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Revox C270 - Baustelle der besonderen Art
#1
Anfang des Jahres wurde eine der selten gewordenen Revox C270 Bandmaschinen bei ebay angeboten. Defekt, natürlich LOL  Nachdem der Anbieter meine Frage, ob die Hauptplatine in Ordnung sei - ohne abgebrannte Kondensatoren - positiv beantwortete, habe ich sie ersteigert. Ich habe nicht geahnt, was da auf mich zukommt  Flenne 

Aber immerhin kam sie dank dicker Schaumstoffplatten ohne Transportschaden an.


[Bild: IMG-0806.jpg]

 Zumindest fehlten ausser den Füßen, dem Netzschalter und der schmalen Blende dafür keine Teile. Dafür aber alle Laufwerksfunktionen Floet 

Nach dem Einschalten leuchteten diverse LEDs und die Ziffern des Bandzählwerks. Auf das Drücken der Laufwerkstasten tat sich nichts.

Zuerst habe ich mir dann einen neuen originalen Netzschalter besorgt, eine Kunststoffblende hatte ich noch da.

Ausgangszustand:

[Bild: IMG-0823.jpg]

Einer der Vorbesitzer hatte beim höchst unprofessionellen Abbau von oberer Blende und Netzschalter beide zerstört (war aber dem Angebot zu entnehmen) und dann eine Brücke gesetzt. Der abgebrannte größere Entstörkondensator wurde ersetzt, allerdings mit einem falschen. Der Winzling wurde nicht erneuert.

Das habe ich dann alles behoben:


[Bild: IMG-0824.jpg]

Man kann mit etwas Überlegung Netzschalter und Blende auch zerstörungsfrei auseinanderbauen  Oldie 

Das war dann schon mal erledigt:


[Bild: IMG-0825.jpg]

Als erste Ursache der fehlenden Laufwerksfunktionen stellte sich eine defekte Bandwaage heraus. Mit einer Elektronik aus dem Ersatzteillager funktionierten dann schon mal die Spulmotoren (bei angehobener Bandwaage), und die erwarteten Spannungswerte an den Messpunkten für die Bandwaage waren dann vorhanden.

Nach Austausch des ICs auf der originalen Platine lief die eine Weile. Nur eine Weile. weil eine Lötstelle der Spule auf der Platine gebrochen war.
Das war natürlich fix behoben.

[Bild: IMG-0937.jpg]

Als nächstes zeigte sich dann ein Defekt der optischen Endabschaltung. Da war die IR-LED defekt. Testweise habe ich eine andere angeschlossen, um zu schauen, ob die auch angesteuert wird:


[Bild: IMG-0944.jpg]

Läßt sich mit dem Laser Power Meter einwandfrei messen!

Danach habe ich dann mittels dieser Diode den zugehörigen Empfänger getestet, der war in Ordnung.

Ich habe mir dann die im SM angegebene IR-LED besorgt. Der Ausbau der kleinen Platine aus dem Gehäuse erfordert den dosierten Einsatz eines Skalpells…


[Bild: IMG-0949.jpg]


Mit der neuen LED funktionierte dann auch die Endabschaltung.

Als größtes Problem erwies sich bei dieser C270 allerdings der nicht laufende Capstan.

Daran änderte sich auch nichts durch die weitere Überholung der System Control Platine. Einige Kondensatoren waren hier schon erneuert, nicht jedoch die kritischen RIFA-Entstörkondensatoren. Letztere haben schon einige System Control Platinen und sogar in einem Fall die dahinter liegende Capstansteuerung massiv beschädigt.

Also raus damit und neu:


[Bild: IMG-0832.jpg]

Anschließend mussten dann noch die 3 goldenen Frakos gehen, die liegen nämlich in der 36V Spannungsversorgung für den Capstan.

Was ihn aber noch nicht zum Leben erweckt hatte…

Bei der Kontrolle der Arbeiten der Vorreparateure fanden sich noch zwei einfach untereinander getauschte Brückengleichrichter ungeachtet deren unterschiedlicher Werte. Da habe ich dann lieber mal neue eingelötet.

