Wir wissen immer noch nicht sicher, wie der 47n-C am Endtransistor angeschlossen ist - und ja nur an einem und nicht an beiden Endtransistoren jedes Kanals - aber einen merkbaren Frequenzgangeinfluss im Hörbereich hat er nicht, egal WIE er angeschlossen ist.
Möglicherweise ist er als
Abblock-Kondensator zwischen Versorgungsspannung und Masse geschaltet? Sieht mir so aus, dass der linke Kondensator-Anschluss an die Masseschraube im Kühlkörper geht. DAS würde zur Funktion als Abblockkondensator passen, denn nur ein Endtransistor/Kanal hängt ja direkt an der Versorgungsspannung. Dann ist er gar nicht Frequenzgang-beeinflussend, sondern soll nur Störfrequenzen auf der Versorgungsleitung abblocken.
Zwischen Kollektor und Emitter ist so ein 47nF unsinnig und sogar kontraproduktiv, da er in diesem Fall eine Resonanz mit 180° Phasendrehung bei 700kHz provoziert (Schwingneigung signifikant erhöht).
Zwischen Kollektor und Basis hat er nur bei >100kHz einen Einfluss auf den Frequenzgang. Dgl. wenn zwischen Emitter und Basis. Das würde aber nur Sinn machen, wenn an beiden Endtransistoren jedes kanals angebracht.
Also...ich tippe auf Abblock-Kondensator und dann müssen wir uns darum gar keinen Kopf machen.
Noch zur Klarstellung "Schwingneigung":
Die Simulation ergibt nicht, dass die Endstufe bei 800 kHz schwingt (ohne Zobel und ohne Kondensator). Ich hatte deshalb ausdrücklich geschrieben "
kann bei 700-800kHz schwingen", sie muss es aber nicht. Wenn beim Frequenz-Sweep eine deutliche Pegelüberhöhung bei einer Frequenz um ca. 1 MHz auftritt, so heisst das ja nur, dass die Endstufe bei dieser Frequenz
resonanzfähig ist, aber es heisst noch nicht dass sie wirklich im realen Betrieb auch in diese Resonanz kommt. Im Frequenz-Sweep erfährt die Endstufe eine Zwangs-Anregung mit der Resonanzfrequenz, im realen Betrieb kann aber diese Anregung fehlen. Ob und wann eine Endstufe schwingt und warum, ist nicht immer leicht zu übersehen - manchmal reicht schon, wenn die NF-Eingangsleitung zur Endstufe in der Nähe der NF-Ausgangsleitung liegt (kapazitive Kopplung von Ein- und Ausgang) oder eine kapazitive Last am Ausgang anliegt. Es kann z.B. mit dem Typ der Lautsprecherkabel zu tun haben, u.v.m.
Wenn aber schon ab Werk eine Massnahme getroffen wurde, die im Schaltplan noch nicht enthalten ist, wie die Miller_Kapazität an TR3, dann kann man davon ausgehen, dass es nicht grundlos gemacht wurde, sondern dass in diesem Fall einer beobachteten tatsächlichen Schwingneigung entgegengewirkt werden sollte, die sich ja auch in der Simulation durch die Pegelüberhöhung/Resonanz andeutet.
Für mich macht das alles so Sinn.
Mit der richtigen Miller-Kapazität (max. 22pf, bevorzugt weniger, z.B. 4,7pF oder 10pF) muss der Frequenzgang wieder stimmen, die Endstufe darf nicht schwingen, alles dann wieder im Lot!
Zobel-Glied
Das Zobel-Glied dient zur Linearisierung der komplexen Lastimpedanz des Lautsprechers. Es hat aber kaum Einfluss auf den Frequenzgang des Verstärkers, da dessen Tiefpasswirkung nur sehr gering ist. Bei 100nF "Eckfrequenz 160kHz" also nicht annehmen, dass bei 160kHz der Ausgangspegel um absolut 3dB durch das Zobel-Glied abfällt. Er fällt absolut um sehr viel weniger ab. Das ist anhand der nachstehenden vereinfachten Modellschaltung verdeutlicht.
Modellschaltung für das Zobel-Glied:
..und damit der Frequenzgang am LS-Ausgang, wenn die Zobelkapazität von 50nF auf 500nF in 50nF-Schritten erhöht wird:
Der gesamte Pegelabfall oberhalb der "Eckfrequenz" durch das Zobel-Glied ist maximal
nur 0,4dB (absolut).
Die rote Kurve ist für C=100nF. Das Minimum der Phase (grösste Phasenänderung) dafür ist zwar bei 160 kHz, aber der Betrag ist nur -1,25°.
Dafür auch die Phase:
Gruß
Reinhard