Aus gegebenem Anlass habe ich mich entschlossen hier ins Lexikon mal einen Beitrag über die Azimutheinstellung bei Bandmaschinen und Kassettendecks einzustellen.
Zunächst sollte jeder erst einmal wissen, was der Azimuth eigentlich ist. Azimuth meint die mechanische Einstellung des Tonkopfes ohne Winkeabweichung zur Orthogonale des Bandes - also exakt im rechten Winkel zum Band (einfach ausgedrückt).
Beim Betrachten dieser Abbildungen sollte schnell klar sein, worum es geht. Die Abbildund eines stilisierten Tonkopfes mit 4-Spur-Technik (gilt also auch für Kassettengeräte) zeigt mit den kleinen Rechtecken vorne die Spurfenster an und der Strich in der Mitte dieser Fenster stellt den Spalt dar, durch den die Tonsignale beim Aufnehmen oder Abspielen gehen müssen.
Fangen wir links an, die Höhe entscheidet darüber wieviel man von einem Band hört, denn die Spurlage kann hiermit exakt zur Übereinstimmung gebracht werden. Damit die Bänder oder Kassetten auch auf anderen Geräten abgespielt werden können, ist die Spurlage international genormt (Kompatiblität). Also muss diese Höhe auch exakt stimmen. Im Fall einer groben Verstellung, hört man eine Gegenspur rückwärts.
In der Mitte ist die Position des Tonkopfes von oben betrachtet, je mehr er in Richtung des Bandes verschoben wird, desto inniger ist sein Kontakt mit dem Band. Bei Kassettendecks ist hier in der Regel nichts einstellbar, den Bandkopfkontakt stellt eine Feder und ein Filz in Inneren der Kassette sicher.
Halbrechts ist die Taumelung (Tilt) dargestellt, diesmal seitlich auf den Tonkopf geschaut. Diese Einstellung gibt es fast nur bei Kassettendecks, die nicht mit einem Kombikopf ausgestattet sind. Diese Ausrichtung wird in der Praxis mit einer Spiegelkassette vorgenommen. Die meist seitlich am Kopf angebrachte Führungsgabel darf dabei das Band nicht aus der Form bringen. Diese Einstellung wird selten verändert und hält üblicherweise (solange keiner an den verlackten Schrauben dreht!) ein Geräteleben lang.
Ganz rechts ist der tangentiale Winkel des Tonkopfes abgebildet, der bei Kassettendecks in aller Regel nicht einstellbar ist, sondern nur bei Tonbandmaschinen.
Die zweite Abbildung von links ist nun der interessante Azimuth, der sich leider im Laufe der Zeit durch die ruckartigen Bewegungen beim Betätigen der PLAY-Taste verstellen kann. Es geht um die exakte Ausrichtung des Tonkopfes lotrecht zum Band. Dabei spelt eine Abweichung von wenigen 100el Millimetern bereits eine hörbare Rolle. Eine kleine Fehlstellung der Spalte bewirkt hier eine Phasenverschiebung der beiden Kanäle zueinander, was bedeutet, dass man den einen Kanal einen winzigen Bruchteil einer Sekunde früher oder später hört als den anderen. Sichtbar machen kann man das an einem Zweikanaloszilloskop, am besten in der so genannten X/Y-Darstellung (auch Lissajousche Figuren genannt). Dazu muss man einen sehr hohen Ton abspielen, der mit ganz exakter Spurlage aufgezeichnet sein muss, in der Praxis verwendet man hierfür ein 10 kHz-Sinussignal, damit man die Phasenverschiebungen auch gut sehen kann.
So sollen die Lissajouschen Figuren aussehen, links die im Idealfall, also bei 0° Phasendifferenz. Bei Abweichungen öffnet sich der Kreis, der links bis zu einer flachen Scheibe geschlossen ist, immer mehr, bis er bei 90° sich zu einem ganzen Kreis geöffnet hat, bei 180° liegt der Strich dann anders herum, also von unten rechts nach oben links.
Hier habe ich mal ein paar Fotos von meinem Oszilloskop gemacht. Zunächst einmal normale Musik in üblicher 2-Kanal-Darstellung:
Ein Kanal oben, ein Kanal unten. Spielt man nun einen Sinuston ab, der in mono aufgenommen wurde, ergibt sich so ein Bild:
Wie man sieht stimmt die Phase, denn alle "Berge" und "Täler" stehen exakt übereinander. Kleinere Abweichungen sind jedoch bei dieser Darstellungsweise nicht oder kaum sichtbar. Die Größe der Sinuskurven zeigen die Spannung an (je größer, desto höher die Spannung), die Häufigkeiten der Wellen ist die Frequenz (je mehr Wellen, desto höher die Frequenz in Hz). Um auch kleinste Abweichungen zu bemerken und genau beobachten zu können, bedient man sich der X/Y-Darstellung. Hierbei werden die Signale der beiden Kanäle nicht in zwei getrennten Darstellungen abgebildet, sondern in einer einzigen, wobei ein Kanal auf die X-Achse (horizontal, also von links nach rechts) und der andere auf die Y-Achse (vertikal, also von unten nach oben) gelegt wird. Bei Musik schaut das sehr interessant aus:
In dieser Abbildung werden die Sinuskurven als Kreis dargestellt, wie auch oben in dem Diagramm gezeigt, der im Idealfall im Winkel von 45° von unten links nach oben rechts geschlossen ist. In unserem Beispiel bei korrekt eingestelltem Azimuth so:
Verstellt man den Azimuth um etwa eine halbe Umdrehung der Schraube, dann ergibt sich daraus ein leichter, gerade noch so wahrnehmbarer Höhenverlust, die Lissajousche Darstellung hingegen quittiert dies bereits mit deutlich geänderter Abbildung:
Das Schalten auf mono hingegen, sorgt für ein so genanntes Summensignal, welches ohne jede Phasenverschiebung dargestellt wird, ein ganz leichtes Öffnen und Schließen dieser flachen Linie, beim Abspielen von 10 kHz die ganze Zeit zu beobachten, ist dann gar nicht mehr zu sehen, es wird nur noch ein extrem flacher, gerader Strich dargestellt:
Mit dieser Methode stelle ich nun schon seit über 35 Jahren den Azimuth aller Band- und Kassettengeräte ein. Meines Erachtens gibt es keine bessere Methode. Einfachere, nur mit Spannungsmessung, werden oft empfohlen, einfach aus dem Grund, damit die Techniker den (Mehr-)Aufwand nicht scheuen...Ich mache mir diese Mühe gerne, denn es macht viel mehr Spaß, wenn man sieht, was man da einstellt.