Da mir nicht klar war, wie der Capstanmotor angesteuert wird (er läuft ja erst mit dem Anlegen der Andruckrolle hoch) habe ich bei den tapeheads einen Thread eröffnet.

Bald fand „jsantoro“ heraus, dass die in meiner C270 verbaute Capstanplatine aus einer C274/C278 logging Maschine stammte Flenne 

Ein Umbau zu dem für die C270 gehörenden Typ scheiterte letztlich u.a. daran, dass das Layout meiner Platine in bestimmten Bereichen nicht zu dem im C274/C278/logging SM abgebildeten passte.

Dennoch waren die während des Umbauversuchs vorgeschlagenen Messungen recht informativ. Ich möchte die Darstellung dazu hier aber nicht wiederholen…

Für die Messungen hatte ich mir Verlängerungskabel gebaut, um Capstanmotor und Capstanplatine ausserhalb der Maschine betreiben zu können:


[Bild: IMG-1124.jpg]


Jsantoro wies mich darauf hin, dass ein kanadischer Anbieter passende Karten im Angebot hat, leider liefert er nicht nach Deutschland. Sowohl jsantoro als auch dc300a boten mir daraufhin an, die Platine für mich zu kaufen  Dance3

Ich hatte dann dc300a gebeten, das zu tun, da er in Frankreich lebt und so nur einmal Zoll anfiel.

Wochen später war die Karte dann in Frankreich und nochmal eine Zeit später dann bei mir. Der erste Test war natürlich mit schier unerträglicher Spannung verbunden - die sich schnell löste, als sich der Motor nach Drücken von „Play“ (im „Putzmodus“ ohne eingelegtes Band) zu drehen begann  Dance3

Dann konnte ich die Maschine endlich wieder zusammenbauen - etwa ein halbes Jahr nach dem Kauf  LOL

Hier schon mit aus Holz gearbeiteten Füßen versehen, inzwischen sind die auch noch lackiert.

[Bild: IMG-1204.jpg]

Parallel zum Thema "Capstan" bestand (vor dessen Lösung) noch das Problem, dass der Andruckrollenarm bei eingelegtem Band und "PLAY" nur ein Stück weit angehoben wurde und im "Edit" Modus die Bremsen nicht gelöst wurden. Das Rätsel hat dann "GPS16" für mich gelöst - die Anschlüsse von Edit-Magnet und Bremsmagnet waren an den Magneten vertauscht. Die Stecker am Board sind codiert, aber das hilft natürlich nicht, wenn man die Strippen falsch zieht  LOL

Der nächste Teil dieses Berichts wird dann den Audio-Teil zum Thema haben, da findet sich in dieser Maschine eine konsequente (und nirgends dokumentierte) Nur-Stereo-Konfiguration.

Ich hoffe, ihr habt ein bisschen Spaß beim Lesen gehabt,
Viele Grüße aus Kiel,
Hans-Volker

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#2
Danke für den Bericht. Freue mich schon auf die Fortsetzung. Die C270 war vermutlich die hochwertigste "Revox" Tonbandmaschine aller Zeiten und hatte viele Gemeinsamkeiten mit der professionellen Studer A807 MK1. Schön das Du deine Maschine erfolgreich reparieren konntest.
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#3
wohl dem, der soetwas kann.
Peter aus dem Allgäu
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#4
(01.07.2024, 18:17)MrScott schrieb: Danke für den Bericht. Freue mich schon auf die Fortsetzung. Die C270 war vermutlich die hochwertigste "Revox" Tonbandmaschine aller Zeiten und hatte viele Gemeinsamkeiten mit der professionellen Studer A807 MK1. Schön das Du deine Maschine erfolgreich reparieren konntest.

