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Altes Geraffel, neu vermessen: Yamaha NS-590
#1
Hallo,

auf meinem aktuellen Kreuzzug in Sachen Mehrwege-Monitor ist mir letzte Woche im Marktplatz ein Paar Yamaha NS-590 begegnet. 
Von der Nomenklatur her war ich erst einmal nicht beeindruckt, dachte ich mir doch, dass eine 590 ja noch einmal deutlich unter der 690 angesiedelt sein müsste, die momentan meine Hauptlautsprecher zuhause sind. 

Weit gefehlt: Die 590 sind merklich größer als die 690 und unterscheiden sich noch in anderen Punkten vom Monitor-Klassiker, vor allem in Sachen Stückzahlen: Die 590 hatte eine deutlich kürzere Bauzeit als die 690, war also trotz des um etwa 15% günstigeren Verkaufspreises nicht der durchschlagende Erfolg. Vielleicht war zu der Zeit neben der alles überragenden NS-1000 und den beiden kleineren NS-690 und NS-670 einfach kein Platz mehr auf dem Markt. 

Die beiden Boxen, die ich heute auf einem Autobahn-Rastplatz (nach Ebay der Hauptumschlagplatz für altes Hifi) entgegennahm, sind diese hier:

Originaler Verkaufsthread


Das sind Rieseneimer - definitiv größer und auch etwas schwerer als die NS-690, im Format ziemlich genau so groß wie die NS-1000M, aber nicht ganz so massiv und schwer. 


[Bild: IMG_4525.jpg]

Wir sehen: Ein 30-Zentimeter-Tieftöner mit Gummisicke und relativ weicher Aufhängung. Den Hochton übernimmt eine Beryllium-Kalotte (!), die aus der NS-1000 übernommen scheint, im Servicemanual aber eine andere Typenbezeichnung hat. 
Die große Ausnahme im Yamaha-Programm um 1980 bildet der Mitteltöner: Statt einer Kalotte übernimmt hier ein Konustöner den sehr weit gefassten Bereich von 700 Hertz bis 6000 Hertz - er spielt damit sogar noch weiter hoch als die Kalotten bei den Stallkolleginnen. Der Mitteltöner ist bretthart aufgehängt - ein reinrassiger Spezialist in seinem Bereich.

Wie bei Monitoren üblich sind Mittel- und Hochtöner in einem weiten Bereich regelbar - wobei hier der obere Anschlag "Norm" heißt und beide Treiber dann heruntergeregelt werden können - dazu aber gleich mehr. Auf dem Bild sieht man schon, dass ich meine Messungen mit einer leichten Anpassung des Mitteltöners gemacht habe. 


[Bild: IMG_4528.jpg]

Auf der Rückseite der Box finden sich Seriennummern der Box - mit dem Vermerk L und R: Es gibt hier (wie bei der 1000, anders als bei der 690) ein dezidiertes linkes und rechtes Exemplar. Finde ich besser. Jeder Yamaha-Endkontrolleur hatte sein eigenes Label, mit der er die Box freigab. 


[Bild: IMG_4529.jpg]

[Bild: IMG_4531.jpg]


Gruß 

Thomas
Das Band darf an den Bandführungen nicht krempeln.

Die natürlichen Inhaltsstoffe können einen Bodensatz bilden. 
[-] 12 Mitglieder sagen Danke an tiarez für diesen Beitrag:
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#2
Schicke Yamaha ! Bin gespannt wie es im Thread weitergeht  Thumbsup
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#3
So, gehen wir es an: Zunächst einmal die Begründung, warum ich den Mitteltöner letzten Endes für die Messungen auf -3dB gestellt habe:


[Bild: 590_Regler_max_und_mid_-3d_B.png]

Rot ist die Box mit beiden Reglern auf Maximum - den Bereich unterhalb von 150 Hertz bitte in diesen Diagrammen nicht beachten - hier finde ich die Mitten etwas zu betont. Das Schlimmste ist aber bei voll aufgerissenem Mittenregler, dass die Membranresonanz des Konusmitteltöners voll durchschlägt. Das erinnert mich an die JBL L-100, bei der Ähnliches passiert. Hier fragt man sich zunächst einmal, warum man die Trennfrequenz nicht tiefer gelegt hat.
Mit dem Regler auf -3dB (blau) sieht es schon besser aus: Neutrale Mitten, leichte Senke im Präsenzbereich und ein Resonanzpeak, der jetzt schon deutlich harmloser aussieht.
Messen wir also die Frequenzgänge zwischen 0 und 45 Grad Messwinkel.


[Bild: 590_frequenzgang.png]

Die NS-590 erreicht fast die angegebenen 91dB Wirkungsgrad und die 40 Hertz untere Grenzfrequenz. Nach oben hinaus werden es nicht ganz 20 Kilohertz - die Berylliumkalotte ist einfach zu groß für mehr als die ehrenwerten 18 Kilohertz, die wir hier haben.

