Um das nachfolgend vorgestellte Gerät besser einordnen zu können möchte ich diesen Beitrag mit einem Rückblick ins Jahr 1999 beginnen.
Pioneer befand sich zu dieser Zeit in einem Umbruch. Hochwertiges HiFi wurde ca. Mitte der 90er Jahre ad acta gelegt, die renommierte Exklusive-Baureihe nicht weitergeführt, und mit dem weltweiten Aufschwung der DVD-Video begann der Siegeszug der Heimkino-Receiver und DVD-Spieler. Dazu kam der Wettbewerb der DVD-Systeme um die Aufzeichnungsformate (Pioneer mit DVD-RW, Panasonic mit DVD-RAM, Philips mit +RW) und die hochauflösenden Tonträger (DVD-Audio mit Panasonic und Pioneer vs. SACD mit Sony).
Damit nicht genug, mit Beginn des 21. Jahrhunderts eröfnete sich mit dem Einstieg ins TV-Geschäft durch die selbst entwickelten und gefertigten Plasma-Displays eine ganz neue Dimension der Geschäftstätigkeit. Das immer noch von der Gründerfamilie geführte Unternehmen Pioneer brauchte Kredite für dieses Geschäft und ging an die Börse. Von nun an spielte HiFi eigentlich keine wesentliche Rolle mehr, das Heimkino stand im Mittelpunkt der Produktentwicklung.
Im Herbst 1999 stellte Pioneer in Japan die limitierte "Millennium"-Serie der AX-Baureihe vor. Man findet relativ wenig Informationen in englischer bzw. nicht-japanischer Sprache über diese Baureihe im Netz, was sehr schade ist, handelt es sich doch um mit vielen technischen Spitzenleistungen versehene Geräte, die sich der Konzern als Technologieträger und Statement leistete - und zwar primär für die Musikwiedergabe.
Die Serie bestand aus dem Multiformat-Player DV-AX10 (CD, SACD, DVD-A, DVD-V), dem Vorverstärker mit digitaler Frequenzweiche C-AX10, den Endstufen M-AX10, welche wahlweise im 2-Kanal oder 4-Kanal-Modus betrieben werden konnten, sowie den Stand-Lautsprechern S-AX10. Letztere wurden von Spezialisten aus dem TAD-Team entwickelt.
Ich möchte heute zunächst den C-AX10 vorstellen, der mit 550.000 Yen zzgl. Steuern im Oktober 1999 einem Gegenwert von ca. 8900 DM entsprach.
Laut Pioneer Pressemitteilung wurden im Jahr 2000 gerade einmal 100 Stück pro Monat gebaut.
Mehr als 22kg Nettogewicht, geschwungene Seitenpaneele und ein solider Gehäusedeckel unterstreichen die gediegene Verarbeitung, die einzig angebotene Farbausführung in satin-gold erinnert an die wenige Jahre zuvor eingestellte Exclusive-Serie.
Eine digitale Signalverarbeitung mit zeitgenössischen Hochleistungschips, in Verbindung mit der Möglichkeit, nicht nur Stereo, sondern auch 6-Kanal-Inhalte verarbeiten zu können, zeugt vom Fokus der Ingeneure auf DVD-Audio und SACD. Das Teil ist ein reinrassiger Vorverstärker für die Musikwiedergabe ohne jegliche Video-Merkmale.
Als Besonderheit lässt sich die voll-digitale Frequenzweiche herausstellen. Pioneer hat hier richtig was aufgefahren und vermutlich wohl deswegen auch den Hinweis "Digital Dividing Network" auf die Front gedruckt.
Sie bietet wahlweise ein FIR-Filter mit 3 wählbaren Übergangsfrequenzen (650, 950, 1200Hz) und -36dB/Oktave Flankensteilheit für den Tiefpaßfilter gepaart mit -12dB/Oktave für den Hochpaßfilter, oder ein IIR-Filter mit 23 wählbaren Übergangsfrequenzen und 7 wählbaren Flankensteilheiten.
Ergänzt wird das alles mit zuschaltbaren, auf digitaler Ebene arbeitenden Klangreglern (Bässe, Mitten und Höhen mit wählbaren Scheitelfrequenzen und +/- 6dB Regelbereich), Laufzeitkorrektur, Phasenlage für den Hochtonbereich, und, wer's mag, Noise Shaping oder Rauschunterdrückung.
Jedes analoge Signal wird mit den AKM A/D-Wandlern AK5393V in die digitale Signalverarbeitung übersetzt, dort von Motorola und Cirrus Logic Prozessoren verarbeitet, und zum Schluß von Burr-Brown PCM1704 D/A-Wandlern (192kHz/24bit) zurück in die analoge Welt gebracht - alles kanalgetrennt für jeden der bis zu 6 Kanäle, was für ein Aufwand !
Hinter der klappbaren Frontplatte befinden sich weniger häufig gebrauchte Funktionsmerkmale, die im wesentlichen nur bei der Inbetriebnahme benötigt werden.
Praktisch ist die Funktion, jeden Eingang mit einem individuellen Namen versehen zu können.
Die Rückseite bietet 3 analoge Stereo-Eingänge (1x Phono, 2x Tape In/Out) und einen analogen 6-Kanal-Eingang, dazu weitere 6 digitale Eingänge für Zuspieler.
Eine Besonderheit ist die mit PDIF gekennzeichnete Option, die beiden Digital-Eingänge Coax 1 und 2 miteinander zu kombinieren und somit 192kHz/24bit übertragen zu können. Der zur Millennium-Serie zugehörige Player DV-AX10 bietet konsequenterweise die passenden Ausgänge dafür.
Wer die digitale Frequenzweiche des C-AX10 nutzt und Lautsprecher mit Bi-Wiring-Eingängen hat freut sich über den doppelt ausgelegten Pre-out für die Front-Kanäle.
So lässt sich die im Lautsprecher vorhandene Frequenzweiche umgehen und die Chassis direkt ansteuern, inklusive aller Optionen die diese DSP-Rechnerleistung im C-AX10 ermöglicht.
Alternativ kann man auch zwei verschiedene Stereo-Endstufen und Lautsprecherpaare ansteuern.
Wer mag, kann das Setup natürlich auch für DVD-Audio und SACD-Mehrkanalwiedergabe nutzen, die entsprechenden Ausgänge sind vorhanden.
Die gesamte Verarbeitung, von den Cinch-Buchsen über das verkupferte Chassis, von der getrennten Stromversorgung für Analog- und Digitalsektion, und wieder zurück über die Seitenpaneele bis zur Frontklappe aus Aluminium, kann man nur als Spitzenklasse bezeichnen.