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Sony TC-K444 TapeDeck --> der geschenkte Gaul ...
#1
Dieses Deck wurde hier im Forum unter der Rubrik zu verschenken angeboten.
Es wäre defekt und vermutlich gibt es ein Problem mit dem Idler-Reifen.
Ich bin zwar kein Sony-Fan, aber Teileträger bzw. Ersatzteile kann ich eigentlich immer gut gebrauchen.
Daher sagte ich zu und erhielt das Gerät.

Wie grundsätzlich üblich, erfolgt erst mal eine optische Begutachtung.
Äußerlich sah die silberne Schachtel so aus:
[Bild: 20230215-143102.jpg]

[Bild: 20230215-150616.jpg]

[Bild: R-ckw.jpg]

[Bild: 20230215-150733.jpg]
Optisch gar nicht mal schlecht erhalten. Auch das Design der Front gefällt mir.
Auch die Ausstattung ist nicht so schlecht:
Laufwerk mit Doppelcapstan-Antrieb und 3-Kopf Bestückung. Daher mit Hinterbandkontrolle, was ich grundsätzlich gut finde.
Bereits hier gab es den Gedanken: Wiederbelebung ?
 
Ein Blick in den Behandlungsraum der Case:
[Bild: 20230215-155123.jpg]
Der Rec Kopf hat unschöne Schrammen bekommen. Ansonsten sah es ok aus. Die Andruckrollen sehen nicht verschlissen aus und sind nicht (wie bei Sony Decks der 90er gerne üblich) hart wie Knüppel.

Nun den Deckel runter und reingschaut:
[Bild: 20230215-151751.jpg]

Das Laufwerk:
[Bild: 20230215-151912.jpg]

Auch der Boden kann demontiert werden:
[Bild: 20230215-195341.jpg]

Nun sieht man auch, dass hier zwei ordentliche Schwungmassen drehen dürfen:
[Bild: 20230215-195442.jpg]
Die Flachriemen für Kopplung der Schwungmassen und Motorantrieb sind recht schlapp. Könnten das noch die Originalen sein ?

Im Innenraum sah alles vollständing und ok aus.
Also wurde der Netzstecker gesteckt und die Kiste eingeschaltet:
[Bild: 20230215-152616.jpg]
Beide Capstanwellen drehen und die Casenhinterleuchtung funzt.

Der Line-In wurde mit Signal versorgt:
[Bild: 20230215-152656.jpg]
Beide Kanäle sind am Start und können ausgesteuert werden.
Eigentlich finde ich LED-Ketten recht langweilig. Diese hier gefallen mir alllerdings. Wohl auch deshalb, weil alle Zahlen und Symbole im Display hinterleuchtet werden.

Dann wurde die Opfer-Case gesteckt und Play gedrückt - fast nix passierte. Nur der rechte Bandwickel drehte.
Umspulen lief zwar, machte aber unschöne Geräusche.

Dann versuchte ich das Laufwerk in Aufnahmebereitschaft zu bringen. Plötzlich klackte einer der beiden Plunger und der Kopfschlitten fuhr im Pausenposition.

Danach versuchte ich noch mal die Wiedergabe zu starten und siehe da:
[Bild: 20230215-153425.jpg]
Nun lief die Wiedergabe und die LED-Ketten zappelten. Auch konnte per Kopfhörer Musik gehört werden.

Allerdings, nach nur ca. einer Minute stoppte das Laufwerk plötzlich. Ich holte die Case raus und sah rechts eine raushängende Bandschlaufe. Aha ? War eventuell der Idler-Reifen dafür verantwortlich ?

Um es vorweg zu nehmen:
[Bild: 20230216-083244.jpg]
Nein, am Idler-Reifen liegt es eher nicht. Denn, es gibt hier stattdessen einen Zahnrad-Idler.
Was aber vermutlich bedeutet, dass der Wickelmotor aussetzt ? Kenne ich von Sankyo Laufwerken zu hauf.
Später ließ ich dann immer wieder eine Case laufen und konnte zufällig sehen, dass der rechte Bandwickel plötzlich stehen blieb. Also wie vermutet, Wickelmotor defekt.

Die Casenklappe wurde auch komplett demontiert, da sie beschädigt ist. Links ist ein Führungsstift abgebrochen. Die Feder, welche die Klappe aufdrückt wurde ausgehängt. Hier wurde wohl schon versucht zu retten, was nicht mehr zu retten ist ?

Zum Glück habe ich den abgebrochen Stift mit der Führung aufgespürt:
[Bild: Bruch-St-ck.jpg]

Die Einzelteile der Casenklappe:
[Bild: 20230220-113552.jpg]

Der abgebrochene Stift:
[Bild: 20230220-114121.jpg]
Ist glatt abgeschert.

Die Casenklappe wurde vermutlich deshalb beschädigt, weil der pneumatische Dämpfer keine Wirkung mehr hat.
Da springt dann die Caseklappe auf, wie von der Tarantel gestochen. Weil die unter ordentlich Federdruck steht und nicht mehr gebremst wird.

