Man kann es nicht oft genug sagen:
Lasst die Finger von den Spulenkernen!!!
Da ist nichts zu holen. Die Spulen, in denen diese Kerne sitzen, altern nicht. Die Kerne sind einzig und allein dazu da, das Gerät im Werk abzugleichen und nach einem eventuellen Austausch der Kondensatoren dieser Kreise nachzugleichen. Dazu braucht man die Abgleichanweisung des Herstellers, Messgeräte und viel Erfahrung.
Ja, wenn man an den Kernen dreht, wird der Empfang teilweise 'besser', oder es scheint jedenfalls so. Stimmt aber nicht. Die Kreise werden nicht mal eben so auf Maximum justiert, sondern so, dass die gewünschte Durchlasskurve erreicht wird. Diese Einstellpunkte stimmen nicht überein.
Dabei lassen sich diese alten Radios so schön leicht reparieren, weil sie vergleichsweise einfach aufgebaut sind. Vorab noch: in Röhrenradios treten Spannungen auf, die bis zu 400 Volt erreichen können und auch Stunden nach dem Ausschalten noch in den Kondensatoren 'stecken'.
Es gibt in er Regel nur drei Elkos im ganzen Radio: den Siebelko, den Elko am Ratiodetektor und den Elko an der Kathode der Endröhre. Die sollte man im Zweifelsfall tauschen, aber unbedingt die Spannungsfestigkeit beachten. Achtung: der Ratioelko liegt mit + an Masse! Anleitungen zum Umgang mit den übrigen Kondensatoren gibt es im weiter unten verlinkten Dampfradioforum.
Eine große Hilfe ist ein Prüfröhrensatz. Die meisten Radios der 50er und 60er Jahre haben die übliche Standardbestückung: ECC85, ECH81, EF89, EABC80 und EL84, dazu das magische Band oder Auge. Damit lässt sich schnell und einfach austesten, ob eine Röhre des Geräts taub oder defekt ist. Verschiedenen Händler bieten geprüfte Gebrauchtröhren an, die dafür völlig ausreichen.
Sog. Gebissradios, also die mit einem Tastensatz zur Umschaltung der Wellenbereiche, haben nach all den Jahren häufig Kontaktprobleme. Wer das Radio für alle Zeiten ruinieren will, flutet diesen Tastensatz erst einmal gründlich mit Kontakt 60. Häufig hilft stattdessen bereits eine Runde Tastengymnastik, eventuell unter Zugabe von etwas Tunerspray (Kontakt 600, i.W. Sechshundert) oder Teslanol. Wie immer gilt hier: weniger ist mehr! Auch dort, wo die Stifte der Röhren den Kontakt im Sockel berühren, oxidiert es gern. Wenn es beim leichten Wackeln an der Röhre (Vorsicht, heiß!) im Lautsprecher vernehmlich kracht und die Stifte der herausgezogenen Röhre schön schwarz sind, hilft ein Glaspinsel.
Die erste Überprüfung sollte anschließend darin bestehen, nachzumessen, ob alle Gleichspannungen an den Röhrenanschlüssen stimmen. Die sind gewöhnlich im Schaltbild angegeben. Wenn nicht, helfen die Angaben einschlägiger Websites oder die
RöTaTa. Hoch- oder niederohmig gewordene Widerstände und undichte Kondensatoren fallen dabei auf und werden ersetzt. Wenn die Spannungen alle stimmen und der Empfang immer noch nicht in Ordnung ist, sind die Möglichkeiten des Anfängers gewöhnlich erschöpft. Aber auch da ist noch nicht alles verloren.
Spätestens dann meldet man sich beim
Dampfradioforum an. Hier werden Sie geholfen. Da gibt es Mitglieder, die wahre Schätze an Schaltunterlagen horten, Mitglied holger66 hat ein eBook als allgemeine Reparaturanleitung erstellt, und alle helfen gern und bereitwillig. Man sollte überhaupt erst einmal dort nachfragen, ob das zu reparierende Gerät bekannte Tücken hat oder andere Dinge beachtet werden müssen. Sog. Allstromgeräte, die bis etwa Mitte der 50er Jahre gebaut wurden, haben, jenachdem wie herum der Netzstecker in der Dose steckt, die volle Netzspannung auf dem Chassis!!!
Aber lasst um Himmels Willen die Finger von den Spulenkernen, wenn Ihr nicht genau wisst, was Ihr tut!
Ralf