Grundig RT 200

[Gorchel]

Ein bisschen Zerstreuung braucht der Mensch, vor allem im Winter, wenn es draussen kalt und grau und in der Keller-Höhle warm und gemütlich ist.

Und da sind doch tatsächlich wieder zwei tolle Geräte aus deutscher Fabrikation bei mir gelandet. In Deutschland ersteigert, vom lieben Bertram in Empfang und zwischen gelagert worden , und seit gestern bei mir.

Ich habe die Geräte bisher nur auf Bildern gesehen und habe mich nie um deren Abmessungen gekümmert, dachte aber, dass hier was im „midsize“-Format kommt. Aber das hätte der Max wohl sofort aus dem Fenster geschmissen......daher kleiner Schock beim Auspacken...die Teile sind gross, einen halben Meter breit und haben ordentlich Gewicht. Ja worum geht’s denn nun eigentlich?

Um einen Tuner und einen Verstärker von Max Grundig und zwar den RT 200 (Tuner), damals wohl das Spitzengerät, und den SV 100 (Verstärker). Den SV 200 hat mir einer vor der Nase weg gekauft, aber hier soll’s mal nur um den Tuner gehen.

Bertram und ich haben beide Geräte ausgepackt, und der liebe Brownie bekam ganz glänzige Äuglein. Ich aber auch, die Grundigs sind wirklich imposant. Viel schönes Holz, Aluminium und eine Menge Knöppe..was will man mehr.

Bertram meinte noch, ich könne sicher nicht die Finger von den Teilen lassen, wenn ich Zuhause angekommen sei, und recht hatte er. Daheim eingetroffen wollte ich ja nur mal hören, wie der Tuner so klingt, denn bisher funktionierte an den meisten von mir gekauften Geräten der Tuner garantiert nicht. Tja, man ahnt es, der Grundig stellte sich natürlich auch brav in diese Reihe und gab ausser etwas Licht und ganz leises Rauschen nix von sich.

Wer könnte in dieser Situation am Samstagabend einfach mit den Schultern zucken, das Licht in der Werkstatt löschen und sich einen gemütlichen TV-Abend machen? ....eben, ich auch nicht. Also ruckzuck die Kiste zerlegt und natürlich wieder mal das „Vorher-Foto“ vergessen.

Zum Entfernen des Chassis ist zuerst der Deckel auf der Rückseite zu entfernen, dann die vier Bodenschrauben, und schon kann man alles aus dem Holzhäuschen ziehen.

Was man nun hier sieht ist kein Receiver, sondern nur alles Tuner, und das 1969! Anscheinend hatte die Entwicklungsabteilung freie Hand, und heraus kam ein erstklassiges Gerät welches fast alles andere in den Schatten stellte.
Jetzt im Jahre 2013 tut sich leider nicht mehr viel in Sachen Empfang, also doch nicht so tolle Qualität? Denn nach läppischen 44 Jahren sollte die Kiste doch noch spielen?



Also was tun? Als erstes empfiehlt es sich immer, die Spannungen des Netzteils zu prüfen. An Pin6 des Netzteils sollten saubere 30V (+- 100mV) anliegen, raus kamen nur 3V. Ist das nun ein Druckfehler im Manual oder wirklich zehn mal zu wenig?
Die kleine Netzteil-Platine sitzt natürlich völlig unzugänglich, ist mit x Käbelchen in alle Richtung verbunden und dazu noch ins Chassis mit so einem tollen Einweg-Schnappverschluss gesteckt.



Also viele Fotos machen von allen Seiten, Platine aus der unwilligen Halterung befreien...Kruzifix...und dann alles vorsichtig entlöten.





Endlich ausgebaut ist der Miesepeter schnell gefunden, ein toter Tantal! Alle anderen Komponenten zeigen normale Werte, auch die schönen güldenen Elkos, also bleiben die halt drin. Hätte eh nix passendes gehabt.