Kenne ich auch von Sankyo Laufwerken, bzw. alle Laufwerke, die einen pneumatischen Dämpfer haben. Die Manschetten verschleißen und irgendwann werden sie so undicht, dass im Zylinder kein Unterdruck mehr entsteht.
Ok, bis vor einigen Jahren konnte man diese Dämpfer einfach kaufen und nach dem Austausch war wieder alles i.O.

Hier bei Sony sieht es allerdings etwas anders aus:
[Bild: LWhiRe.jpg]
Da ist doch tasächlich der schwarze Pneumatikzylinder Teil des Laufwerks.
Wie hat man sich das bei Sony gedacht ? Wenn der Klappendämpfer defekt ist, einfach ein neues Laufwerk kaufen ?

Fortsetzung folgt ....

Gruß, Bob.
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#2
(21.02.2023, 19:27)AnalogBob schrieb: Wie hat man sich das bei Sony gedacht ? Wenn der Klappendämpfer defekt ist, einfach ein neues Laufwerk kaufen ?

Moin,
wahrscheinlich ist man davon ausgegangen, dass das Ding die 10 Jahre haelt, die man solchen Geraeten zubilligt.
Was man versuchen kann, auf "hydraulische Daempfung" umstellen:
Den Daempferkolben mit zaehem Silikonoel einsetzen, wahrscheinlich geht auch Silikonwaermeleitpaste.
Das funktioniert aber nur, wenn das freudig auf allen Oberflaechen herumkriechende Silionoel keinen Schaden anrichten kann.

73
Peter
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#3
Da das Laufwerk grundsätzlich funktioniert, wurden Tastscasen gespielt. Um Vorabmessungen zu machen.

Testcase Gleichlauf und TapeSpeed:
[Bild: 20230216-100706.jpg]

Ergebnis:
[Bild: W-F-Test-17-Feb23-Sony-TC-K444-Ende.jpg]
Der Gleichlauf ist schlecht und der TapeSpeed etwas zu schnell.

Testcase Wiedergabepegel:
[Bild: 20230216-101719.jpg]
Sieht ok aus.

Testcase Azimuth:
[Bild: 20230216-101940.jpg]
Hier ist Korrektur erforderlich.


Bevor mit der Instandsetzung der Casenklappe angefangen wurde, habe ich erst mal der Bandpfad ordentlich gereinigt:
[Bild: 20230216-131119.jpg]
So kann eine optimale Reinigung erfolgen. Die Andruckrollen sehen gut aus und sind griffig. Die Köpfe wurden zusätzlich poliert.

Auch die Schwungmassen wurden ausgebaut:
[Bild: 20230216-120959.jpg]

[Bild: 20230216-124018.jpg]
Die Flachriemen wurden vermessen. Leider hatte ich keinen passenden Ersatz verfügbar.

Auch die Schwungmassen wurden gereinigt und geschliffen:
[Bild: 20230216-125848.jpg]
Das Zinkdruckguß sieht noch gut aus. Es war so gut wie keine Pickelbildung sichtbar. Rissbildung (Zinkpesst) scheint hier kein Thema zu sein.

Die Capstanlager wurden nachgeölt und die Widerlager gefettet.
Auch die Motorwelle bekam ein Tröpfchen Gleitlageröl spendiert:
[Bild: 20230216-122659.jpg]

Die Flachriemen wurden gereinigt.
Nun wurde das Laufwerk wieder komplettiert.

Der Bandpfad wurde mit der Spiegelcase beäugt:
[Bild: 20230216-102512.jpg]
An der Führung rechts vom Rec/Play-Kopf lief das Band einwandfrei.
An der linken Bandführung krempelte es außen. Die Einstellschraube wurde ca. eine halbe Umdrehung nach links gedreht. Nun läuft das Band perfekt durch.

Reparatur der Casenklappe.
An der abgescherten Stelle wurde ein Loch gebohrt:
[Bild: 20230220-125605.jpg]
Nun konnte ein 2 mm Messingrohr per Presspass eingesteckt werden.

Dann wurde es auf die erforderliche Länge gekürzt:
[Bild: 20230220-133206.jpg]

Der originale Stift hat einen Durchmesser von ca. 2,4 mm. Damit nun die Führung nicht so wackelig auf dem 2 mm Messingrohr sitzt, wurde es mit etwas Tape aufgefüttert.
Sieht nun so aus:
[Bild: 20230220-133728.jpg]

Damit war der Rahmen der Casenklappe wieder betriebsfähig:
[Bild: 20230220-134023.jpg]

Auch die Abdeckung hatte sich in ihre Einzelteile zerlegt:
[Bild: 20230222-173833.jpg]
Wurde mit Kontaktkleber gefixt.

Der Kolben mit der Zugstange vom Klappendämpfer:
[Bild: 20230220-140120.jpg]
Wie zu erkennen, ist die Dichtmanschette ein einfacher O-Ring. Links das Originalteil, rechts ein O-Ring aus meinem Sortiment. Natürlich ist eine Spezialgröße erforderlich und die bietet mein Sortiment nicht.

