05.07.2023, 16:34
Anfang Mai war ich zu Besuch bei Clearaudio in Erlangen. Dort feierte man das 45-jährige Firmenjubiläum und bot den Gästen tiefe Einblicke in die Fertigung der bekannten und geschätzten Plattenspieler, Tonabnehmer, Tonarme und Plattenwaschmaschinen.
Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an die Geschwister Veronika und Robert Suchy, die beiden Geschäftsführer von Clearaudio, welche den Betrieb von ihrem Vater und Firmengründer Peter Suchy übernommen haben. Ein solch herzlicher und offener Empfang der Gäste sowie die vielen Anekdoten beim Rundgang durch die Firma ist schon aussergewöhnlich und dabei so sehr sympathisch.
Lernen konnte man an diesem Tag sehr viel. Vor allem, dass herausragende Produkte "made in Germany" hier wirklich noch von Menschen in Handarbeit hergestellt werden. Von Mitarbeitenden, die sich immer wieder und täglich der Präzision verpflichten und ihre Arbeit mit sichtlich viel Spaß und Engagement erledigen. Und man versteht warum diese Produkte eben ein wenig mehr kosten als die in Großserie in Fernost hergestellten Brettchendreher.
Aber seht selbst ...
Los ging es natürlich im Showroom, hier sind gleich zwei Anlagen fest aufgebaut. Zunächst einmal die Master Innovation-Laufwerke an Burmester Elektronik und B&W Lautsprechern ...
... flankiert vom gesamten Line-up mit unzähligen Urkunden und Auszeichnungen der Fachpresse aus den letzten Jahren ...
... und dann noch das "ultimative" Statement-Laufwerk an sehr souverän aufspielender Elektronik von Octave mit Lautsprechern von Audio Physic.
Man beachte, dass auch hier fast ausschliesslich nur Produkte der anderen Hersteller "made in Germany" genutzt werden.
Einer der Kunden von Clearaudio ...
In Erlangen beschäftigt man sich ganzheitlich mit der analogen Wiedergabe. Dazu gehört auch die Herstellung eigener Tonträger.
In einem separaten Raum kann man bei Bedarf auf eine funktionstüchtige Neumann VMS 80 (oder war es eine 70 ?) zurückgreifen.
Und auch zwei Bandmaschinen Studer A80 dürfen hier nicht fehlen.
Im Regal gegenüber dann noch einige Spielzeuge die derzeit ausgemustert herumstehen ...
Nun ging es in die Fertigung. Im ersten Schritt konnten wir die Herstellung und Montage der Tonarme sehen.
Hier liegen die Bauteile eines Arms einmal ausgebreitet vor uns.
Montage und Zentrierung erfordern neben einem geübten Auge eine ruhige Hand und viel Sorgfalt.
Am Arbeitsplatz nebenan wird an einem anderen Modell die Innenverdrahtung hergestellt.
Hier werden die Netzteile montiert und getestet.
Kein Geheimnis, sondern offene Kommunikation - man ist auch für andere Marken als OEM-Hersteller oder auch als Baugruppen-Lieferant tätig.
Ein prominentes Beispiel dafür hier die Vorbereitung eines Auftrags zur Lieferung in die USA ...
Weiter ging es durch ein kleineres Material-Lager zur nächsten Fertigungsabteilung ...
Das Panzerholz für die Zargen wird von einem lokalen Betrieb zugeliefert. Sämtliche CNC-Teile werden im eigenen Haus hergestellt.
In Handarbeit entsteht hier z.B. der "Statement".
Gleich nebenan befindet sich der Maschinenraum mit den CNC-Fräsen.
Robert Suchy ist zu Recht Stolz darauf dass alle benötigten Werkzeuge im Haus hergestellt werden.
Die Entwicklung und das Design der Produkte geschieht natürlich ebenfalls in Erlangen. Wir durften ein Blick ins Design-Studio werfen.
Robert Suchy erklärt hier worauf es ihm beim Design eines neuen Modells ankommt und wie man mit Hilfe von CAD-Entwicklung und -Simulationen am Rechner eine Grundlage für erste Prototypen schafft.
Für Prototypen sind i.d.R. natürlich noch keine Werkzeuge vorhanden. Die macht man sich dann mittels 3D-Drucker einfach selbst.
