Oha, die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten...ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen sollte.
Der erste Punkt ist natürlich, daß dein Sony 10 Jahre neuer ist und Bauteile daher deutlich billiger waren und gleichzeitig die Rotstifte schon deutlichere Spuren in der Wunschliste der Ingenieure hinterließen.
Ich nehme, weil sie mir im Zugriff sind, zum Vergleich einfach nochmal ein Aiwa und ein Hitachi dazu.
Wo in Nakamichi und Hitachi noch vier Dolby Chips stecken (einer pro Kanal in Aufnahme-und Wiedergabeverstärkern), steckt im Aiwa nur noch einer für alles. Im Sony sicher auch (wobei mir das nicht vorliegt und ich es auch nicht direkt kenne, aber Aiwa und Sony kommen aus derselben Zeit - und nicht nur das, wie wir gleich sehen werden: Auch aus demselben Stall).
Ein Blick in das Cassettenfach läßt den Kenner dann auch gleich sehen, wo die Unterschiede und Gemeinsamkeiten liegen.
Sony (dem Netz entliehen):
Aiwa AD-F880:
Nakamichi 670ZX:
Hitachi D-5500:
Punkt 1: Das Sony ist ein Aiwa.
Sieht man am deutlichsten am Aiwa-Kombikopf, der schon seit Ende der 70er genau so aussieht, nämlich mit dem eingeklebten Blech, um die Lücke aufzufüllen. Der ist durchaus nicht schlecht, aber auch nichts Besonderes. Auch die Antiresonanznoppen im Cassettenfach geben einen deutlichen Hinweis auf die Aiwa-Entwicklungsabteilung.
Sony hat nach dem TCK-8B keine erwähnenswerten "eigenen" Decks mehr gebaut, insbesondere meines Wissens nach (vom großen Elcaset abgesehen) niemals ein eigenes Dreikopfdeck.
Das war alles Aiwa-Technik (Aiwa gehört zu Sony) - nicht falsch verstehen, ich hab nichts gegen Aiwa, die Geräte sind super.
Dies gilt übrigens genauso für die späteren Sony-DAT-Recorder (mit Ausnahme der professionellen Studiomaschinen der 70xx-er-Serie in Slot-Loading-Technik, die kam von Fostex).
-Die Hebel der Andruckrollen sind aus Kunststoff, die Lagerwellen sind eingeclipst.
-Die Tonköpfe sind geschraubt und mit Sicherungslack fixiert.
Diese Stellen erzählen mir schon Bände.
Schon das Aiwa (man erkennt deutlich den identischen Kombikopf) hat einen deutlich massiveren Headblock, der die Bezeichnung tatsächlich noch verdient. Dieser ist massiv genug, daß die Fixierung der Köpfe mit einem halben Liter Sicherungslack offenbar schon nicht notwendig wurde. Kann auch daran liegen, daß im Aiwa, den Naks nicht unähnlich, der Kopfträger motorisch auf- und abgefahren wird und im Sony vielleicht den Kräften eines Hubmagneten trotzen muß ? Ich kenn das Sony nicht persönlich, daher bleibt das für mich Spekulatius.
Wie das aussieht, wenn man einen Doppelkopf vernünftig, also nicht für zweimarkfuffzich herstellt, siehst du am Hitachi. Weiteren Kommentar spar ich mir, weil das so deutlich ist, daß dazu wohl nichts gesagt werden muß. Ähnlich sehen übrigens die berüchtigten Akai-Glasköpfe aus, im Hitachi ist es Titan/Glas. Da sieht man denn auch, warum es das Wort "Kopfspiegel" gibt.
Der Grund, Aufnahme- und Wiedergabekopf in einer Baugruppe zusammenzufassen ist der, daß dadurch Fehlstellungen der Köpfe zueinander durch betriebsbedingte, allmähliche Dejustage ausgeschlossen wird. Eigentlich eine clevere Idee, das Problem ist, daß die Herstellung dafür umso genauer erfolgen muß, denn schließlich ist jede dabei entstehende Ungenauigkeit nach der Verklebung für immer festgeschrieben.
Nakamichi behauptete werbewirksam, daß die Fertigungstoleranzen bei der Herstellung von Kombiköpfen ihnen zu groß seien und daher diese Technik für sie nicht in Frage kam. Nunja, das haben alle anderen Hersteller von Dreikopmaschinen, die ernstzunehmende Geräte zu bauen in der Lage waren, widerlegt, aber billiger waren die dann tatsächlich auch nicht (da waren neben Hitachi und Akai ja auch noch Revox, Tandberg, Teac, ASC, Eumig & Co.)
