03.11.2014, 23:01
Bevor es mit einer anderen Baustelle endlich wieder weiter geht, musste ich mich mal um einen Patienten kümmern:
In meinem Marantz-Fundus spielen zwei Vollverstärker Topmodelle, die Marantz ab 1978 angeboten hat. Es handelt sich dabei um den 1300DC.
Leider hat dieser sehr gut, mit vielen Spielereien ausgestattete Amp so seine Macken bekommen.
Viele Einstellmöglichkeiten = viele Kontakte = viele Kontaktprobleme
Beide Geräte habe ich gebraucht aus dem Verwandtenkreis bekommen, kenne daher auch ihre Vorgeschichten. Bin also nicht der Erstbesitzer.
In all den Jahren ging man den Kontaktproblemen immer wieder mit verschiedenen Kontaktsprays an den Kragen, was leider immer nur kurzweilig half. Von den Produkten der Kontakt-Chemie hatte ich dann die Nase voll. Ich wußte aber nicht, daß ich sie falsch angewendet hatte. So hatte ich nie die Kontaktflächen mit Kontakt 61 versiegelt… Immerzu nur das Sprühröhrchen reingehalten.
Von einem Kollegen bekam ich dann noch den tip, mal Wellenschalteröl "d" und "k" zu verwenden… Das gab die kleinen Schiebelingen dann den Rest.
Mit kompletten Kanalausfall und der sturen Nichtbeweglichkeit der Schalter kam nun die große Stunde der Schalterrevision.
Hier erst nochmal ein Gesamtbild aus dem Hifi-Archiv mit den technischen Daten des Verstärkers:
Ist ja eigentlich schon ein ganz ordentlicher Kloper, also in den Keller auf den Werktisch geschleppt und los gings. Ich will keine Reparaturanleitung a la "Marantz - jetzt helfe ich mir selbst" schreiben, sondern aufzeigen, daß durch jahrelangen falschen Einsatz von Reinigungsmitteln viel Schaden (zumindest auch von der Arbeitszeit gesehen - viel lieber hätte man in der Zeit Musik hören können…) angerichtet werden kann und wie man diesen wieder beheben kann.
Nach dem Lösen etlicher Schrauben liegt die Vorverstärkersektion lose auf'm Tisch. es gibt eine Hauptplatine, in die ist wie ein Modul die Platine mit dem Mode-Schalter (Reverse/Stereo-Normal/Mono/Links/Rechts) und dem Volumepoti eingebaut. Die Schalter für die Einsatzfrequenzen der Klangregler sind dort direkt eingelötet und werden mit langen Stößelstangen betätigt. Auf der Hauptplatine steht eine kleine Platine senkrecht, diese ist für die REC-EQ Schaltung. und an dieser steckt wiederum die Platine mit den Eingangswahlschaltern und den Record-Selectoren. Alles hängt irgendwie aneinander und droht jeden Moment auseinander zu reißen weil die Verbindungskabel zu kurz sind…
Im zusammengebauten zustand könnte man meinen, sie sind dagegen zu lang.
Was man alles schalten und walten kann:
es gibt zwei Hochpegeleingänge (Tuner und Aux) sowie zwei Phonoeingänge, von denen einer zwischen MM und MC umgeschaltet werden kann. Die Anpassschaltungen sind nur bei MM aktiv.
Des weiteren können noch zwei Bandgeräte mit Hinterbandkontrolle angeschlossen werden. Mit den beiden Record-Selectoren ist es also möglich, Radio zu hören, auf Bandmaschine 1 kann eine LP aufgenommen und auf Maschine 2 eine CD über Aux aufgenommen werden.
Davon würde ich aber abraten, die Übersprechdämpfung ist einfach zu gering :dash:
Daür gibt's aber noch eine andere Überspielmöglichkeit:
Die Klangregler lassen sich per Kippschalter in den jeweiligen Aufnahmezweig von Tape 1 oder 2 schalten. Dabei gibt es den Gimmick, daß wenn man z.B. stark betonte Disco-mucke aufnehmen will der EQ-Schalter zum jeweiligen Bandgerät umgelegt wird. Jetzt wird z.B. Bassstark aufgenommen, aber über die angeschlossenen Boxen klingt es jetzt sehr mau, da die Klangregelung in einem anderen Zweig liegt… Schaltet man jetzt Tape Monitor ein, dann hört man die Bässe schön wummern…
Hier die Tape-EQ Schaltung:
Einer der beiden Record-Select Schalter:
Weiter geht's mit dem Tastenaggregat der Eingangsumschaltung:
Der Kunststoffeinsatz, in dem die Kontaktbrücken (Schaltkontakte) gehalten werden, war mal glasklar…
Hier sieht man mal, was sich in den ganzen Jahren für ein Dreck und Gammel auf den Kontakten niedergelassen hat. Es ist eine Mischung aus Reinigungsmitteln und Oxidschichten, die immer wieder abgelöst wurden:
Hier wurden die Schaltflächen schon gereinigt.