Weiter geht der Rundgang in die nächste Abteilung.
Gut gelaunt erläutert Robert Suchy die Fertigung der Plattenwaschmaschine "Silent Double Matrix Professional".
Auf dem Tisch vor ihm liegt eine ( ! ) zerlegte Maschine. Dieser Aufwand ist einfach unglaublich.
Die Reinigungsleistung dieser Maschine ist beeindruckend, davon konnte ich mich bereits überzeugen. Einen Bericht dazu findet ihr übrigens hier:
Dagegen wirkt das kleinere Modell doch schon fast niedlich
Wer mir bisher gefolgt ist hat bereits einen Eindruck vom handwerklichen Können der Erlanger bekommen. In der nächsten Abteilung, oben in der 1. Etage des weitläufigen Gebäudes, ist mir dann aber die Kinnlade nicht mehr hochgeklappt. Dort werden die hauseigenen Tonabnehmersysteme hergestellt.
Begrüßt wurden wir von mehreren Chargen TA-Systeme welche auf die finale Inspektion vor der Auslieferung warteten.
Hier liegt ordentlich Geld auf dem Tisch
Und auch in dieser Abteilung fällt auf dass man nicht nur für die eigene Marke fertigt:
Eine Mitarbeiterin poliert von Hand das TA-System "Charisma". Robert Suchy erläutert uns den aufwändigen Prozess.
Hinterher fällt ihm auf dass er keine Handschuhe trägt ... das System muss zurück in den Korb und erneut poliert werden
Jetzt betreten wir das ganz große Kino.
Ein Mitarbeiter, ehemals Goldschmied und Uhrmacher, wickelt hier von Hand, mit maschineller Unterstützung, die Spulen der MC-Systeme.
Die Lötspitze hat eine Betriebstemperatur von 114 Grad Celsius. Der Draht wird daher mit einer Pinzette auf das Spulenrad gesetzt und mit einer Zange gespannt.
Zum Schluss noch den Draht abschneiden ...
... und fertig ist eine weitere Spule
Ja, ihr seht es richtig, das sind die fertigen Spulen eines Clearaudio MC-Tonabnehmersystems.
Von Hand gewickelt.
Der Draht ist gerade mal 0,018mm. Und das ist der dicke Kupferdraht. Für die hochwertigeren Systeme wird Golddraht verwendet, der ist nochmals feiner.
Also, aufgepasst und mitgemacht, der Meister zeigt noch einmal wie es geht:
Jede einzelne Spule wird unter dem Mikroskop überprüft.
Ja, das sind tatsächlich die kleinen roten Staubkörner in dem Kleenex weiter oben wenn man mit ordentlich Vergrößerung draufschaut. Und ein goldener Bruder gleich daneben. Ich finde es einfach unglaublich wie präzise die gewickelt sind. Den Draht konnte ich mit meinen Augen beim über die Schulter schauen gar nicht mehr erkennen
Ich ziehe meinen Hut und verneige mich demütigst vor solch einem handwerklichen Geschick
Die fertigen Spulen gehen nun einen Tisch weiter zur Montage, dort werden sie mit dem Diamanten und dem Nadelträger verheiratet.
Dabei wird jede Komponente einer weiteren Sichtkontrolle unterzogen und ggf. aussortiert sofern die strengen Vorgaben nicht eingehalten werden.
Zum Schluss folgen die akustische und elektrische Endkontrolle.
Vollkommen geplättet geht es zum Schluss in die Denk- und Testfabrik von Clearaudio.
Hier wird getüftelt, gedacht und ausprobiert, gemessen und entwickelt, gehört und verglichen.
Auf der to do-Liste stand gerade die Beschäftigung mit der Antriebseinheit, genauer mit der Motorsteuerung und den Pulleys.
Die beiden Jungs dort sind erfahrene Entwickler, geschulte Ohren, und vor allem echte Musik-Freaks. Danke für die vielen Hintergründe und Erklärungen
Auf dem Weg zurück in den Showroom kamen wir dann noch an dem ein oder anderen Exponat vorbei. Der hier hat mich beeindruckt, das Handy-Foto kann leider nur im Ansatz wiedergeben wie geil das Teil in natura aussieht:
Mit einem Glas feinem Weißwein in der Hand haben wir dann noch eine schöne Zeit im Hörraum verbracht. Der Tag war ein voller Erfolg.