Also alles wieder eintüdeln, verlöten, lieber dreimal kontrollieren ob alle Drähtchen richtig verbunden sind, und dann Wasser...äh Strom marsch! Mangels regelbarem Trenntrafo empfiehlt sich, wie man ja vielleicht schon weiss, eine zwischengeschaltete Glühbirne, so erkennt man sofort beim Einschalten, ob das Gerät zuviel Saft zieht. Beim RT-200 bleibt die Funzel dunkel, und das Multimeter zeigt perfekte 30.05V an. Wow!!

Also Antenne und Verstärker angeschlossen und schon spielt der Grundig wie anno 1969!




Fast zumindest. Der Empfang ist toll, Stereo funktioniert (unglaublich), alle Schalter und Knöpfe führen die entsprechende Funktion -knackend- aus, nur einige Lämpchen sind hinüber und das Tunoscope macht etwas komische Sachen.
Es gibt also noch zwei, drei Dinge zu tun, aber schon jetzt finde ich die Kiste meeega!
Bald geht’s weiter...bis dann noch ein paar Bilder.

Viel Umlenkröllchen, viele Seile...


Die Seile führen zu den unmöglichsten Orten im Gerät. Oben die Kurzwellen-Lupe (musste ich neu einziehen...hmmpfff), und unten die „Breit-Schaltung“.


Hier der Tuner von schräg hinten. Wer genau guckt findet den Powerschalter...ebenfalls-Seil-Ferngesteuert.


Die Rückseite...


..und hier noch mit der demontierten Frontplatte, alles noch ungereinigt...

[TotoM]

Hallo!

Jaaa, da stecken noch richtig Bauteile drin.
Wo man schon mal dabei ist, sollte man auch gleich die alten Selen-Gleichrichter gegen moderne Silizium-Gl. austauschen (ich sehe da vermtl. so ein Exemplar auf Bild 5, der rote rechts oben: Gl.II)

Schön, dass er wieder läuft

Grüße
Toto

[UriahHeep]

Was mir bei den alten Grundig besonders gefällt...hinten sind immer die wichtigsten Werte aufgedruckt. Kann ja manchmal etwas dauern mit dem nachmessen.

[idefix]

Klasse Teil. Ich habe auf dem Dachboden noch ein RTV650 stehen.Der ist noch größer.Passt in kein Regal

[hf500]

Moin,
hol den RTV650 vom Dachboden herunter und macher ihn wieder fit. Der hat es nicht verdient, da zu versauern. Das Empfangsteil vom RTV650 ist dem des RT200 sehr aehnlich, es hat aber einen kombinierten ZF-Verstaerker, beim RT sind beide Empfaenger (AM/FM) getrennt aufgebaut. Der ansonsten grundsaetzliche Aufbau und Leistung sind aber sehr aehnlich. Der RTV hat einen ZF-Kreis mehr als der RT (8/16 Kreise statt 8/15).
Der Verstaerker ist fuer heutige Verhaeltnisse etwas schwach (2x 20W Nennleistung), aber auch mit dieser Leistung kann man viel anfangen. Das Geraet kostete seinerzeit 1250,-DM.

73
Peter

[Brownie]

Richard, könnte ich annähernd das, was du kannst, könnten wir zusammen abendfüllende Mordsgaudis haben.
So bastelst du und ich les mit...


Bertram

[idefix]

Bei meinem RTV650 macht das Tuneskop auch seltsame Sachen.
Und ein Kanal spielt etwas leiser als der andere,seit ich mal bei laufendem Gerät ein Lautsprecher abgezogen habe.

[Gorchel]

Vielen Dank für eure netten Kommentare.

Die beiden Selen-Gleichrichter werde ich in der "Aufbereitungs-Phase" im Auge behalten, der Schwarze wird aber schon ziemlich heiss..also wohl auch austauschen. Weiss jemand, ob man den Selen 1:1 durch einen Silzium ersetzen kann ohne Schaltungsanpassungen?