A propos
Kopfspiegel: Es gibt auch das Wort
Kopfspiegelresonanzen.
Zur Vermeidung derselben, die bei der Cassettentechnik vor allem durch den in der Cassette fest eingebauten Andruckfilz hervorgerufen werden, besitzt das Nakamichi am Wiedergabekopf eine Vorrichtung, die selbigen zurückdrängt, damit er keinen Kontakt zum Band haben kann.
Diese Technik ist einzigartig, da Nakamichi sich lieber darauf verläßt, daß ihre Laufwerke die Bandführungsgeometrie 100%ig vorgeben als ein billiger Scheißfilz, der bei jeder Cassette andere Eigenschaften hat, das dazugehörige Blech mehr oder weniger Druck ausübt und außerdem eventuelle Staubablagerungen schön über die Bandrückseite oder den Kopf kratzen läßt.
Daher ist das Nakamichi auch das einzige Deck, das keine Bandführungsgabel am Kopf hat - die braucht es nämlich nicht, diese befinden sich vielmehr vor der linken und nach der rechten Andruckrolle, was bei nur minimaler Überlegung auch sofort mehr Sinn ergibt.
Eine weitere Kleinigkeit aus der Studiotechnik kann man nicht sehen:
Der Wiedergabekopf ist in dem Bereich, an dem die Bandkanten anliegen, mit einer eingefrästen Nut versehen. Dadurch, daß demzufolge die Bandkante buchstäblich in der Luft hängt, kann sie sich nicht in den Kopfspiegel einschleifen. Denn es ist nie die Fläche des Bandes, die einschneidet, sondern, ebenfalls leicht nachvollziehbar, die messerscharfe Kante.
Hitachi und Akai verhindern das durch die extreme Härte ihrer Kopfspiegel, die andere Variante ist aber letztlich ebenso effektiv und dabei deutlich einfacher. Der traurige Rest der Köpfe von anderen Herstellern ist unweigerlich eher früher als später eingeschliffen.
Das Nakamichi ist außerdem das einzige der drei hier abgebildeten Decks, deren Hebelarme aus Druckguß sind, das Sony hingegen das einzige, an dem sich überhaupt gar kein Druckgußteil mehr findet, nichtmal der Kopfträger.
alle gezeigten Decks verlassen sich auf den überlegenen Doppelcapstanantrieb und haben somit geringfügigst unterschiedliche Tonwellendurchmesser, weil die Welle am Aufwickel minimal schneller drehen muß als die am Abwickel, damit zwischen ihnen definierter Zug herrscht, selbstverständlich bewegen sich die Unterschiede aber nur in werkzeugmacherischen Größenordnungen.
Die Capstanwellen im Nak hingegen haben allerdings absichtlich deutlich verschiedene Durchmesser (2.5 und 3mm) und unterschiedliche Schwungmassen, sie rotieren also in signifikant voneinander abweichenden Geschwindigkeiten, was sowohl Laufwerksresonanzen als auch Bandflattern verringert.
Das gesamte Laufwerk ist aus Aluminium und Kunststoff in Sandwichbauweise aufgebaut, was zu weiter verringerter Resonanzanfälligkeit führt.
Der Hammer an den Naks ist aber der Aufbau der Kopfträger, bei dem sie alle Jahre wieder noch einen draufgelegt haben bis hin zu totalem Wahnsinn.
Wie man unschwer erkennt, sind die Tonköpfe nicht festgeschraubt wie bei anderen Geräten, sie hängen vielmehr an einer je Kopf einzeln an drei Punkten gelagerten Gußplatte. Diese sind mit Hilfe einer Untersetzung (die kleinen Kunststoffrädchen im Bild) feinjustierbar - und zwar um ca den Faktor drei genauer als jedes andere Deck. So fein kann die Gewindesteigung der Tonkopfschrauben gar nicht sein wie eine Zahnraduntersetzung.
Dazu kommt, daß diese Rädchen unglaublich leichtgängig, aber durch die Untersetzung "aus der falsche Richtung" trotzdem vollkommen verstellsicher sind - und eben im Gegensatz zu normalen Befestigungen nicht nur nicht gesichert werden müssen, sondern auch nicht mit ausgegniedelten Gewinden zu kämpfen haben.
