Ganz davon abgesehen, daß bei dem einen Diagramm der Schrieb auch erst bei 50Hz anfängt. Da ist bei einer A77 natürlich noch kein nennenswertes Problem vorhanden.
Überhaupt sind auch im Studio die Studer-Maschinen gerade in dieser Disziplin die einsamen Sieger, die 820/827 mit der vollständigen Computereinmessung sind davon sogar völlig frei. Der Aufwand, dieses ewige Problem endlich zu beseitigen, war aber eigentlich überirdisch - und unbezahlbar. Eine 24-Spur Studer Zweizoll kostete immer soviel wie ein luxuriöses Einfamilienhaus.
Und natürlich wollte man das Band eigentlich so schnell laufen lassen wie möglich, am besten auf 76, weil es für alles besser ist: Weniger Rauschen, weniger Dropouts, mehr Dynamik, höher aussteuerbar - nur hatte man dann einfach keinen Bass mehr.
Und das Problem hatten sie alle, ganz egal, ob da Otari, MCI, Lyrec, Saturn, Telefunken, Ampex oder Tascam draufstand. Das hat unglaublich genervt - wenn man keine Studer hatte. Die aber war immer genau doppelt so teuer, und ein Unterschied in der Anschaffung von DM 250.000 zu DM 500.000 fiel denn auch schon in gut ausgelasteten Studios ins Gewicht (zumal man für 48-Spur-Betrieb ja auch zwei davon brauchte).
Ob es ein Zufall war, daß ausgerechnet die andere deutsche Firma, nämlich Telefunken, die nächste Alternative war - ich weiß es nicht. Weltweit jedenfalls kam eher Otari auf Platz zwei, dann MCI/Sony. Alle anderen Firmen waren eher selten vertreten, gut waren sie aber trotzdem. (Ja, ich weiß, Studer ist nicht rein deutsch - aber auch. Egal, *deutschsprachig* halt.)
Das sind natürlich entwicklungstechnisch völlig andere Dimensionen als bei unseren Hobbymaschinen.
Gehörmäßig schlägt hier jetzt die A77-Vierspur auf 9.5 die neben ihr stehende Sony TC-756-2 auf 38. Nicht gemessen, aber die Revox ist musikalisch stimmiger - und vor allem sind eben die Bässe vorhanden.
Das liegt natürlich nicht nur an der Bandgeschwindigkeit, sondern auch an der Schaltung - und ist demnach auch nicht wirklich vergleichbar. Eine Tendenz läßt sich dennoch ableiten. Die Schweizer Schaltungen, was Tonbandgeräte betriftt, sind ungeschlagen, und das weiß man auch. Das gerade die A77 da keine Ausnahme darstellt, ist kaum verwunderlich, weist sie doch (im Gegensatz zu ihrem Nachfolger B77 übrigens) noch eine ganze Menge sehr deutlicher Anleihen der "richtigen" Studers aus der Zeit auf.
Wer einmal eine A80, die bis heute legendärste Mastermaschine von allen, bedient hat, erkennt die Parallelen sofort - auch klanglich.
(01.06.2013, 16:33)leserpost schrieb: [ -> ]P.S. Das Tonbänder aufgrund der höheren Geschwindigkeit einem Tapedeck im Bass unterlegen sind war mir persönlich so nicht bewusst bzw. fällt mir schwer zu glauben. Masterbänder auf Tape hat es schlussendlich ja m. W. nicht gegeben....
Master sind, da hast du vollkommen recht, natürlich nicht mit Cassetten gemacht worden, weil die Basswelligkeit in der Wichtigkeit denn doch hinter Rauschfreiheit und vor allem Dynamik kommt. Außerdem kann man auf ein schnell laufendes Halbzoll-Masterband natürlich mal ganz andere Pegel draufjagen.
Vorhanden ist der Effekt trotzdem, und jedem versierten Toningenieur nur allzu bekannt. Wie so oft muß man, um einen Sachverhalt zu erkennen, ihn erstmal kennengelernt und verstanden haben. Wenn dann noch Routine hinzukommt, geht es aber wie in jedem anderen Beruf recht schnell, "scheiße, laß uns den Bass lieber hinterher nochmal im Rechner aufnehmen, das bringt so nix". Oder auf ner Slave-Maschine, die mit halber Geschwindigkeit läuft. Wurde sehr gern gemacht, denn auch Gesang klingt auf 38 besser als auf 76.
Und, um den Bogen des Exkurses mal wieder auf die Cassette zu bringen, Nakamichi ist legendär für geringe Basswelligkeit.
Einer der Gründe, warum sie auch so souverän und kraftvoll aufspielen, diese 2 bis 5 dB in den unteren drei Oktaven sind nämlich deutlich wahrnehmbar. Erst recht, wenn man ein konventionelles Deck daneben stehen hat, das sowas nicht kann. Das klingt gleich kraftlos und irgendwie unausgewogen.