Erst mit Kontakt 60 der grobe Schmutz gelöst, anschließend mit WL abgewaschen. Nach dem Trocknen dann mit Wattestäbchen und Elsterglanz (Autosol geht auch…) poliert und wieder mit WL gewaschen. Anschließend mit Kontakt 61 versiegelt und die Gleitfähigkeit mittels fett- und säurefreier Vaseline noch unterstützt.
Der besagte REC-EQ Schalter wird mit einem Bowdenzug betätigt.
Vorher:
Nachher:
Die Drehschalter für die Anpassung der Tonabnehmersysteme in Sachen Impedanz und Kapazität sind in Wahrheit auch nur Schiebeschalter:
Und auch dort gab es ganz schon viel Gammel der beseitigt werden musste. Da ging auch schon fast gar nichts mehr:
Die Schiebewiderstände hatte ich auch geöffnet, aber leider keine Bilder von gemacht - ich war da so in fahrt… :pest:
Die Potts wurden dagegen nur geflutet und dabei mehrmals betätigt.
Alle drei Sprays haben hier bei richtigen Einsatz gezeigt was sie können!
Nachdem alle Schalter und auch Potis wieder eingelötet waren, erfolgte dann der Zusammenbau. Dabei zeigte sich noch ein schwedischer Fehler, ein ABBA-Draht :grin:
In der Gesamtansicht sieht man die gewaltigen Ausmaße doch sehr deutlich. Die Frontplatte mitsamt den knöpfen kommt auch noch wiederran, aber erst nach erfolgtem Probelauf. Ich hoffe mal, daß keine weigern Komplikationen gibt.
Und ganz zum Schluß kam noch ein Klebeband rein, damit man sich nochmal in späteren Jahren dran erinnern kann, wann man das letzte Mal über den Aufbau geflucht hat:
Zum Abschluss bleibt nur zu hoffen, daß sich die Revision auf längere Sicht gelohnt hat und es nicht so schnell zu neuen Ausfällen kommt.
Die Bilder hatte ich nur für mich gemacht, ohne die Idee eines Reparaturthreads dazu. Aber, was nicht ist, das kann ja noch werden.
Dies ist übrigens mein 1300er, der zweite von dem eingangs gesprochen wurde ist auch meiner, spielt aber bei meinen Eltern.
Und eben dieser bekommt dann demnächst auch eine Schalterkur.
Mit mehr Bildern.
Grüße
Wernsen
In meinem Marantz-Fundus spielen zwei Vollverstärker Topmodelle, die Marantz ab 1978 angeboten hat. Es handelt sich dabei um den 1300DC.
Leider hat dieser sehr gut, mit vielen Spielereien ausgestattete Amp so seine Macken bekommen.
Viele Einstellmöglichkeiten = viele Kontakte = viele Kontaktprobleme
Beide Geräte habe ich gebraucht aus dem Verwandtenkreis bekommen, kenne daher auch ihre Vorgeschichten. Bin also nicht der Erstbesitzer.
In all den Jahren ging man den Kontaktproblemen immer wieder mit verschiedenen Kontaktsprays an den Kragen, was leider immer nur kurzweilig half. Von den Produkten der Kontakt-Chemie hatte ich dann die Nase voll. Ich wußte aber nicht, daß ich sie falsch angewendet hatte. So hatte ich nie die Kontaktflächen mit Kontakt 61 versiegelt… Immerzu nur das Sprühröhrchen reingehalten.
Von einem Kollegen bekam ich dann noch den tip, mal Wellenschalteröl "d" und "k" zu verwenden… Das gab die kleinen Schiebelingen dann den Rest.
Mit kompletten Kanalausfall und der sturen Nichtbeweglichkeit der Schalter kam nun die große Stunde der Schalterrevision.
Hier erst nochmal ein Gesamtbild aus dem Hifi-Archiv mit den technischen Daten des Verstärkers:
Ist ja eigentlich schon ein ganz ordentlicher Kloper, also in den Keller auf den Werktisch geschleppt und los gings. Ich will keine Reparaturanleitung a la "Marantz - jetzt helfe ich mir selbst" schreiben, sondern aufzeigen, daß durch jahrelangen falschen Einsatz von Reinigungsmitteln viel Schaden (zumindest auch von der Arbeitszeit gesehen - viel lieber hätte man in der Zeit Musik hören können…) angerichtet werden kann und wie man diesen wieder beheben kann.
