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Hallo,
wie schon vor einiger Zeit versprochen: Der Umbau der Telefunken TL-500 zum "aktuellen" Lautsprecher.
Die TL-500 ragt aus einer endlosen Reihe von Regallautsprechern aus deutscher Produktion heraus, dazu aber gleich mehr.
Es handelt sich um einen Lautsprecher fürs Bücherregal - Anfang der 70er Jahre durchaus die gängige Aufstellung für Lautsprecher - von Telefunken.
Er ist knapp 36cm hoch, 26,3cm breit und nur 17,5cm tief, also tatsächlich regaltauglich.
Damit bleiben netto gerade einmal 12-13 Liter zur Verfügung. Das wäre für eine heutige Kompaktbox gar nicht mal so wenig, allerdigs hat man in der Telefunken sage und schreibe einen 20cm-Tieftöner verbaut. So etwas geht auch rechnerisch nur in einem geschlossenen Gehäuse und selbst dann riecht es nicht gerade nach einer üppigen Basswiedergabe.
Außerdem hat ein 20er schon ein ausgeprägtes Bündelungsverhalten bei recht niedrigen Frequenzen und benötigt einen Hochtöner, der sich schon bei tiefen Frequenzen einsetzen lässt, um das Abstrahlverhalten der Box nicht allzu unregelmäßig werden zu lassen.
Der Tieftöner, der Isophon PSL-203/35 stammt aus deutscher Fertigung. Ein klassischer Teiftöner mit Alnico-Magnet, einem Parametersatz, der auch nach heutigen Maßstäben noch sinnvoll aussieht. Die Hochtonkalotte stammt von SEAS aus Norwegen und wurde schon in der Dynaco A15 zu tausenden eingesetzt: Eine geradezu riesige 38-Millimeter-Kalotte mit Alnico-Magnet, die hinter ihrem charakteristischen Schutzgitter sitzt.
Beide Chassis sind von hinten in die Schallwand geschraubt:
Was wir hier sehen, ist ungefähr die Hälfte der Mineralwollfüllung der Boxen - die sind wirklich voll. Zum Schutz des Tieftöners sind daher die Löcher in dessen Korb mit einem luftdurchlässigen Gewebe zugeklebt.
Gut 4 Meter Zuleitung ist fest in die Box verlegt und hat den üblichen DIN-Stecker zum Verstärker. Es ist eine gute Idee, diese alte Zuleitung zu entfernen und durch ein Paar Klemmen in der Rückwand zu ersetzen.
Gruß
Thomas
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So, kommen wir damit mal zu den technischen Eigenschaften.
Ich werde bei Gelegenheit auch einmal Einzelmessungen zu den Chassis zeigen, denn die beiden hier verbauten sind durchaus interessante Treiber, die in der TL-500, so gelungen die Box sein mag, etwas unter Wert geschlagen werden. Neben der zu kleinen Gehäusegröße kämpfen die beiden Chassis mit dem versenkten Einbau und den scharfen Kanten der Schallwand.
Der Frequenzgang der Box sieht dann so aus:
Wir sehen einen ziemlich unruhigen Frequenzgangverlauf, der vor allem vom Bass und Grundtonbereich zu den Mitten und Höhen hin immer lauter wird. Das ist ein Unterschied von 6-7 Dezibel. Das alleine würde mich gar nicht so sehr stören - immerhin soll die Box ja ins Regal, wo durch die Schallwanderweiterung zumindest unterhalb von 500 Hertz ein Pegelgewinn stattfindet. Was nicht so schön ist: Die Stufe bei 2 Kilohertz (knapp oberhalb des Einsatzpunkts vom Hochtöner) und der Buckel bei 4kHz machen sich als Schärfe im Klangbild bemerkbar und auch der Peak bis 10kHz bei anschließendem deutlichen Pegelabfall zum Superhochton ist nicht unter "wohlklingend" zu verbuchen.
Dafür hat die Box für die Größe einen enormen Wirkungsgrad (ab dem Grundton) und braucht so gut wie keine Verstärkerleistung (das sind hier 2,83V und 4 Ohm, also etwa 2 Watt Verstärkerleistung für einen Durchschnittspegel von gut 90 Dezibel in einem Meter Abstand).