Der RTV650 ist ein tolles Teil, dem RT 200 sehr ähnlich, halt noch mit Endstufe. Unbedingt ein Regal im Wohnzimmer freischaufeln für den Kerl..

Idefix: Was macht den dein TunoScope? Bei mir wird beim "Tunen" die Richtung nicht angezeigt, dass heisst, es leuchten immer beide roten Lampen bei Verstimmung statt rechts oder Links, wenn korrekt eingestellt leuchtet wie vorgesehen die weisse Lampe.

Wenn ein Kanal leiser ist als der andere, bietet sich eine Vergleichsmessung mit dem intakten Kanal an. Also Sollwerte nach Plan mal vergleichen, dann sollte man dem Fehler auf die Schliche kommen

[gdy_vintagefan]

Der RTV650 ist ein tolles Teil, dem RT 200 sehr ähnlich, halt noch mit Endstufe. Unbedingt ein Regal im Wohnzimmer freischaufeln für den Kerl..

Das kann ich bestätigen, dass der RTV 650 ein tolles Teil ist. Ich habe den (technisch SEHR ähnlichen) Vorgänger RTV 600, dieser ist bei mir täglich in Betrieb.
Er ist sogar mein Favorit unter den bisherigen Receivern, die ich hatte. Der Klang gefällt mir sehr gut, und die relativ geringe Leistung ist für meine Räumlichkeiten auch ausreichend.



Den kleineren Bruder RTV 400 habe ich auch, gefällt mir ebenfalls gut!

[Brownie]

Bitte alles auch hierhinein posten: http://old-fidelity-forum.de/thread-3863...ht=grundig

Der Thread schläft nämlich vor sich hin...

[hf500]

Das kann ich bestätigen, dass der RTV 650 ein tolles Teil ist. Ich habe den (technisch SEHR ähnlichen) Vorgänger RTV 600, dieser ist bei mir täglich in Betrieb.

Moin,
Unterschiede:
RTV650 hat Kopfhoereranschluss, anderes Design der Frontblende (um die KH-Buchse im schwarzen Streifen der Blende "verstecken" zu koennen) und kleinere Aenderungen im ZF-Verstaerker.

73
Peter

[nice2hear]

Klasse, jemand der Tuner (auch) repariert.

Ja, die Gleichrichter kann man 1:1 tauschen, dürfte keinen STress geben.

EDIT, NACH HOLGERS Post: da wird er dann recht haben, also Test machen und ohne Verbraucher messen!.

VG Peter

PS: oft haben Tuner, die man bei Bertram holt oder die er sogar vorbei bringt einen Netzteilfehler.

[Brownie]

PS: oft haben Tuner, die man bei Bertram holt oder die er sogar vorbei bringt einen Netzteilfehler.

Baaaaaaah

Früher war der "Stern von Laufenburg" Europas größter Stromverteiler. Ob das negative Einflüsse hat ...?

[Gorm]

Weiss jemand, ob man den Selen 1:1 durch einen Silzium ersetzen kann ohne Schaltungsanpassungen?

Kommt auf die Schaltung an.
Normalerweise wird die Spannung nach der Gleichrichtung durch den niedrigeren Spannungsabfall der Si-Dioden zu hoch. siehe

[Gorchel]

Nachdem ich mich Stunden mit einem alten, defekten, zerkratzten, billigen Hitachi-TapeDeck (konnte es nicht wegwerfen, da es mein 1. Deck war. ) abgemüht habe, konnte ich gestern endlich einen SI-Gleichrichter im Grundig einlöten. Die Spannung nach dem Gleichrichter ist knapp 2.5V höher als mit dem Selen-Teil, wird also zu verkraften sein. Die geregelte Spannng (30V) de Netzteils ist um 0.01V angestiegen.

[Gorchel]

Hier noch das Bild dazu....




..und falls jemand noch das billige TapeDeck sehen will...