Ja, das war definitiv die beste (und modernste) Revox-Bandmaschine. Die Gemeinsamkeiten mit der Studer A807 werden aber gerne überschätzt - das sind nicht wirklich viele: Capstanmotor (aber mit anderer Steckerbelegung), Andruckrolle, Bandteller, VU-Meter (mit anderer Skala)…
Und ja, ich freue mich auch riesig, dass sie jetzt tatsächlich läuft und ich das nicht nur geträumt habe LOL

(01.07.2024, 18:21)der allgäuer schrieb: wohl dem, der soetwas kann.

Na ja, ohne die Hilfe verschiedener „tapeheads“ hätte ich das nicht geschafft …
Viele Grüße aus Kiel,
Hans-Volker

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#5
Nachdem das im Service Manual nicht alles beschrieben ist, dokumentiere ich hier mal, was an dem Flachbandkabel-Anschluss der System Control Platine zur Capstanplatine zu messen ist:

Spannungen und Frequenzen:


[Bild: Messiungen-P3-capstan.jpg]



Steuersignale, gemessen bei nicht funktionierender Capstanplatine, aber die meisten Daten gelten  auch für eine funktionierende Capstanplatine:


[Bild: Signale-Capstanplatine-Anschluss.jpg]

R/S  =Run/Stop
CAP1 = Speed low
CAP2 = Speed high
VAR = Varispeed
Viele Grüße aus Kiel,
Hans-Volker

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#6
Klasse Bericht, dankeschön.
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#7
Der Hammer, ganz toll, danke !
If you don’t believe it or don’t get it, I don’t have the time to try to convince you, sorry.
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#8
Ganz großes Kino,habe zwar selber kaum Ahnung von Elektronik aber das Lesen der Berichte finde ich mega spannend
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#9
(01.07.2024, 19:29)Nawrotek schrieb: Ganz großes Kino,habe zwar selber kaum Ahnung von Elektronik aber das Lesen der Berichte finde ich mega spannend

Geht mir Wort für Wort genauso.

Klasse und Glückwunsch!
...sozialisiert in den 80ern...
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#10
Moin,
und erst einmal vielen Dank für die Blumen  Freunde

Weiter geht es mit der Audio-Elektronik.

Obwohl nur auf einer der Karten Elkos defekt waren, habe ich nicht nur diese, sondern auch alle blauen Philips-Elkos auf allen Platinen ersetzt.

An die Audiokarten kommt man nach Hochschieben des Bedienfelds ran:


[Bild: IMG-1225.jpg]

Wenn man beim Ziehen hoch- und runterwackelt, gehen sie leichter raus, als wenn man einfach nur zieht.

Ich beschreibe die Platinen im Folgenden von rechts nach links.

Ganz rechts ist die Output-Amplifier-Platine. Die ist hier in der Standardversion:


[Bild: IMG-1209.jpg]

und mit wenig Aufwand überarbeitet:


[Bild: IMG-1210.jpg]

Links davon hat die Wiedergabe-Verstärkerplatine ihren Platz:

[Bild: IMG-1226.jpg]

Hier schon fertig überarbeitet.

Dann folgt die Preamplifier-Karte:


[Bild: IMG-0840.jpg]

Da ist hier nicht viel drauf, da ja bei der reinen Stereomaschine (mit Vollspurlöschkopf) die Sync-Funktion - also die Wiedergabe einer Spur ab Aufnahmekopf - eh nicht nutzbar wäre.

Einer der beiden Elkos rechts oben war allerdings defekt, sodass einer der beiden Kanäle über den Kopfhöreranschluss nur ein Brummen von sich gab.

Überarbeitet sieht die Platine nun so aus:

[Bild: IMG-1223.jpg]

Anschließend finden sich dann die Biasverstärker:

[Bild: IMG-1218.jpg]

Da waren dann ein paar mehr Elkos zu erneuern:

[Bild: IMG-1221.jpg]

Diese Platinen sind wieder Standard.

Die vorletzte Platine ist der Löschverstärker:

[Bild: IMG-0838.jpg]

Da der wegen des Vollspurlöschkopfs nur eine Spule zu versorgen hat, ist er auch entsprechend „sparsam“ konfiguriert.

