Oh mann. Noch ein Fred, der mir das Postfach verstopfen wird...weil er sich mit etwas beschäftigt, das sozusagen eine der wesentlichen Grundlagen meines Lebens berührt.
Fangen wir mal mit einem der Hammer schlechthin an, dem ersten kommerziell gefertigten und zugleich unbekanntesten aller Synthesizer-Urväter, einem Röhrenmonster, das von 1938 bis 1942 von der Hammond Organ Company gebaut wurde. Allein in den Oszillatorbänken finden sich 146 Röhren, Netzteil und Verstärker noch nicht mitgezählt.
Es gibt zwei komplett Wahnsinnige, die sich die Restauration dieser Monstrosität angetan und sie auch noch dokumentiert haben, einen in den USA und einen Engländer.
Dazu kann ich gar nicht viel sagen, das muß man gesehen haben, erst recht, wenn man sich in einem Vintage-Geraffel-Forum aufhält:
http://discretesynthesizers.com/nova/intro.htm
http://www.novachord.co.uk/index.htm
Das nur als Intro, ich oute mich hier mal dergestalt, daß ich nicht nur HiFi-Altmetall sammle, sondern auch ein Vintage-Museum an Synthesizern horte. Ursprünglich natürlich, weil mich die Musik voll dieser neuen Sounds fasziniert hat, nachdem ich sie erstmal entdeckt hatte.
Aaaalso, wenn man schon völlig zu Recht bei deutschen Elektronikpionieren landet, dann steht vor Kraftwerk und allen anderen aber vor allem
NEU!.
Über den Einwand, Conrad Schnitzler und Kluster anzuführen, bin ich natürlich besonders dankbar, durfte ich doch mit diesem lieben Menschen, der letztes Jahr verstarb, einmal ein ganzes Album aufnehmen.
Und natürlich ist erwähnenswert, daß Conny Plank nicht nur NEU! und Kraftwerk produziert hat, sondern neben unzähligen anderen auch das erste Album der genialisch-großartigen und immer noch aktiven, von Bruno ins Feld geführten Devo "Q: Are we not men ? A: We are DEVO" und diversen Ultravox-Alben, von denen die frühen natürlich sehr deutlich an Roxy Music's Eno-Zeit gemahnen.
Einen kleinen Ausfallschritt nach Italien etwas vorher erwähnen wir nicht nur der Vollständiglkeit halber, sondern auch deshalb, weil das Video einfach so geil ist und den Song, genau wie
Popcorn auch eindfach
jeder kennt, die meisten ihn aber vergessen haben werden:
Wobei wir dann aber beim nächsten wichtigen Schritt sind, nämlich dem nach England.
Denn von Kraftwerk abgesehen, waren (und sind) die zwar insidermäßig verehrten zahlreichen deutschen Vetreter zwar in der Nerdfraktion präsent und immer wieder erwähnt, aber eben doch sterbenslangweilig und alles andere als innovativ.
Zumindest, wenn man es danach bemißt, daß spätestens mit J.M. Jarre's weltweiter Hitparadenbelegung Sample&Hold/Step-Sequencergedudel im Mainstream angekommen war und damit für ernsthafte Innovation verloren.
Da mußten dann Namen wie John Foxx, Fad Gadget, Daniel Miller, Vince Clarke, Andrew McCluskey, David Ball und vor allem The Human League und Gary Numan mal kurz übernehmen, und genau an der Stelle begann mein Einstieg. Das Hippiegedröhne hab ich erst später kennen- und nur zum Teil auch schätzen gelernt. Mich hat eher die DIY/Punk-Attitüde angefixt, die Demokratisierung des Musikmachens.
Und vor allem diese Künstler waren es denn auch, die die Elektronik unverzichtbar dorthin geführt haben, wo sie heute noch ist, nämlich raus aus der Avantgarde- und Kunst-Ecke hin zu echter musikalischer Innovation.
Ich könnte Stunden darüber referieren, denn das Zeug macht einen wesentlichen Anteil meiner Musiksammlung aus, belasse es aber hier mit einigen Meilensteinen zum Reinhören, die mich und mein ganzes Leben und Wirken maßgeblich geprägt haben.
Unangefochten der größte Einschlag überhaupt:
Was hat das mit Elektronik zu tun ?
Kate Pierson spielt den Bass auf einem Moog. Das hat mir den Atem geraubt, ich stand das ganze Konzert direkt vor ihr und konnt's nicht fassen. Eine unspektakuläre Berührung dieses wirklich unscheinbaren Geräts und der Druck einer 35Hz-Rechteckwelle dreht einem den Magen um.
Diese Erlebnisse sind es, die mich heute nur gequält lächeln lassen, wenn mir jemand erzählen will, daß Bässe aus Infinity- oder Quadral-Schrott irgendwas mit Druck oder realistischer Wiedergabe zu tun hätten.
Neben den B-52's gab es in der jüngeren d.h. von mir miterlebten Musikgeschichte nur noch drei, vier andere Meilensteine aus den USA: Devo, Ramones, Prince und BT.
Und damit hat es sich denn auch zum Thema musikalische Innovation.
Zweitens:
Ebenso wie die B-52's in der Hamburger Markthalle live erlebt. Man kann auch das nur schwer erklären, allenfalls feststellen, daß es ein Kulturschock par excellence war. Diese lässige Tightness ist bis heute unübertroffen. Kann sich jede Jazzcombo ungefähr 20 Scheiben von abschneiden, bevor sie jemals so cool werden.
Deise Japaner sind sowieso in allem, was sie tun, total Punkrock. Egal, ob sie Tonarme konstruieren, musizieren (ich erwähne nur am Rande mal stellvertretend Hiromi Uehara) oder so ungefähr alles, was es auf der Welt an Skurriitäten so gibt, frenetisch übertreiben (Hardrock, Comics, Ekelfernsehen oder Hightech-Toiletten).
Drittens:
Mein erstes Konzert üerhaupt. ich wußte nicht, daß es bei Konzerten Vorgruppen gibt und so hab ich mich einfach ne ganze Weile lang gewundert, daß das so anders war als erwartet und ich gar keinen Song kannte.
Dann, nach einer Weile, hob ich einen Flyer vom Boden auf und las etwas von Special Guest: Simple Minds. Aha. Was auch immer das bedeuten soll...
Die durften ja auch nur ne halbe Stunde spielen und dann ging das Licht wieder an. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob das so alles in Ordnung war, aber da alle Laute in der Hamburger Musikhalle (ein wirklich ehrwürdiges Gemäuer, so mit Blattgold an den Rängen und Barockdeko) an ihren Plätzen blieben, blieb ich auch und harrte der Dinge.
Dann Licht aus und, entschuldigung - ich muß mal kurz meinen Unterkiefer vom Boden aufsammeln - DAS war mal High Fidelity ! Was für ein unfaßbares Brett, das einen da anfönte.
Polymoog's "Vox Humana", Minimoog-Bässe und Arp Odyssey verdichten sich zu einer elektronischen Sinfonie erster Güte und schreiben mir unwiderruflich die Elektronikmanie in die Gene:
Imagine 120dB SPL.
Und natürlich kenne ich Delia Derbyshire. Da gibt es doch diese wunderbare BBC-Doku über den Radiophonic Workshop.
Und die originale BBC-Ausstrahlung von "The Hitchhiker's Guide To The Galaxy" hab ich natürlich auch noch auf 120er Cassetten.