Danke an alle bei Clearaudio
Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an die Geschwister Veronika und Robert Suchy, die beiden Geschäftsführer von Clearaudio, welche den Betrieb von ihrem Vater und Firmengründer Peter Suchy übernommen haben. Ein solch herzlicher und offener Empfang der Gäste sowie die vielen Anekdoten beim Rundgang durch die Firma ist schon aussergewöhnlich und dabei so sehr sympathisch.
Lernen konnte man an diesem Tag sehr viel. Vor allem, dass herausragende Produkte "made in Germany" hier wirklich noch von Menschen in Handarbeit hergestellt werden. Von Mitarbeitenden, die sich immer wieder und täglich der Präzision verpflichten und ihre Arbeit mit sichtlich viel Spaß und Engagement erledigen. Und man versteht warum diese Produkte eben ein wenig mehr kosten als die in Großserie in Fernost hergestellten Brettchendreher.
Aber seht selbst ...
Los ging es natürlich im Showroom, hier sind gleich zwei Anlagen fest aufgebaut. Zunächst einmal die Master Innovation-Laufwerke an Burmester Elektronik und B&W Lautsprechern ...
... flankiert vom gesamten Line-up mit unzähligen Urkunden und Auszeichnungen der Fachpresse aus den letzten Jahren ...
... und dann noch das "ultimative" Statement-Laufwerk an sehr souverän aufspielender Elektronik von Octave mit Lautsprechern von Audio Physic.
Man beachte, dass auch hier fast ausschliesslich nur Produkte der anderen Hersteller "made in Germany" genutzt werden.
Einer der Kunden von Clearaudio ...
In Erlangen beschäftigt man sich ganzheitlich mit der analogen Wiedergabe. Dazu gehört auch die Herstellung eigener Tonträger.
In einem separaten Raum kann man bei Bedarf auf eine funktionstüchtige Neumann VMS 80 (oder war es eine 70 ?) zurückgreifen.
Und auch zwei Bandmaschinen Studer A80 dürfen hier nicht fehlen.
Im Regal gegenüber dann noch einige Spielzeuge die derzeit ausgemustert herumstehen ...
Nun ging es in die Fertigung. Im ersten Schritt konnten wir die Herstellung und Montage der Tonarme sehen.
Hier liegen die Bauteile eines Arms einmal ausgebreitet vor uns.
Montage und Zentrierung erfordern neben einem geübten Auge eine ruhige Hand und viel Sorgfalt.
Am Arbeitsplatz nebenan wird an einem anderen Modell die Innenverdrahtung hergestellt.
Hier werden die Netzteile montiert und getestet.
Kein Geheimnis, sondern offene Kommunikation - man ist auch für andere Marken als OEM-Hersteller oder auch als Baugruppen-Lieferant tätig.
Ein prominentes Beispiel dafür hier die Vorbereitung eines Auftrags zur Lieferung in die USA ...
Weiter ging es durch ein kleineres Material-Lager zur nächsten Fertigungsabteilung ...
Das Panzerholz für die Zargen wird von einem lokalen Betrieb zugeliefert. Sämtliche CNC-Teile werden im eigenen Haus hergestellt.
In Handarbeit entsteht hier z.B. der "Statement".
Gleich nebenan befindet sich der Maschinenraum mit den CNC-Fräsen.
Robert Suchy ist zu Recht Stolz darauf dass alle benötigten Werkzeuge im Haus hergestellt werden.
Die Entwicklung und das Design der Produkte geschieht natürlich ebenfalls in Erlangen. Wir durften ein Blick ins Design-Studio werfen.
Robert Suchy erklärt hier worauf es ihm beim Design eines neuen Modells ankommt und wie man mit Hilfe von CAD-Entwicklung und -Simulationen am Rechner eine Grundlage für erste Prototypen schafft.
Für Prototypen sind i.d.R. natürlich noch keine Werkzeuge vorhanden. Die macht man sich dann mittels 3D-Drucker einfach selbst.
Weiter geht der Rundgang in die nächste Abteilung.
Gut gelaunt erläutert Robert Suchy die Fertigung der Plattenwaschmaschine "Silent Double Matrix Professional".
