Ein sehr interessanter Vergleich gestern Abend. In der Summe kein echter Verlierer, denn beide Pressungen klingen gut, und für eine Aufnahme aus dem Jahr 1967 wirklich klasse.
Dennoch, es gibt Unterschiede die wohl auf das Ursprungsmaterial und das Mastering zurückgehen, und die sind während der gesamten Spieldauer präsent, lassen sich aber bestens an drei Titeln verdeutlichen.
Gleich im ersten Titel, "Do I Move You?", werden wir von einer spielfreudigen Band begrüßt, die nur so voller Energie und Leben und Spielfreude glüht.
Die Music-On-Vinyl (MOV) Ausgabe läuft leise und rumpelfrei, die Dynamik ist gut, der Punch beim Schlagzeug ist da, Ninas Stimme klingt gut ausbalanciert, nichts stört, kein "da fehlt doch was".
Auf die Speakers Corner (SC) gewechselt ... wow, was geht denn da ab?
Das ist auf einmal eine ganz andere Nummer, das geht ab als wäre man im Studio dabei. Die Kapelle spielt quasi zuhause vor dir im Raum, da ist gegenüber der MOV-Version die Handbremse raus, das ist Energie pur. Ninas Stimme ist weniger rauh, klettert noch viel höher hinaus, hat noch mehr Nuancen in der Modulation. Bass, Schlagzeug, die ganze Rhythmus-Einheit groovt so richtig, die Zwischenrufe und Atemgeräusche sind so nah, so real, da bist du dabei.
Was für eine Nummer ! Die Runde geht sowas von eindeutig an die SC
Plattenwechsel, Seitenwechsel ... "Since I Fell For You" ist ein weiteres wundervolles, emotionales Stück. Es klingt mit dem Schlagzeug aus, und diese kurze Sequenz allein zeigt schon wieder viel vom "Charakter" der beiden Versionen.
Die MOV stellt das Schlagzeug als Instrumentengruppe glaubhaft dar, lässt uns die einzelnen Anschläge, das Volumen und den Raum aber nicht so mittelbar erleben wie die SC.
Die Klarheit der SC, die Definition der Anschläge von Holz auf Fell, der Körper, die Rauminformation, alles ist klarer, deutlicher, größer und definierter, greifbarer dargestellt.
Den Abschluss dieser musikalisch empfehlenswerten Scheibe stellt die Eigenkomposition "Blues for Mama" dar.
Hier groovt die SC der MOV einfach davon, die Band spielt flüssiger, Nina steht im Raum, ihre Stimme, das Piano und die Mundharmonika setzen sich in der Natürlichkeit klar von der MOV ab.
Ist die MOV also eine schlechte Pressung oder Produktion ? Gar ein Fehlkauf ?
Nein, das würde ich nicht behaupten. Sie klingt rundum gut, wohlgefällig. Für eine '67er Aufnahme ist das obere Liga. Wer die SC Version nicht kennt wird vielleicht nichts vermissen.
Die SC wiederum ist ein Knaller. Souveräner in der Darstellung von Stimme und Instrumenten, dynamischer, klarer, bei einigen Titeln ja schon fast sowas von in die Fresse, dass die Kinnlade gar nicht mehr zugeht. Bei ca. 28 EUR für die MOV zu 35 EUR für die SC keine Frage was man kaufen sollte.
Interessanterweise kann man den Kontrastunterschied im Bild auf der Coverrückseite als visuelles Pendant zur klanglichen Darstellung heranziehen.
Bei der MOV ist alles irgendwie flacher, bei der SC mehr herausgearbeitet, deutlicher.
Gab es einen Verlierer an diesem Abend?
Ja, aber nicht eine der beiden Scheiben. Wir haben hinterher mal auf Qobuz geschaut, dort gibt es das Album in 44/16er CD-Qualität zu hören.
OK, keine Info zum Mastering, und natürlich via Bluesound Node 2 und nicht vom Dreher, also Äppel mit Birnen vergleichen.
Aber sowas von flach, scheppernd, nervig, zweidimensional und klein in der Abbildung, das mag man sich nicht antun.
Das ist keine Attacke auf Qobuz oder Streaming, nur eine Momentaufnahme aus einem musikalisch gelungenen, abwechslungsreichen Abend, der mal wieder zeigt, dass der "Rohstoff" Musik und wie sie uns physisch oder virtuell zugänglich gemacht wird eine entscheidende Rolle spielt für das "kann man hören" oder "was für ein Brett"-Gefühl.
Und wer bis hierhin mitgelesen hat, der weiß auch, dass diese Zeilen rein subjektive Eindrücke wiedergeben sollen und keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben.
Gehört wurde mit Audio Technica AT33E auf Pioneer PL-90 in Exclusive C5, dann weiter in Exclusive M6 und TAD-ME1.