Daher habe den Sitz am Kolben mit Tape unterfüttert:
[Bild: 20230220-141915.jpg]
Beim Einführen der Kolbenstange in den Zylinder war nun tatsächlich Widerstand spürbar. Zumindest eine Teilfunktion sollte damit wieder gegeben sein ?

Die Feder (drückt die Casenklappe auf) habe ich etwas nachgebogen, um etwas Druck zu reduzieren:
[Bild: 20230220-142250.jpg]

Der Rahmen wurde wieder mit Schwenkbügel und Casenandrücker komplettiert:
[Bild: 20230220-142630.jpg]
Die Feder ist bereits am Montageort und jetzt konnte die Casenklappe montiert werden.

[Bild: 20230220-150346.jpg]

Jetzt können Casen wieder wackelfrei geladen werden.
Nach Drücken der Eject-Taste wird die Klappe nun ohne halbe Lichtgeschwindigkeit geöffnet.
Das funktioniert tatsächlich besser, als erhofft.
Die Frontplatte wurde wieder montiert und das Laufwerk getestet. Lief problemlos.

Nun wurde nochmals die Testcase für Gleichlauf und TapeSpeed gespielt. Ergebnis:
[Bild: W-F-Test-18-Feb23-Sony-TC-K444.jpg]
Der Gleichlauf ist jetzt zwar immer noch nicht perfekt, aber akzeptabel. Vermutlich wird hier ein Satz neuer Flachriemen eine Verbesserung bewirken. Ich sehe hierfür allerdings momentan keine Notwendigkeit.
Der TapeSpeed wurde hier bereits eingestellt.

Der Eimer darf nun erst mal in den Teststapel und Zuverlässigkeit zeigen.
Das sieht hier derzeit so aus:
[Bild: IMG-20230220-181616.jpg]

Und noch ein Lütter (zur Endkontrolle) huckepack:
[Bild: IMG-20230220-181115.jpg]

Später kam dann ein Denon DR-M22 dazu:
[Bild: IMG-20230222-145555.jpg]

[Bild: IMG-20230222-150139.jpg]

Fortsetzung folgt ....

Gruß, Bob.
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#4
Hallo Bob!

Toll, dass Du den 444 so toll in Behandlung genommen hast und er wieder läuft!
Bei mir hätte er sich nur noch mehr totgestanden und das ist nicht meine Reparatursparte ;-)

Freut mich!
Danke für den Bericht!

VG
Harald
Sleep is an abstinence syndrom caused by lack of coffeine
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#5
...klasse!

Ich hatte Harald motiviert sich von so Manchem zu trennen - so schön die Geräte auch sind: Als alter Sonyfreak hat mir sogar solch ein 444 Schmacht beschert - Aber irgendwann ists auch mal gut, dann muss man sich mal konzentrieren wenn man älter wird - und auch schöne Dinge weiterreichen. Ich finde es wunderbar zu sehen: Du hast offensichtlich Freude gehabt das Deck wieder zum Klingen zu bringen!

Also....die A77´s alle zu Harald, die Plattenspieler zu mir und die Cassettendecks zu Dir :-)

Viele Grüße vom Nordeifelrand, Helmut
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#6
(22.02.2023, 19:00)AnalogBob schrieb: Die Köpfe wurden zusätzlich poliert.

Hallo Bob,

Glückwunsch zur erfolgreichen Restaurierung!
Wie und womit polierst Du die Köpfe?

VG, Christoph
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#7
Ob Köpfe nur gereinigt oder zusätzlich poliert werden müssen, zeigt eine optische Kontrolle.
Dabei werden die Köpfe mit Lupe und ausreichend Licht beäugt.
Dann werden die Köpfe mit Wattestäbchen und Isopropanol gereinigt.
Sollte danach immer noch keine saubere Oberfläche vorhanden sein, muss poliert werden.

Dazu nutze ich dann erst mal eine Cabrio Heckscheiben Politur:
[Bild: 20230329-091633.jpg]


Führt auch diese Maßnahme nicht zum erhofften Ergebnis, muss effektiveres Zeug ran.
Dazu nehme ich dann Polier/Schleifpaste aus dem Lackier-Bereich:
[Bild: 20230329-091334.jpg]

Selbstverständlich müssen diese Mittel mit Vorsicht verwendet werden, da es praktisch Schleifmittel in feiner/flüssiger Form sind.

Führen auch diese Mittel nicht zu einer ordentlichen Oberfläche der Köpfe, sind die für mich nicht rettbar.
Zwar gäbe es noch die Möglichkeit, die Köpfe zu demontieren, die Führung (falls vorhanden) zu entfernen und die Oberfläche des Kopfspiegels zu läppen (also mit z.B. 2000er Nassschleifpapier zu schleifen), aber dieser erhebliche Aufwand ist für einen Pragmatiker eigentlich nicht umsetzbar. Aufwand/Nutzen stehen in keinem akzeptablen Verhältnis.

Gruß, Bob.
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