Onkyo TA-2080
Der vermutlich einzige Beitrag, den ich im Bereich dieser von mir nicht sehr geliebten Firma vermutlich je schreiben werde.
(Es sei denn, es fliegt mir mal was aus der U/E/T-30/M-505-Serie zu, den einzigen Geräten, die ich neben dem hier besprochenen Deck optisch für erträglich halte).
Vorweg: Das TA-2080, 1979 erstmals vorgestellt, ist wirklich ein unglaubliches Schmuckstück !
In natura noch geiler als ich es mir seit Ewigkeiten eh schon vorgestellt habe, denn ich hatte es, wenn überhaupt, höchstens vielleicht damals mal in einem Geschäft gesehen.
Da es aber seinerzeit immer in einem Atemzug mit Nakamichi 680, Eumig, Hitachi D-5500 etc. genannt wurde, habe ich es natürlich nie vergessen.
Die Optik mit den Peak-LED-Ketten zwischen den VU's trug dazu sicher erheblich bei.
Insofern hab ich mich wahnsinnig gefreut, es endlich mal live und in Farbe vor mir stehen zu sehen.
Es sollten die Riemen gegen die guten vom Mars getauscht werden und ansonsten generell mal drübergesehen und wo nötig nachjustiert und eingemessen werden.
Erster Eindruck:
Haptik und vor allem die Innereien des Geräts halten m.E. absolut nicht, was Preis und Optik versprochen haben, fühlt man sich doch beim Blick auf das handgemalte Platinenlayout und die fliegende Verkabelung ins Jahr 1970 zurückversetzt. Auch die Bauteilequalitäten entsprechen nicht dem, was andere Hersteller zur gleichen Zeit und in dieser Preisklasse einsetzten. Die ganze Kiste ist dermaßen vollgestellt mit Elkos, ich glaub, so viele hab' ich noch niemals in einem Deck gesehen.
Zum Vergleich mal ein Bild vom Innenleben des 680ZX, bei dem jede Verbindung, die man zum Service trennen muß, mit Pfollfostensteckern
ausgeführt ist.
Der entfernte Gedanke an
Servicefreundlichkeit ist beim Onkyo leider schlicht nicht vorhanden. Muß im Budget wohl irgendwie verlorengegangen sein.
Alle Verbindungen sind in WireWrap-Technik ausgeführt, zudem ist der unglaubliche Kabelverhau qreuz und kwer durchs Gerät, vom und ums Laufwerk so fragil und unter Spannung, daß man beim Versuch, das Laufwerk auszubauen, um die Riemen zu wechseln, unweigerlich einige davon abreißt - denn nicht einmal dafür gibt es Steckverbinder.
Na gut, EINEN gibt es doch.
Was dann aber auch sinnlos ist, wenn noch zig andere Kabel in alle Richtungen und von allen Seiten am LW hängen, die sich aber nicht trennen lassen, um das ganze Teil mal herauszuheben.
Die Klappendämpfung läuft über ein Skalenseil und Schwungrad (und muß natürlich komplett abgebaut werden), fette, anachronistische Hubmagnete sind auch zu sehen.
Passend dazu gibt es ebenso fette Relais.
Bei Nakamichi gibt's für sowas CMOS-Schalter und bei Hitachi firmeneigene Reed-Relais.
Das ist das Laufwerk, in seiner ganzen Pracht, nach etwa einer Stunde Gefrickel. Weiter bekommt man es nicht gelöst - es sei denn, man hat Zeit, Lust und das Werkzeug, sich fachkundig mit dem WireWrap-Krams zu befassen:
Ich bin wohl verwöhnt davon, daß man bei einem Nakamichi das ganze Laufwerk nach dem Lösen von 4 (4xx) bzw. 6 Schrauben (6xx) und 6 Steckern komplett herausheben kann, um daran zu arbeiten - bei den "Großen" sogar, ohne die Frontplatte abzuschrauben. Zum Vergleich - das sieht dann so aus:
Weiterhin ist der Rahmen des Gerätes, sobald Front- und Grundplatte abgenommen sind, in sich so instabil und verwindet sich beim Hochheben derart, daß man Angst haben muß, die Platinen könnten brechen.
Dagegen wurde dann immerhin, offenbar nachträglich, eine Strebe hinzu"konstruiert":
Insgesamt wirkt das ganze Gerät, sobald man die Haube abnimmt, wie mit der heißen Nadel gestrickt.
Nicht nur daß etliche Zusatzplatinen irgendwo rumhängen, auch auf der Lötseite der Platinen finden sich Unmengen von zusätzlichen Bauteilen zur Korrektur und Optimierung von bei Layout und Schaltungsentwicklung gemachten Fehlern.
Den absoluten Hammer hatte ich aber noch vor mir !
Selbst die Tonkopfeinstellungen lassen sich nur mit abgenommener Frontplatte und Laufwerksblende vornehmen (!!!) - und das habe ich noch niemals bei irgendeinem Cassettendeck erlebt.
Nnicht mal bei einem Walkman oder Radiorecorder (selbstredend kann man die Kabel zum Tastensatz auch nicht per Steckverbindung trennen, so daß die Blende einem beim Einstellen natürlich im Weg rumhängt).
Sogar mein Becker Autoradio hat ein Bohrung an der relevanten Stelle, durch die man den Tonkopf erreicht, ja selbst mein allererster Radiorecorder hatte die !