Da war nichts zu tun  Thumbsup

Ganz links ist dann die Aufnahmeverstärkerplatine zu finden:

[Bild: IMG-1222.jpg]

Da gibt es wieder einen Satz blaue Philips zu ersetzen:

[Bild: IMG-1224.jpg]

Was war noch?

Keine Wiedergabe im unkalibrierten Modus auf einem Kanal. Da waren an dem zugehörigen Poti zwei Leitungen ab. Zum Wiederanlöten musste die Bedieneinheit aufgeschraubt werden…juhu

Und: eines der VU-Meter enthielt nach einem Reparaturversuch eines der Vorbesitzer ein völlig ungeeignetes Messwerk - viel zu empfindlich. Aber ich hatte noch ein VU-Meter in Reserve, noch zu Zeiten gekauft, wo sie noch relativ günstig zu erwerben waren.

Und: die VU-Meter-Beleuchtung war auf LEDs umgestellt, deren Farbe mir überhaupt nicht gefallen hat. 

[Bild: IMG-0816.jpg]

Zur Strombegrenzung für die LEDs wurde ein fetter Widerstand in die 5V-Versorgung eingesetzt (etwas oberhalb des ESD-Warnzeichens).

Das habe ich zurückgebaut und dafür die Fassungen für die 6V Glassockellampen  verwendet, die ich aus der Beleuchtungsplatine meins B215 ausgebaut hatte. Die hatte ich auf LED umgebaut, und da hier durch ein Grünfilter beleuchtet wird, sieht das da auch gut aus.

Nach dem Einsetzen der Lämpchen empfiehlt es sich, zu testen, ob auch alle leuchten. Dazu schließe ich drei 1,2V Akkus in Serie an die im folgenden Bild bezeichneten Punkte für +5V und GND an.

[Bild: IMG-1203.jpg]

Dann sollten alle vier leuchten. 
Eines leuchtete nicht, ich habe von diesem dann die Anschlussdrähte etwas aufgebogen. Macht man am besten gleich bei allen vor dem Einsetzen.

Wenn man nämlich erst merkt, dass ein Lämpchen nicht leuchtet, nachdem man die Bedieneinheit wieder zusammengebaut hat, trübt das die Stimmung erheblich Flenne  Dash1 

Dann muss nämlich alles nochmal auseinander  Floet 

So, das war es dann für heute  LOL
Viele Grüße aus Kiel,
Hans-Volker

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#11
Danke für den Einblick in die C270 und deren Platinen. Revox/Studer typisch sehr servicefreundlich aufgebaut und relativ einfach zu reparieren (wenn man sich mit  der Materie auskennt), da noch keine SMD Bauteile genutzt wurden. Ich dachte übrigens immer die VU-Meter der C270 und A807MK1 seien identisch gewesen - das mit der abweichenden Skala war mir neu (Vielen Dank - mal wieder in diesem wunderbaren Forum was dazu gelernt). Das mit den nicht leuchtenden Lämpchen kenne ich leider auch (Reparatur Schachcomputer) - seitdem teste ich JEDE einzelne LED/Diode/Birnchen VOR dem Einbau auf Funktion, egal ob Neuware oder gebrauchtes aus dem Fundus. Erspart einem so manches graues Haar (das allerdings auch immer weniger wird). LOL
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#12
Also die Skaleneinteilung ist bei C270 und A807 dieselbe, es ist nur die Optik unterschiedlich: Bei der A807 ist der ganze untere Bereich um die PeakLEDs schwarz. 

[Bild: IMG-1227.jpg]

Die Skalenscheiben sind aber leicht austauschbar.


Und eine Ergänzung zu den Lämpchen - das Problem ist weniger, dass die neu gekauften mal defekt sind, sondern dass sie in den alten Fassungen manchmal keinen Kontakt mit den Anschlüssen bekommen. Daher müssen sie im eingebauten Zustand getestet werden.
Viele Grüße aus Kiel,
Hans-Volker

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