Auf dem Tisch vor ihm liegt eine ( ! ) zerlegte Maschine. Dieser Aufwand ist einfach unglaublich.
Die Reinigungsleistung dieser Maschine ist beeindruckend, davon konnte ich mich bereits überzeugen. Einen Bericht dazu findet ihr übrigens hier:
Zitat:https://old-fidelity-forum.de/thread-47983.html
Dagegen wirkt das kleinere Modell doch schon fast niedlich
Wer mir bisher gefolgt ist hat bereits einen Eindruck vom handwerklichen Können der Erlanger bekommen. In der nächsten Abteilung, oben in der 1. Etage des weitläufigen Gebäudes, ist mir dann aber die Kinnlade nicht mehr hochgeklappt. Dort werden die hauseigenen Tonabnehmersysteme hergestellt.
Begrüßt wurden wir von mehreren Chargen TA-Systeme welche auf die finale Inspektion vor der Auslieferung warteten.
Hier liegt ordentlich Geld auf dem Tisch
Und auch in dieser Abteilung fällt auf dass man nicht nur für die eigene Marke fertigt:
Eine Mitarbeiterin poliert von Hand das TA-System "Charisma". Robert Suchy erläutert uns den aufwändigen Prozess.
Hinterher fällt ihm auf dass er keine Handschuhe trägt ... das System muss zurück in den Korb und erneut poliert werden
Jetzt betreten wir das ganz große Kino.
Ein Mitarbeiter, ehemals Goldschmied und Uhrmacher, wickelt hier von Hand, mit maschineller Unterstützung, die Spulen der MC-Systeme.
Die Lötspitze hat eine Betriebstemperatur von 114 Grad Celsius. Der Draht wird daher mit einer Pinzette auf das Spulenrad gesetzt und mit einer Zange gespannt.
Zum Schluss noch den Draht abschneiden ...
... und fertig ist eine weitere Spule
Ja, ihr seht es richtig, das sind die fertigen Spulen eines Clearaudio MC-Tonabnehmersystems.
Von Hand gewickelt.
Der Draht ist gerade mal 0,018mm. Und das ist der dicke Kupferdraht. Für die hochwertigeren Systeme wird Golddraht verwendet, der ist nochmals feiner.
Also, aufgepasst und mitgemacht, der Meister zeigt noch einmal wie es geht:
Jede einzelne Spule wird unter dem Mikroskop überprüft.
Ja, das sind tatsächlich die kleinen roten Staubkörner in dem Kleenex weiter oben wenn man mit ordentlich Vergrößerung draufschaut. Und ein goldener Bruder gleich daneben. Ich finde es einfach unglaublich wie präzise die gewickelt sind. Den Draht konnte ich mit meinen Augen beim über die Schulter schauen gar nicht mehr erkennen
Ich ziehe meinen Hut und verneige mich demütigst vor solch einem handwerklichen Geschick
Die fertigen Spulen gehen nun einen Tisch weiter zur Montage, dort werden sie mit dem Diamanten und dem Nadelträger verheiratet.
Dabei wird jede Komponente einer weiteren Sichtkontrolle unterzogen und ggf. aussortiert sofern die strengen Vorgaben nicht eingehalten werden.
Zum Schluss folgen die akustische und elektrische Endkontrolle.
Vollkommen geplättet geht es zum Schluss in die Denk- und Testfabrik von Clearaudio.
Hier wird getüftelt, gedacht und ausprobiert, gemessen und entwickelt, gehört und verglichen.
Auf der to do-Liste stand gerade die Beschäftigung mit der Antriebseinheit, genauer mit der Motorsteuerung und den Pulleys.
Die beiden Jungs dort sind erfahrene Entwickler, geschulte Ohren, und vor allem echte Musik-Freaks. Danke für die vielen Hintergründe und Erklärungen
Auf dem Weg zurück in den Showroom kamen wir dann noch an dem ein oder anderen Exponat vorbei. Der hier hat mich beeindruckt, das Handy-Foto kann leider nur im Ansatz wiedergeben wie geil das Teil in natura aussieht:
Mit einem Glas feinem Weißwein in der Hand haben wir dann noch eine schöne Zeit im Hörraum verbracht. Der Tag war ein voller Erfolg.
Danke an alle bei Clearaudio