Das Abstrahlverhalten ist bis 8 Kilohertz etwa sehr gleichmäßig, danach bündelt der sehr große Hochtöner.
Ein anderes Exemplar der Box sieht etwas ziviler aus, was die Schwankungen angeht, hat aber grundsätzlich den selben Abstimmungscharakter. Hier ist der Hochtöner etwas besser, so dass diese Box als Basis für die Modifikation diente:
Anmerkung: Ich besitze inzwischen 10 Stück dieser Seas Kalotte und habe immer noch kein exakt gleiches Paar gefunden - die Streuung bezieht sich auf untere Grenzfrequenz, Absolutpegel und Verhalten oberhalb von 10 Kilohertz. "Bessere" Exemplare haben einen deutlich geringeren Pegelabfall bis 20 Kilohertz als die hier gezeigte Box. Ich meine auch, es gab mehrere Serien des Hochtöners, die alle leicht unterschiedlich waren. Nach Frequenzweiche sind die Unterschiede aber nicht mehr so groß.
Zurück zur Box:
Das Wasserfalldiagramm zeigt, dass die Box schnell abklingt und kaum Resonanzen hat, kein Wunder bei der Bedämpfung:
Die Klirrmessungen bei 85 und 95 Dezibel Durchschnittspegel zeigen ebenfalls, dass Chassis und Abstimmung einwandfrei funktionieren. Unterhalb von 100 Hertz steigt der Klirr recht steil an - hier fehlt die Unterstützung des Tieftöners durch ein Reflexrohr o.ä.
Und zu guter Letzt noch die Impedanzmessung. Glatter Verlauf mit einer Einbauresonanz des Tieftöners bei etwa 80 Hertz - da kann nicht viel Bass herumkommen.
Gruß
Thomas
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25.09.2017, 20:35
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.09.2017, 20:37 von tiarez.)
So,
das Anliegen war nun, die Box etwas tauglicher für freie Aufstellung zu machen. Ein Bassmonster wird sie aber nicht, zumindest nicht mit dem Standard-Gehäuse. Der Trick ist nun, den Mittel-Hochtonzweig etwas "herunter zu ziehen", ohne den Grundcharakter der Box komplett zu verändern. Außerdem würde ich es begrüßen, wenn die Stufe, die auf der Übernahmefrequenz liegt, einfach verschwinden würde.
Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Hat geklappt: Mit einer Änderung der Weichentopologie auf 18dB-Hochpass und -Tiefpass. konnte ich die Box deutlich linearer gestalten. Der laute Hochtöner wird mit einem Widerstand im Pegel reduziert. Kleiner Trick: Parallel zum Vorwiderstand sitzt ein kleiner Kondensator, der zum Superhochton hin immer mehr Pegel zulässt. Dadurch lässt sich der abfallende Frequenzgang des Hochtöners kompensieren.
Ich finde das Resultat recht gelungen: Es gib einen kleinen Buckel im Oberbass, verursacht durch die große Spule vor dem Bass, die schon den Grundton leicht runterzieht - danach folgt der Pegelanstieg, aber deutlich moderater als beim Original. Der Übergang zum Hochtöner ist deutlich besser geworden, lediglich eine kleine Resonanz auf der abfallenden Flanke des Tieftöners schlägt noch ein bisschen durch.
Gegen die Senke bei 5 Kilohertz lässt sich nichts machen, die wird vom rückseitigen Einbau des Hochtöners verursacht.
Gruß
Thomas
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Der Wirkungsgrad der Box ist natürlich jetzt niedriger als vorher - hier mal ein stark geglättete Vergleichsmessung im Raum:
Dementsprechend ist die ganze Box auch hochohmiger geworden:
In Sachen Klirr und Resonanzen ist die modifizierte TL-500 sogar noch etwas besser geworden.
Damit sollte sich die TL-500 auch auf Ständern im Raum betreiben lassen, gerne mit einer Rückwand in der Nähe. War Lust auf einen weitergehenden Umbau hat, der kann gerne ein größeres Gehäuse bauen - ich überlege gerade, wie man das Originalgehäuse nicht-destruktiv nach hinten erweitern kann. 30 Liter sind dem Tieftöner nicht zu viel, ab diesem Volumen kann man auch mal über Bassreflex nachdenken.