Da ich damit im Leben nicht gerechnet hätte, hatte ich es natürlich schon wieder komplett zusammengebaut und durfte es demnach für die Azimuteinstellung (fluchend) erneut auseinandernehmen. Mein Nachbar hat bestimmt gedacht, ich hätte einen plötzlichen Tourette-Anfall.
Zur Erinnerung: So sollte das aussehen, nämlich so, daß man jederzeit überall drankommt:
Schade auch: Die Andruckrollenarme sind aus Blech gebogen und relativ dünn, die Höhe und somit der Bandlauf leider auch nicht justierbar (Nakamichi: Spritzguß, Hitachi: Kunststoff). Die Fehlstellung der einziehenden linken Andruckrolle hätte man also nur mit roher Gewalt buchstäblich zurechtbiegen können. Da ich das allenfalls probiert hätte, wenn es mein eigenes Gerät gewesen wäre, muß man hier nun leider damit leben, daß das Band minimal schief einläuft und es Probleme mit sehr dünnen Bändern gibt.
Mein Fazit ist, daß dieses Cassettendeck ziemlich sicher von Leuten entwickelt wurde, die das zum ersten Mal gemacht haben und nicht den geringsten Schimmer hatten, wie's geht, aber dafür den Anspruch, es trotzdem ganz weit oben anzusiedeln. Mit entsprechendem Zeit- und Finanzaufwand ist sowas ja dann auch kein Problem - vermutlich war's deshalb am Ende auch so teuer.
Aber,
- und nun kommt die große Überraschung:
Klanglich ist ihnen dann auch ein Volltreffer gelungen - und damit hätte ich nach dem Chaos im Gerät nicht gerechnet.
Angesichts all dessen erstaunt am Ende vor allem die Wirksamkeit der AccuBias-Einmessung. Die macht ihre Sache nämlich ausgesprochen gut, die Aufnahmen sind letztlich hervorragend ! Egal, welches Band ich da reingeworfen habe, es kam immer das Gleiche wieder runter.
Ähnlich wie beim Nakamichi 480 kann man also sagen: Mehr Cassettendeck braucht kein Mensch.
Die extrem fundamentale Bassgewaltigkeit der Nakamichis kann das Onkyo letztlich zwar doch nicht bieten, aber das ist wohl der Bauteile- und Schaltungsqualität geschuldet.
Die Herren Onkyo-Ingenieure konnten (oder durften ?) sich trotz des exorbitanten Preises von damals 2000 Mark leider weder dazu durchringen, Folien- oder Styroflex-Kondensatoren noch Metallfilmwiderstände zu spendieren, während schon das kleinste Nakamichi, das neu nur die Hälfte kostete, eine ganze Menge solcher Bauteile im Signalweg stecken hat.
Auch im Hitachi D-5500, das in derselben Preisklasse spielte wie das Onkyo finden sich Batterien von Styroflexen, die heute im Großen und Ganzen noch so gut sind wie am Tag der Herstellung. Der Kabelverhau ist beim Hitachi zwar ähnlich bunt, jedoch sind es wie bei Nakamichi ausschließlich Steckverbindungen.
Schockierendste Feststellung bei diesem Gastspiel:
Auch die von mir so häufig angesprochene Onkyo-Unart der Plastikseitenteile fand hier schon seinen Anfang. Die gerade mal einen Millimeter starke Frontplatte hat Seitenteile, die den einzigen Sinn haben, die Kanten des Stranggußprofils zu verstecken - und die sind tatsächlich aus silber gespritztem Plastik !
An der Stelle, an der man die Stärke der Front jedoch vermeintlich gut sieht, nämlich beim Material der Cassettenklappe haben sie drei Millimeter benutzt - ein klares Täuschungsmanöver. Die bringt dadurch, wenn man sie zur Tonkopfreinigung abnimmt, in Verbindung mit der Echtglasabdeckung gefühlt ein Drittel des Gesamtgewichts auf die Waage und beeindruckt somit ungemein.
Das Blendertum fand also nicht erst in den häßlichen schwarzen Integra-Tupperdosen voller Luft seinen Anfang, wie ich bisher immer vermutete, sondern scheint bei dieser Firma tief verwurzelt immanent zu sein.
Ich hab neulich mit Frankie mal darüber geredet, der hat die Firma Onkyo interessanterweise mit genau derselben Einschätzung abgespeichert wie ich, allerdings wohl hauptsächlich, weil er früher öfter mal in die Dinger reinschauen mußte: Außen hui, innen...
Abe aufgemerkt:
Trotz aller Kritik ist dieses Deck natürlich ein absoluter Klassiker und sobald es wieder zusammengeschraubt war und angeschaltet am richtigen Platz stand, ließ mich seine absolut geile Optik allen Ärger vergessen.
Diese Maschine steht in der ewigen Hall Of Fame des imaginären Recordermuseums neben den ebenso berühmten Kollegen von B&O, Hitachi, ASC, Revox, Pioneer, Alpage, Aiwa, Tandberg, Eumig und Nakamichi.
Zudem erledigt sie ihre eigentliche Aufgabe immerhin so wie erwartet und auf hohem Niveau, was man wirklich nicht von sehr vielen Cassettendecks sagen kann.
Ich denke außerdem nicht, daß sich bei dem Preis davon sehr viele verkauft haben, und vor allem die doppelte VU/Peak-Aussteuerung ist ein wirklich außergewöhnlicher Hingucker, viel mehr als jedes Foto es darstellen kann.
Zu guter Letzt ist es riesig und schwer, zwei Attribute, die aus gutem Grund auch heute noch so beliebt sind wie eh und je und für mich und viele andere nichts von ihrer Faszination verloren haben.