Nach dem Lösen etlicher Schrauben liegt die Vorverstärkersektion lose auf'm Tisch. es gibt eine Hauptplatine, in die ist wie ein Modul die Platine mit dem Mode-Schalter (Reverse/Stereo-Normal/Mono/Links/Rechts) und dem Volumepoti eingebaut. Die Schalter für die Einsatzfrequenzen der Klangregler sind dort direkt eingelötet und werden mit langen Stößelstangen betätigt. Auf der Hauptplatine steht eine kleine Platine senkrecht, diese ist für die REC-EQ Schaltung. und an dieser steckt wiederum die Platine mit den Eingangswahlschaltern und den Record-Selectoren. Alles hängt irgendwie aneinander und droht jeden Moment auseinander zu reißen weil die Verbindungskabel zu kurz sind…
Im zusammengebauten zustand könnte man meinen, sie sind dagegen zu lang.
Was man alles schalten und walten kann:
es gibt zwei Hochpegeleingänge (Tuner und Aux) sowie zwei Phonoeingänge, von denen einer zwischen MM und MC umgeschaltet werden kann. Die Anpassschaltungen sind nur bei MM aktiv.
Des weiteren können noch zwei Bandgeräte mit Hinterbandkontrolle angeschlossen werden. Mit den beiden Record-Selectoren ist es also möglich, Radio zu hören, auf Bandmaschine 1 kann eine LP aufgenommen und auf Maschine 2 eine CD über Aux aufgenommen werden.
Davon würde ich aber abraten, die Übersprechdämpfung ist einfach zu gering :dash:
Daür gibt's aber noch eine andere Überspielmöglichkeit:
Die Klangregler lassen sich per Kippschalter in den jeweiligen Aufnahmezweig von Tape 1 oder 2 schalten. Dabei gibt es den Gimmick, daß wenn man z.B. stark betonte Disco-mucke aufnehmen will der EQ-Schalter zum jeweiligen Bandgerät umgelegt wird. Jetzt wird z.B. Bassstark aufgenommen, aber über die angeschlossenen Boxen klingt es jetzt sehr mau, da die Klangregelung in einem anderen Zweig liegt… Schaltet man jetzt Tape Monitor ein, dann hört man die Bässe schön wummern…
Hier die Tape-EQ Schaltung:
Einer der beiden Record-Select Schalter:
Weiter geht's mit dem Tastenaggregat der Eingangsumschaltung:
Der Kunststoffeinsatz, in dem die Kontaktbrücken (Schaltkontakte) gehalten werden, war mal glasklar…
Hier sieht man mal, was sich in den ganzen Jahren für ein Dreck und Gammel auf den Kontakten niedergelassen hat. Es ist eine Mischung aus Reinigungsmitteln und Oxidschichten, die immer wieder abgelöst wurden:
Hier wurden die Schaltflächen schon gereinigt.
Erst mit Kontakt 60 der grobe Schmutz gelöst, anschließend mit WL abgewaschen. Nach dem Trocknen dann mit Wattestäbchen und Elsterglanz (Autosol geht auch…) poliert und wieder mit WL gewaschen. Anschließend mit Kontakt 61 versiegelt und die Gleitfähigkeit mittels fett- und säurefreier Vaseline noch unterstützt.
Der besagte REC-EQ Schalter wird mit einem Bowdenzug betätigt.
Vorher:
Nachher:
Die Drehschalter für die Anpassung der Tonabnehmersysteme in Sachen Impedanz und Kapazität sind in Wahrheit auch nur Schiebeschalter:
Und auch dort gab es ganz schon viel Gammel der beseitigt werden musste. Da ging auch schon fast gar nichts mehr:
Die Schiebewiderstände hatte ich auch geöffnet, aber leider keine Bilder von gemacht - ich war da so in fahrt… :pest:
Die Potts wurden dagegen nur geflutet und dabei mehrmals betätigt.
Alle drei Sprays haben hier bei richtigen Einsatz gezeigt was sie können!
Nachdem alle Schalter und auch Potis wieder eingelötet waren, erfolgte dann der Zusammenbau. Dabei zeigte sich noch ein schwedischer Fehler, ein ABBA-Draht :grin:
In der Gesamtansicht sieht man die gewaltigen Ausmaße doch sehr deutlich. Die Frontplatte mitsamt den knöpfen kommt auch noch wiederran, aber erst nach erfolgtem Probelauf. Ich hoffe mal, daß keine weigern Komplikationen gibt.
Und ganz zum Schluß kam noch ein Klebeband rein, damit man sich nochmal in späteren Jahren dran erinnern kann, wann man das letzte Mal über den Aufbau geflucht hat:
Zum Abschluss bleibt nur zu hoffen, daß sich die Revision auf längere Sicht gelohnt hat und es nicht so schnell zu neuen Ausfällen kommt.
Die Bilder hatte ich nur für mich gemacht, ohne die Idee eines Reparaturthreads dazu. Aber, was nicht ist, das kann ja noch werden.
Dies ist übrigens mein 1300er, der zweite von dem eingangs gesprochen wurde ist auch meiner, spielt aber bei meinen Eltern.
Und eben dieser bekommt dann demnächst auch eine Schalterkur.
Mit mehr Bildern.
Grüße
Wernsen