Gruß
Thomas
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26.09.2017, 07:36
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.09.2017, 07:37 von rolilohse.)
Hallo Thomas,
klasse Aktion und tolle Doku! Mir stellen sich jetzt zwei Fragen:
- Wie klingen die Kisten jetzt - vielleicht haben die TL-500 ja gerade ihren Reiz durch die Imperfektion?
- Wo ist die Weichenschaltung?
Gruß Roland
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So, ich bin jetzt in unserem Hörraum mal eine Stunde vor den überarbeiteten TL-500 gesessen. Leider war heute aber erst einmal eine Menge Umbauarbeit bei der zweiten Box angesagt, denn erstens hatte ich diverse Bauteile in der zweiten Weiche, die NICHT den aufgedruckten Werten entsprachen (JA, da war auch ein Elko dabei, aber sogar eine Spule mit 0,56mH hatte real 0,71mH(!)).
Und dann die bittere Erkenntnis, dass die Boxen immer noch nicht gleich waren, weil hier beim Hochtöner die Impedanz und damit der Pegel nicht passte. Nach individuellen Anpassung ist jetzt alles aber so ähnlich, wie es ab Werk normal nicht erreicht wird.
Da die Boxen sicherlich einige Jahre nicht gespielt haben, möchte ich auch noch kein endgültiges Urteil abgeben. Ich kann aber soviel sagen:
Der Übergang zwischen Tief- und Hochtöner ist gut geworden - die Schärfe, die die originale TL-500 hatte, ist völlig weg, ohne dass die Frische oben raus fehlt. Durch den glatteren Hochtonverlauf finde ich meine TL-500 auch deutlich eleganter im Sound. Stimmen klingen jetzt auch deutlich plastischer: Es gibt Kehlkopf und Brust, um es mal so zu formulieren.
Nach unten hin wird es etwas dünner, wie die Messungen auch zeigen. Bei niedrigen Pegeln würde ich auch jetzt noch zum Klangregler greifen und LEICHT nachregeln - Loudness zur Not, ist aber eigentlich zu viel, außer man hat Yamaha ;-)
Ab mittleren Lautstärken kommt aber jetzt erstaunlich Punch im Bass und sogar die ganz tiefe Oktave ist da, wenn natürlich nicht dominant. Näher an der Rückwand wirds dann noch etwas voller - zu nah würde ich aber nicht rangehen, sonst vermatscht man sich die wunderbare Auflösung und Neutralität der Box.
Gruß
Thomas
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Hallo,
bin vor einiger Zeit auf das interessante Thema Telefunken TL 500 durch den Tip eines Bekannten gestoßen. Bin gerade dabei dei Originale TL in eine größeres (Vintage-)Gehäuse zu bauen. Vorher habe ich mal die Weichen kondensatormäßig auf einen ordentlichen Folienkondensatorstand gebracht, dabei aber nicht das originale Katastophen Layout verlassen. Nach dem Umbau soll das aber anders werden. Wenn ich schon dabei bin wollte ich auch gleich die Spulen wechseln zu ordentlichen Folienspulen. Weil das was da bisher an Klang rauskommt die Hoffnung zuläßt das sich die Folienspulen extrem klangaufwertend dazu gesellen werden.
Dabei habe ich folgende Werte gemessen:
Dr1 Telefunken Filterdrossel EL 48 gemessen 0,78 mH (Angabe gelesen 1,4mH) hat da jemand anders MessWerte?
Das Layout von OLD FIDELITY stimmt ansonsten mit meinem Weichenstand überein
Dr2 gemessen 0,3 mH (Angabe gelesen 0,34 mH) (der Wert wäre ja soweit o.k.)
KANN DA IRGENDWER LICHT IN MEIN DUNKEL BRINGEN?
Hat da schon wer auch gemessen und revidiert?
DANKE FÜR EURE HILFE IM VORAUS
herzlichen Gruß
Eduard
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(15.11.2021, 17:41)Eduard08 schrieb: ... die Folienspulen extrem klangaufwertend ...
Erwarte dir nicht zuviel, die hauptsächliche Wirkung der Spule hängt von der Induktivität ab und nicht von der Bauform
Viele Grüße
Lukas
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