Während auf Achse die Resonanz noch zu sehen ist, verschwindet sie bis 30 Grad komplett, ebenso die leichte Hochtonbetonung, so dass die Empfehlung lautet, die Box nicht oder nur ganz leicht auf den Hörplatz einzuwinkeln. Unterm Strich haben wir ein sehr ebenmäßiges Abstrahlverhalten, das ich hier nochmal von -90 bis +90 Grad dokumentiert habe.


[Bild: 590_directivity.png]

Die einzig krasse Stufe liegt bei der Übernahme zum Hochtöner und ist auch mit dem abgesenkten Mitteltöner nicht ganz zu beseitigen. Deswegen wäre die NS-590 nicht meine Traumbox für hallende Räume - da könnte es eine Neigung zu betonten S-Lauten geben.

Hier der gewünschte Vergleich zur NS-690, die bei leicht zurückgenommenem Mittel- und Hochtonbereich auf den ersten Blick deutlich neutraler aussieht:


[Bild: 590_690.png]

Auffällig ist, dass die NS-590 einen merklich besseren Wirkungsgrad besitzt, die NS-690 dafür deutlich ausgewogener im oberen Bereich des Frequenzgang ist. Der Präsenzbereich ist bei der 690 etwas mehr betont, dafür schwächelt der Grundtonbereich etwas.
Wie gesagt: Beide Boxen lassen sich in einem recht weiten Bereich regeln, wobei sich mir der Regelbereich der NS-590 nicht ganz erschließt:


[Bild: 590_Regler.png]

Schwarz sind Mittel- und Hochton aus Minimum, also: aus. Kann man machen, wenn man einen Subwoofer braucht und gerade gar nichts anderes da ist. Darüber kommen: Beide -6dB, beide -3dB, beide auf Maximum. Auffällig ist hier der unruhige Übernahmebereich, der mit dem zurückgenommenen Mitteltöner auch besser aussieht. Wenn ich einigermaßen an die Frequenzweiche rankomme, werde ich mal versuchen, die Situation bei 6-7 Kilohertz mal ein bisschen zu entschärfen, denn die 590 hat eine Menge positiver Eigenschaften.

Die Klirrmessungen:


[Bild: 590_klirr85.png]

[Bild: 590_klirr95.png]

Bei 85 Dezibel in einem weiten Bereich nicht messbar, bei 95 Dezibel nur minimal schlechter. Das ist absolute Weltklasse.



[Bild: 590_wasserfall.png]

Das Wasserfalldiagramm zeigt durchgängig schnelles Abklingen - nur der Tieftöner braucht etwas länger - 4ms ist aber immer noch ein Spitzenwert.

Zu guter Letzt noch ein Blick auf die Paargleichheit - für eine gute Stereo-Abbildung sind möglichst identische Boxen links und rechts unerlässlich. Außerdem lässt sich mit so einer Vergleichsmessung oft feststellen, ob eines oder mehrere Weichenbauteile gealtert sind.
Deswegen zuerst die Impedanz nochmal:


[Bild: 590_impedanz_phase_Paar.png]

So gut wie identisch. Und die Frequenzgänge unter 0 und 30 Grad:



[Bild: 590_Paargleichheit.png]

Ehrlich gesagt: Das ist ein absoluter Traum. Solche Ergebnisse erreiche ich nicht, wenn ich ein und dieselbe Box an zwei Tagen messe und nur das Mikrofon nochmal neu aufstelle, weil es vorher jemand verschoben hat.

Fazit: Die 590 ist unter den großen Yamaha-Monitoren der spätere 70er vielleicht die am wenigsten neutrale Box, aber deswegen kein weniger empfehlenswerter Lautsprecher. Der hohe Wirkungsgrad und die tiefe untere Grenzfrequenz lassen einiges an Dynamik erwarten.

Morgen werde ich mal im stillen Kämmerlein ein paar Scheiben auflegen - mal sehen, ob die kleine "Problemstelle" aus den Messungen wirklich eine ist.

Gruß

Thomas
Das Band darf an den Bandführungen nicht krempeln.

Die natürlichen Inhaltsstoffe können einen Bodensatz bilden. 
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#4
Sehr spannend, vielen Dank. Besonders interessant für mich, weil ich ja auch den direkten Vergleich 590 <=> 690 über ein paar Jahre machen durfte und meine Ohren mir bezüglich Präsenz- und Grundtonbereich ganz Ähnliches bescheinigten - ohne technisches Messequipment.
Die 590er mit mehr Wums, die 690er filigraner. So würde ich es laienhaft auf den Punkt bringen wollen. Beide sind fantastisch, aber die NS-690 fand ich für meinen Geschmack perfekt.

Freut mich, dass die NS-590 bei Dir gelandet sind (auch wenn ich sie bei Mehr an vorhandenem Platz gar nicht erst verkauft hätte)!

Viele Grüße,
Robert
                                            . . .  u n d   i r g e n d w a n n   w i r d   s i e   s t e h e n ,   m e i n e   w a l l   o f   s o u n d . . .
                         [Bild: 46617985ny.jpg]
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#5
Interessant. Danke für die Einblicke mal wieder.
Die 690 hatte ich auch schon hier...
If you don’t believe it or don’t get it, I don’t have the time to try to convince you, sorry.
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