Mit den üblichen Testbändern kann man ein Nakamichi so binnen Sekunden vernünftig und zuverlässig justieren.
Angefangen bei dem 670ZX, das hier jetzt steht, folgte der nächste Geniestreich: Die automatische Azimuthjustage des Aufnahmekopfes zum Wiedergabekopf.
Wir erinnern uns, daß Naks keinen Kombikopf haben, sondern tatsächlich räumlich getrennte Köpfe, was den weiteren Vorteil verringerten Übersprechens mit sich bringt. Der Nachteil ist, daß beide Köpfe penibelst parallel und senkrecht zum Band stehen müssen, um Höhenverluste durch Phasenverschiebungen auszuschließen.
Eigentlich muß man diese Parallelität - wenn man den Wiedergabekopf, weil er mittig im Bandlauf sitzt, als Referenz ansieht - bei der getrennten Bauweise mit jeder Cassette aufgrund der Fertigungsunterschiede, ja sogar beim Umdrehen, durch Eintaumeln des Aufnahmekopfes jedesmal neu wiederherstellen.
Aufgrund der durch die eben beschriebenen Getriebe ultrapräzisen Justagemöglichkeiten war es daher ein naheliegender Schritt, noch ein Schneckengewinde anzubringen, das motorisch betrieben wird, um mit Hilfe der Aufzeichnung eines Testtones diesen Vorgang zu automatisieren. Das Ganze dauert nicht länger als 5 Sekunden und kann daher problemlos vor jeder Aufnahme durchgeführt werden.
Bei ZX-7/9 und Dragon ist das Ganze dann noch auf den Wiedergabekopf ausgedehnt worden, was endgültig auch das leidige Problem des Höhenverlustes bei der Wiedergabe von Fremdcassetten behoben hat.
Auch die hubmagnetfreie Mechanik ist eigentlich nur als sensationell zu bezeichnen, die ist so leise wie ein CD-Spieler beim Titelsprung.
Auch kenne ich genug Cassettendecks, bei denen man den Capstanmotor in den Titelpausen auf dem Sofa hört...beim Nakamichi ist da nur Stille. Die Umspulgeschwindigkeit wird nur noch von der Bandmaschinentechnik derer von Tandberg, etwa dem TCD 310, übertroffen, die zum Bandende hin abbremsen, weil sie wie eine Studiobandmaschine ständig den Bandzug messen.
Dafür zieht der Nak stoisch und ohne jeden Geschwindigkeitsverlust bis zum Ende durch und stoppt dann innerhalb einer halben Sekunde.
Aber am Auffälligsten ist doch, wie unglaublich gut diese Kisten klingen.
Andere Decks funktionieren natürlich auch - aber daß sich da noch besonders um überlegene Topologien der Verstärkerstufen gekümmert wurde, kennt man von anderen Herstellern wirklich nicht, auch ist mir kein Cassettendeck bekannt, in dem sich anstelle von Elkos soviele Polyestertypen befinden - und teure Silber-Glimmer-Kondensatoren (Micas) (!) findet man woanders mal gar nicht.
Und gerade die kann man immer sofort (bzw. im Gegensatz zu billigen Elkos eben
nicht) hören, wenn die Schaltung nur gut genug ist.
So eine straffe und saubere Basswiedergabe, ich erwähnte es ja woanders schon, habe ich von Cassetten noch nie gehört.
Auch ist die räumliche Abbildung aufgrund dieser wahnwitzigen Laufwerkspräzision deutlich hörbar stabiler als normalerweise gewohnt.
Und damit wären wir wieder beim Bandwickel. An dem kann man die Präzision nämlich auch sehen.
Wow - jetzt hab ich einen halben Roman geschrieben, der einem Yorck-Klingonen-Post zur Ehre gereichen würde
- und trotzdem nur einen Bruchteil von dem beschrieben, was schon den "kleinen" 480 zu etwas Besonderem gemacht hat.
Der 670ZX hat schon deutlich mehr zu bieten und nächste Woche gibt's dann das nächste Highlight, den 680ZX, der noch mit einem ganz besonderen Schmankerl aufwartet, das eindrucksvoll beweist, wozu dieses überlegene Laufwerk in der Lage ist. Dazu dann später mehr.
Schönsonntach !