Eines Tages im Oktober 2022...
Ich fahre auf dem Weg zur Arbeit entspannt Richtung Firma und sehe an einem Straßenlaternenmast auf einmal ein Plakat, das ein Konzert in Wien für den 9. Dezember ankündigt.
Da beschließe ich, Karten dafür zu erstehen und eine davon meiner Partnerin Tanja zum Geburtstag zu schenken, da ich weiß, dass sie als Sängerin in einer Coverband sehr auf Musik und erst recht auf gute Sänger:innen steht.
Die beiden Bands dieses Konzerts habe ich ihr dann schon mal via YT nahe gebracht, da Tanja sie zuvor nicht kannte.
Break 1
„Diese lästigen Papierfetzen, die nur die Landschaft verschandeln, gehören verboten - die Jugend von heute...!"
„Ja, aber wie soll man sonst von interessanten Veranstaltungen erfahren - etwa nur im Internet...??? Viele Leute bevorzugen nach wie vor analoge Medien, um interessante Nachrichten zu erfahren.“
Achtung, Spoiler: dieser Beitrag enthält aus gegebenem Anlass Werbesujets einer bekannten Wiener Brauerei. Sollte das auf Unmut stoßen, bin ich gerne bereit, das wieder zu ändern...
Gestern im Wiener Gasometer...
Erst einmal ein Bier.
Die sogenannte “Vorband“ hat sich wahrlich verdient, nicht als solche bezeichnet zu werden - zu gut ist die Musik, die Performance, die Sängerin Elin Larsson.
Ein Energiebündel mit einem sensationellen Charisma und einer unglaublichen Stimme, die die Dame auch sehr wirkungsvoll einzusetzen weiß...
Blues Pills sind jedenfalls wirklich super - allein schon Elins rauchig-röhrig-kraftvolle Stimme ist mehr als nur einen
Hör wert.
Der Auftritt ist beeindruckend, die Stimmung entsprechend gut. Nicht nur im allgemeinen Publikum, sondern auch bei Tanja und mir.
Darauf erst einmal ein Bier...
Break 2
Umbaupause, Konzert-Ankündigungen, Werbung der Sponsoren - und das alles begleitet von mainstream-tauglicher Musik...
Jetzt erst mal ein Bier...
Über die PA läuft Allgemeinverträgliches, darunter ZZ Top, AC/DC - und dann auf einmal Iron Maidens „The Number of the Beast” und „Run to the Hills”, gefolgt von Motörheads „Ace of Spades“ und einem weiteren Lemmy-Track, an den ich mich nicht mehr erinnern kann.
Da war doch ein Bier...
Das traditionell eher musikkonservative Wiener Publikum reagiert auf diese alten Klassiker (bei uns gerne „Hadern“ genannt...) auch ohne jegliche Akteure auf der Bühne mit inbrünstigem Mitsingen - und insgesamt dermaßen euphorisch, dass ich befürchte, die Hauptband des Abends könnte darob vielleicht übersehen oder gar ignoriert werden.
Welch‘ ein Fehlschluss...
Das Licht fokussiert auf die leere Bühne - und die geradezu aberwitzig monströsen Marshall-Türme...
Airbourne sind mittlerweile sehr viel mehr als die reinen AC/DC-Klone, als die ich sie selber zu Beginn ihrer Karriere wahrgenommen habe. Die Musik ist jener der Aussie-Legende zwar nach wie vor sehr ähnlich, aber deutlich flotter, energischer, dynamischer.
Joel O‘Keefe kommt - wie anscheinend immer - „oben ohne“ auf die Bühne und wirkt von der ersten Sekunde an authentisch und sympathisch.
Und dann geht’s ab - und wie...!
Der Sound...! Die Musik...! Die Performance...!
Darauf erst einmal ein Bier...
Mir schießen die Tränen in die Augen vor lauter (sic!) Wucht, Energie und Intensität. Das Bild verschwimmt...
Tanja hat während der vergangenen Wochen via Spotify ALLE Airbourne-Alben angehört, weil sie ihrer Aussage zufolge nicht gerne auf Konzerte geht, wenn sie die Songs nicht kennt...
Die Jungs aus Down Under sind unterdessen jederzeit Herren der Lage und haben das Publikum (also auch uns) voll im Griff.
Es ist eine geradezu blendende Darbietung...
Hämmernde Drums, pumpender Bass, shreddernde Gitarren und ein schneidender Gesang machen diesen Auftritt zu einem spektakulären, ja aufputschenden Erlebnis.
Tanja tanzt, Tanja singt, Tanja lacht.
Zeit für ein Bier...
Break 3
Ein Hauptsponsor der Veranstaltungslocation im Gasometer ist die Ottakringer Brauerei. Diese befindet sich nur ein paar hundert Meter von der Wohnung von Astrid und mir entfernt im 16. Wiener Gemeindebezirk namens Ottakring - und die Produkte dieser Brauerei leeren Tanja und ich (und geschätzt 2.000 andere Personen) gerade in uns....
Joel wird mit seiner Leadgitarre durch das Publikum geführt, während er ohne Unterbrechung ein Solo spielt.
Joel lässt einen Bar-Wagen auf die Bühne bringen, auf dem das Logo von Motörhead und der Schriftzug „Lemmy’s ... Bar“ zu erkennen sind.
Joel bereitet Drinks zu und reicht sie seinen Bandkollegen, um Lemmy mit diesen Drinks zu ehren - und das Publikum weiß das entsprechend zu würdigen.
Durch den Zuschauerraum fliegen Gerstenkaltschalen sonder Zahl.
Dennoch - erst einmal ein Bier...
Die Band gibt alles.
Die Musik hämmert. Die Meute tobt. Das Bier fließt.
Break 4
Für manche Besucher eindeutig zu früh, endet nun der offizielle Teil des Konzerts.
Die Zugabe hat es dann in sich - denn sie umfasst mindestens fünf Tracks, wie sie heftiger und intensiver kaum dargeboten sein könnten.
Joel verschwindet unbemerkt von der Bühne, während seine Kollegen stoisch weiterspielen - und taucht kurz darauf auf der gegenüberliegenden Seite der Halle auf, um für die Besucher dort ein Solo hinzulegen.
Die Halle schreit, die Halle jubelt, die Halle bebt.
Und dann ist es aus.
Tanja: „Ist das eine Pause oder ist es aus...?“
Ich: „Es ist aus.“
Tanja: „WAAASSS...??? Die haben doch gerade erst angefangen...!!! Eineinhalb Stunden...? Das kann doch nicht wahr sein! Ich dachte, das Konzert dauert drei oder vier Stunden...“
Ich: „Es tut mir leid, aber das war’s - und fünf Tracks als Zugabe spielt ja auch nicht jede Band...“
Ein letztes Bier geht noch.
Dann fahren wir mit der U-Bahn nach Hause.
Es war ein tolles Konzert.