitat:Die Boxen (kleine 2-Wege-Standboxen) waren zwar "lustig", aber da war noch Luft nach oben...

Meine 1. Standboxen im Jugendzimmer hörten auf den Namen McFarlow und das Fazit war das selbe...
da war noch (viel) Luft nach oben  LOL
Ist das Hauptproblem der Menschheit, dass wir ein imperialistisches Gen haben?
Die Sonne scheint immer©
^ischreschminimiuf, isch... ^
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  • lyticale
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#10
Genau Micha, auf der Ecke und um die Ecke herum war Brandenburger. Da hab ich mir auch am Gebrauchtfenster die Nase platt gedrückt.

Insgesamt für Düsseldorfs Geldsäcke blamabel das es fast nichts mehr gibt. Von den "großen" ist nur noch Hifi Knopf auf der Aachener und Ulrike Schmidt auf der Prinz-Georg-Str. über. Der kleine Hifipalast noch. Allen drei gemein ist das die doch deutlich englisch ausgerichtet sind.

Ich bin ein Heimkind und äußere mich wegen dieser tüpartigen Diskriminierung nicht.
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#11
Interessantes Video zum Thema Axton gefunden. Es scheint "da draußen" noch mehr "Verrückte" zu geben, die sich dafür begeistern können:

Gruss



Michael

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Hi  

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#12
Schöne Geschichte. Die Betonoptik ist richig gut gelungen und geben den Boxen ein sehr interessantes Aussehen. Selbst wenn sie an deine Pios klanglich nicht ganz heranreichen sollten: Mir dünkt, du wirst dich früher oder später ärgern, wenn du dich von ihnen trennst.

BTW. In meinem Gefährt werkelt auch Axton im Gespann Endstufe und Lautsprecher.
Macht Laune ...
Man kann mir alles nehmen - nur meinen Humor nicht ...
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#13
(31.08.2021, 09:44)rascas schrieb: Interessantes Video zum Thema Axton gefunden. Es scheint "da draußen" noch mehr "Verrückte" zu geben, die sich dafür begeistern können:


Haha ich hau mich weg :-) Ja und der Verrückte ist auch hier schon ne Weile im Forum. Sammelt nur hauptsächlich TSM Lautsprecher. :-P Danke fürs Teilen. Hab gedacht ich verguck mich gerade als ich mein Video hier sehe. Ich hab auch die ganzen Unterlagen nach wie vor alle noch da. Drinks
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#14
Ich meinte natürlich positiv verrückt…  Freunde
Gruss



Michael

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Hi  

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#15
Habe den Bericht erst jetzt gelesen - tolle Story!  Thumbsup
Und das Ergebnis finde ich auch gut gelungen.

Die "Sprühgeschichte" in Steinoptik erinnert mich direkt an einen "Blumensockel", den ich vor ~20 Jahren mal aus MDF gebaut habe. Nach einer Anleitung aus so einer Zeitschrift à la "Schöner Wohnen". Damals in der ersten gemeinsamen Wohnung. Das Ergebnis sah nicht so toll wie bei dir aus, aber hatte was und stand dann drei Jahre im Wohnzimmer. Und wie das so ist, fällt mir dazu auch die nächste Geschichte ein: Vor ~2 Jahren habe ich den Blumensockel, der sein Dasein auf dem Dachboden fristete, ausmisten wollen. Für die Tonne war der viel zu schade, weil selbstgebaut. Also ab in die kleine Bucht damit. In der Beschreibung stand natürlich, dass das aus MDF gefertigt ist. Die erste Anfrage lautet dann gleich, ob ich garantieren könne, ob das Teil auch draußen auf der Terrasse bei "Wind und Regen" halten würde...da hab ich die Anzeige wieder gelöscht und das Teil steht weiter auf dem Dach.  Drinks
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