Die erste digitale Mehrspurmaschine im kommerziellen Einsatz haben ABBA damals in ihr Polar Studio gesteckt, eine 3M-32-Spur, das war 1976.
Das war aber nur die Mehrspuraufzeichnung, die gesamte Signalverarbeitung wie Mischung und Master war analog, was aber auch nichts macht, denn besser als auf einer Halbzoll-Zweispur kann man auch heute noch nicht aufnehmen.
Zudem waren damals, weit vor Verabschiedung der heute üblichen Standards (44, 48 etc.) herstellerproprietäre Formate angesagt.
Aber eins ist sicher: Die Dinger waren nicht schlechter als die damals üblichen Analogmaschinen von MCI, Studer oder Otari. Wären sie das gewesen, hätte kein Mensch dafür Geld ausgegeben, schon gar nicht die Wahnsinnigen in Schweden, denen sowieso nur das Beste ins Haus kam.
Damals hat man nämlich hingehört, bevor man solche Anschaffungen machte, immerhin kostete schon 'ne analoge 24-Spur den Gegenwert eines Luxushauses in bester Lage - Digitaltechnik hingegen war noch etwa dreimal teurer.
Die erste volldigitale Mehrspuraufnahme, die außerhalb der Polar Studios entstand, kam aus England, das war die legendäre
The Beat - "I Just Can't Stop It".
Aber so um 1979/1980 fing es tatsächlich an, daß sowas verstärkt auftauchte, zum Beispiel kamen die ersten Klassikplatten auf den Markt, die z.B. mit Sonys PCM-F1-System, aber auch mit Systemen von Mitsubishi oder 3M gemastert wurden. Da stand dann fett DIGITAL MASTER RECORDING oder sowas vorn drauf. Das bezog sich tatsächlich klar aufs Mastering (A
DA).
Allerdings: Nur dann, wenn wie auch bei einem Direktschnitt gleich beim Einspielen auf die zwei Stereospuren runtergemischt wurde, war es deshalb gleichzeitig auch eine digitale
Aufnahme (
DDA).
Klassik-Mehrspuraufnahmen fanden erst digital statt, als Sony mit ihren DASH-Maschinen auch die Schnittfähigkeit von Digitalband ermöglichte (erst mit Rasierklinge - ernsthaft ! -,später dann im Rechner) ,denn Klassik im Mehrspurverfahren ist NIE ungeschnitten.
Da wird etwa 100mal mehr dran rumgeschnippelt und editiert als bei normaler Popmusik.
Weiß natürlich kaum jemand...da denkt man immer, handgemachte Musik, keine elektronischen Effekte usw.
Das Gegenteil ist richtig !
Wenn man drüber nachdenkt, wird das aber schnell klar:
Wenn ein Gitarrist sich verspielt, spult man zurück und macht's nochmal, wird ja eh alles einzeln aufgenommen.
Bei einem 70-köpfigen Orchester, das nur als gesamter Klangkörper funktioniert, ist das nicht nur schlicht unmöglich, sondern auch unbezahlbar.
Da nimmt man zwei- bis (mit den Proben) viermal von vorn bis hinten auf und fängt dann hinterher an, daraus die besten Stellen zusammenzubauen. Das dauert mindestens ein halbes Jahr und erfordert geradezu unmenschlichen Aufwand, extremes musikalisches Verständnis (weswegen das immer mit dem Dirigenten zusammen passiert, um die Interpretation nicht zu verfälschen) und technisch höchstentwickelte Schnittfähigkeiten.
Der Tagesbetrieb bei der Deutschen Grammophon in Hannover Langenhagen war für mich daher immer höchstgradig beeindruckend, wenn ich da zum Mastering hingefahren bin. Einen derartigen technischen Overkill gab's wohl sonst nur noch bei der NASA - die haben ja ALLE ihre Geräte modifiziert, weil sie ihnen ab Hersteller (Studer oder Neumann z.B., meist millionenteures Zeug) grundsätzlich nicht gut genug waren !!
Deren Digitalmaschinen liefen mit lastwagengroßen, diskret aufgebauten externen Wandlern schon auf 24bit, als die 14bit-Philips-Chips noch nicht mal erfunden waren.
Und genau deswegen klingt das Zeug z.T. auch trotz bösem
Digital eben fantastisch:
Weil die Leute
hingehört haben und nur das durchgehen ließen, was sich auch klanglich bewährte.