Im Gegensatz zu vielen anderen hab ich täglich mit der Realität und den Auswirkungen dieser Vorgänge zu tun. Insofern weiß ich einfach besser Bescheid.
Das hat wenig damit zu tun, ob die Welt böse ist oder nicht. Eher mit der deutschen Geiz-Ist-Geil-Mentalität.
Besonders interessant ist, wie alle, die sich politisch frei und daher meist eher links ansiedeln, in diesem Punkt libertärer daherreden, als es sich jeder FDP-Politiker jemals trauen würde.
Gutes Beispiel:
Zitat:Autoren, Schauspieler, Moderatoren etc. die nicht "gesponsort" werden müssen Leistung bringen... tun sie das haben sie auch keine Probleme mit der Sicherheit. Tun sie das nicht.. Job verfehlt!
Dabei fehlt dir wie allen anderen, die laut schreien, jegliches Wissen über das Funktionieren des Urheber- und Verwertungsrechts.
Nämlich über die Feinheiten der ganzen Zusammenhänge, die sich zum Beispiel auch darauf erstrecken, daß die Auftraggeber (wir erinnern uns: Von den Fernsehanstalten - ÖR oder auch Private - beauftragte Produktionsfirmen) den Autoren mit Verweis auf die nachträglichen Einnahmen durch Verwertungsgesellschaften einerseits immer weniger zahlen wollen, auf der anderen Seite aber durch Lobbyarbeit kräftig daran arbeiten, genau diese Verwertungsgesellschaften abzuschaffen bzw. die Regelungen der Abgabepflichtigkeit aufzuweichen.
Beispiel: Wir haben sowohl bei der GEMA als auch bei VG Wort und GVL seit Jahren damit zu kämpfen, daß die Verwerter sich dagegen sperren, für Wiederholungen zu zahlen.
Die möchten also immer und immer wieder an der eingekauften Leistung verdienen, aber nur einmal was davon abgeben, zahlen aber von vornherein schon weniger, weil ja "später noch was nachkommt".
Und nun sag ich dir was:
Wenn sie damit durchkommen, werden sie ganz sicher nicht anfangen, die Erstrechtevergütung wieder zu erhöhen.
Und sie kommen damit durch - die Verteilungsschlüssel sind in den letzten Jahren mehrfach dahingehend geändert worden.
Lobbyarbeit zahlt sich aus - denn der "normale" Bundestagsabgeordnete hat von der Thematik, wie von jeder anderen auch, natürlich keinen Schimmer.
Problem ist, daß freischaffende Kunst keine Lobby hat.
Du siehst, das Thema ist relativ komplex - und wenn man auf Urheberseite steht und seit Jahren erlebt, wie man ständig in den Arsch gefickt wird und einem inzwischen jeder Horst erzählt, man solle doch bloß vernünftig arbeiten, dann könne einem ja nix passieren, dann platzt einem eben irgendwann mal, wie Sven Regener neulich, der Arsch. Und im Moment, wo jeder Dulli meint, seinen freiheitlichen Senf aus Viertelwissen und Mitnehmermentalität dazugeben zu dürfen, eben mal etwas öfter.
Ein freischaffender Künstler arbeitet in aller Regel einfach mal doppelt soviel wie jeder Angestellte, immer von einem Auftrag zum hoffentlich nächsten, und hat trotzdem NULL soziale Sicherheit. Wochenenden, Feiertage und Feierabend existieren schlicht nicht, genausowenig wie geregeltes Familienleben.
Beim Arbeitsamt wirst du direkt zu Hartz4 geschickt, weil du ja "noch nie gearbeitet" hast, sprich keinen Arbeitsvertrag hattest.
Das größte Problem nach ein paar Jahren ist allerdings das, daß man sozusagen, wie ich es immer gern nenne, "ausgewildert" ist.
Die Rückkehr in "normales" Berufsleben ist schlicht unmöglich. Sei es, daß man mit schwachsinnigen Autoritäten nicht klarkommt, sei es, daß der Biorhythmus und die Lebensumstände nicht mehr rückgängig zu machen sind.
Ich kenne eine Pärchen, bei denen beide bei VW in Kassel arbeiten. Die sind erstens strohdoof und können ungefähr nichts außer dumm daherlabern, zweitens verheiratet und bekommen drittens, worauf sie stolz sind, fürs Nichtstun jeder 6000 Euro im Monat. Die meiste Zeit nur fürs anwesend sein und auf Feierabend warten. 38.5-Stunden-Woche übrigens.
Das sind auch die, die man alljährlich, mit Bauhelmen und Transparenten bewehrt, in vorderster Reihe sieht, wenn die IG Metall wieder zu Streiks aufruft.
Und genau die laden sich jeden Film, jede CD, jedes eBook runter und freuen sich nen Ast, weil sie wieder 10 Euro gespart haben auf movie2k.to und allmusic.ru.
Um diese Leute geht es. Nicht um Musikfreaks wie uns.
Es ist ne schwierige Sache, weil soviel vermischt wird - aber glaub mir, diejenigen, die jetzt langsam doch aufmucken, tun das aus reiner Existenzangst, nicht aus Mediengeilheit oder Geiz. Du willst nicht wissen, wieviele ich kenne, die heute nicht wissen, welcher Auftrag nächsten Monat die Miete zahlt.
Aber da den Tatort eh jeder scheiße finden muß, müssen ganz klar auch die Autoren scheiße sein.
Vielleicht sollte man mal drüber nachdenken, wievielen Leuten die Arbeit eines einzigen Drehbuchs Brot und Lohn gibt. Kann davon bitte vielleicht was bei dem Urheber anlanden ?
Und das hat nunmal echt wenig damit zu tun, ob dir oder mir der fertige Film gefällt oder nicht (ich habe z.B. gar keinen Fernseher), egal, ob es der
Tatort,
Lindenstrasse oder eine Doku über Atommüllverklappung in der Nordsee fürs dritte Programm ist: Die Arbeit ist getan worden. Ziemlich sicher von jemandem, der das ganz gut kann, dafür aber meist nicht so gut rechnen kann und deswegen auch eben nicht Buchhalter geworden ist.
Und wie gesagt, die GEZ hat mit Urheber, Verwertungs- und Leistungsschutzrechten nichts zu tun.
Sie ist aber immer gut dafür, als Vergleich herzuhalten, wenn einem in Internetdiskussionen was nicht paßt. Ungefähr so wie Nazis. Die fehlen noch - dauert aber sicher nicht lange, bis die auch angeführt werden.